Düsseldorf. Neben AfD-Mitgliedern soll auch mindestens eine Frau mit CDU-Parteibuch bei Neonazi-Konferenz gewesen sein. Ein Fall für den Chef?

Nach Bekanntwerden eines Geheimtreffens von Rechtsextremisten mit AfD-Politikern, Unternehmern und Mitgliedern der CDU-nahen „Werteunion“ zu Vertreibungsplänen von Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland hat die SPD-Landesvorsitzende Sarah Philipp auch von Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) Aufklärung verlangt.

„Die CDU muss ihrem eigenen Anspruch als Brandmauer gerecht werden, indem sie Mitglieder schnellstmöglich ausschließt, die an solchen Runden teilnehmen. Hendrik Wüst muss als Parteivorsitzender in seinem Landesverband sicherstellen, dass es sich um Einzelfälle handelt und keine weiteren Mitglieder in derartigen Runden verstrickt sind“, erklärte Philipp am Donnerstag.

Recherchen des Journalistennetzwerks „Correctiv“ hatten ans Tageslicht gebracht, dass Ende November in Potsdam Neonazis und finanzkräftige Unternehmer Pläne erörtert hatten, Millionen Menschen mit ausländischen Wurzeln aus Deutschland auszuweisen. An der Runde hatten der Berichterstattung zufolge hochrangige AfD-Funktionäre sowie zwei Frauen aus der „Werteunion“ in NRW teilgenommen. Die eine ist offenbar Mitglied der NRW-CDU, die andere gehört dem CDU-Wirtschaftsflügel MIT an. Wüst war bis Anfang 2022 selbst MIT-Landesvorsitzender.

Treffen mit Neonazis in Potsdam: NRW-CDU geht den Fällen offenbar bereits nach

„Ich erwarte von der nordrhein-westfälischen CDU eine klare Positionierung und sichtbare Konsequenzen“, forderte SPD-Chefin Philipp. Aus CDU-Kreisen hieß es am Donnerstag, die Landesparteizentrale gehe der Sache bereits nach und habe die entsprechenden Parteigliederungen gebeten, die beiden Frauen mit den Vorwürfen zu konfrontieren. Man sei über den Verdacht schockiert. Aus datenschutzrechtlichen Gründen könne man sich zu der Angelegenheit zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht näher äußern, sagte Landesgeschäftsführer Thomas Breuer. „Zu den möglichen Konsequenzen und Ordnungsmaßnahmen verweisen wir auf das Parteiengesetz sowie unsere Satzung. Grundsätzlich gilt: Wer an solchen Treffen teilnimmt, verstößt gegen die Grundsätze der CDU“, so Breuer.

Inzwischen hat auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf die Enthüllungen reagiert. Er betonte den Schutz aller in Deutschland lebenden Menschen durch das Grundgesetz. „Wir schützen alle – unabhängig von Herkunft, Hautfarbe oder wie unbequem jemand für Fanatiker mit Assimilationsfantasien ist“, so der Kanzler. Wer sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richte, sei ein Fall für den Verfassungsschutz und die Justiz.

Werteunion ist keine anerkannte Parteigliederung der CDU oder CSU

Die „Werteunion“ ist keine anerkannte Parteigliederung von CDU oder CSU, auch wenn sie vorgibt, deren konservativen Markenkern zu bewahren. Ministerpräsident Wüst hat sich stets von dem umstrittenen Verein scharf abgegrenzt und hatte im Herbst für Aufsehen gesorgt, als er sich in einem FAZ-Interview sogar zu der These verstieg, das Konservative sei nie Markenkern der CDU gewesen.