Washington. Im Zivilprozess um Verleumdung und sexuellen Missbrauch von E. Jean Carroll legt sich der 77-Jährige gezielt mit der Justiz an.
Donald Trump setzt seinen Feldzug gegen die US-Justiz fort – und riskiert dabei zum ersten Mal harte Konsequenzen. Im Zivilprozess um Verleumdung und sexuellen Missbrauch der Journalistin E. Jean Carroll stand der Ex-Präsident der Vereinigten Staaten am Mittwoch kurz vor dem Rauswurf. Carroll sei von Trump in den 90er-Jahren laut Richter Lewis Kaplan in der Umkleidekabine eines New Yorker Kaufhauses de facto vergewaltigt worden.
Als die heute 80-jährige Carroll vor den Geschworenen schilderte, wie sehr ihre Reputation unter den verbalen Attacken Trumps leide, begann Trump sichtbar verstimmt mit Störmanövern. Er sprach deutlich hörbar für die Jury zu seinen Anwälten und bezichtigte Carroll wie schon seit Tagen in sozialen Medien als Lügnerin. Trump streitet die ihm vorgeworfene Tat weiter rundum um. Er kenne Carroll nicht, außerdem sei sie gar nicht sein „Typ“.
Als sich Carrolls Anwältin Shawn Crowley wiederholt darüber bei Kaplan beschwerte, weil es die Geschworenen beeinflussen könne, griff der Vorsitzende Richter ein und forderte Trump unmissverständlich auf, im Gerichtssaal Disziplin zur bewahren und ruhig zu sein. Andernfalls könne ihm das Recht entzogen werden, dem am Dienstag begonnenen Prozess in New York City weiter beizuwohnen.
Kaplan sagte zu Trump, dass er hoffentlich nicht zu diesem rabiaten Schritt gezwungen werde, auch wenn er „verstehe, dass Sie das wahrscheinlich gerne hätten“. Trump konterte sofort: „Ich fände das wunderbar.“ Kaplan gab zurück, ihm sei klar, dass dem Ex-Präsidenten ein Verweis aus dem Gericht gefallen würde, und stellte fest: „Sie können sich in diesem Fall offenbar einfach nicht zusammenreißen.“ Auch hier hatte Trump das vorläufig letzte Wort: „Das können Sie auch nicht.“
Carroll fordert Millionensumme von Trump
In dem Prozess, in dem Trump voraussichtlich am nächsten Montag selbst aussagen wird, geht es um eine Schmerzensgeld-Forderung über zehn Millionen Dollar. Carroll wirft dem Ex-Präsidenten permanente Verleumdung und Herabwürdigung ihrer Person vor.
Trump hatte bereits in einem ersten Verfahren ein Urteil über fünf Millionen Dollar hinnehmen müssen, gegen das eine Berufung läuft. Trotz dieser Hängepartie setzt der 77-Jährige seine Angriffe auf Carroll unvermindert fort, wirft ihr vor, aus Gier nach Geld und Aufmerksamkeit eine „Lüge“ gegen ihn erfunden zu haben.
Mit der Folge, dass die langjährige Kolumnistin in sozialen Medien regelmäßig angefeindet und verunglimpft wird. „Gestern öffnete ich Twitter, und da stand ‚Hey Lady, du bist eine Betrügerin‘“, erklärte Carroll im Gericht. „Jetzt bin ich als Lügnerin, Betrügerin und Spinnerin bekannt.“
Eine zweite Anwältin Carrolls schilderte zum Entsetzen vieler Zuhörer im Saal, welche Hassbotschaften ihre Mandantin via Internet erhalten habe. „Steck dir eine Waffe in den Mund, drück den Abzug und schick dich selbst zur Hölle“, schrieb ein Trump-Anhänger. Ein anderer forderte für Carroll „Tod durch Aufhängen oder ein Erschießungskommando“.
Mithilfe seiner Anwälte, vor allem der aggressiven Juristin Alina Habba, die sich bereits mehrfach Ordnungsrufe von Kaplan eingefangen hat, „will Trump den Prozess zu einer medienwirksamen Show umfunktionieren, um sich als Opfer einer feindseligen Justiz zu stilisieren“, erklärte ein Analyst im Sender CNN. Trump nutzt sämtliche Prozesse gegen ihn, um bei seinen Anhängern Spenden einzutreiben.
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