Berlin. Bauministerin Klara Geywitz sagt, wer gleich im neuen Jahr handeln sollte – und warum sie zu Hause weiter eine Gasheizung nutzt.
Am 1. Januar tritt das umstrittene Heizungsgesetz der Ampelkoalition in Kraft, das Bauministerin Klara Geywitz (SPD) zusammen mit Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) entwickelt hat. Im Interview sagt Geywitz, warum sie Verbote beim Klimaschutz für nötig hält, ob die Förderung für den Heizungstausch auch in der Haushaltskrise sicher ist – und wie ihre ganz persönliche Wärmeplanung aussieht.
Frau Geywitz, sind Sie stolz auf das Heizungsgesetz?
Klara Geywitz: Ich bin froh, dass wir grundlegende Voraussetzungen für die Modernisierung im Heizungskeller geschaffen haben. Wenn wir weiter mit fossilen Energien heizen, kann Deutschland nicht klimaneutral werden bis 2045. Das Gesetz hat viele Menschen verunsichert. Dazu kam die eine oder andere Überspitzung in den Medien, gegen die wir nicht angekommen sind.
Von Ihrem ursprünglichen Entwurf ist jedenfalls nicht viel übrig.
Der Kern des Gesetzes ist erhalten geblieben: Wir steigen ein in den Ausstieg aus dem fossilen Heizen. Jede neu eingebaute Heizung muss zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Es gibt längere Übergangsfristen und wir machen die Wärmeplanung vorab verpflichtend.
Warum wollen Sie Klimaschutz mit Verboten erzwingen? Renommierte Ökonomen wie die Wirtschaftsweise Veronika Grimm raten dazu, auf Anreize zu setzen – etwa mit einem spürbar höheren CO₂-Preis.
Bereits unser erster Gesetzentwurf sah ja nur vor, dass alle Heizungen, die unreparierbar kaputt sind, ausgetauscht werden müssen. Das sind nicht ganz 100.000 Heizungen im Jahr. Trotzdem war der Aufschrei groß. Das Modell von Frau Grimm würde dazu führen, dass alle Hausbesitzer und Mieter, die mit Öl oder Gas heizen, sofort eine teurere Heizrechnung hätten.
Das Modell sieht einen sozialen Ausgleich vor.
Ich bin mir nicht sicher, ob hier ein sozialer Ausgleich über den CO₂-Preis gelingen kann – oder ob gerade die Menschen in den schlechtesten Häusern, die sich eine Sanierung nicht leisten könnten, auch die höchste Heizungsrechnung hätten. Die Volkswirtschaftslehre ist eine wunderbare Wissenschaft, aber die praktische Umsetzung ist etwas anderes. Es ist auch nicht so, dass wir zum ersten Mal eine Technik vom Markt nehmen. Wir haben Asbest verboten, ebenso Autos ohne Katalysator, und wir haben FCKW aus dem Verkehr gezogen. Wenn wir weiter Öl- und Gasheizungen einbauen, die ja locker 20 Jahre funktionieren, werden wir die Klimaziele nicht erreichen.
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Werden die Klimaziele denn erreicht mit dem zerfledderten Heizungsgesetz?
Wir haben ein Heizungsgesetz, das fossiles Heizen beenden wird. Es wird zu den Klimazielen beitragen.
Ist es möglich, dass Sie das Heizungsgesetz später nachschärfen?
Wir haben ein ausgewogenes Gesetz, dessen Anforderungen an den Einbau neuer Heizungen wir nicht alle zwölf Monate anpassen müssen. Wichtig ist, dass wir den Gesamtprozess der CO₂-Reduzierung regelmäßig evaluieren.
Schon jetzt fragen sich viele, was eigentlich gelten soll. Erklären Sie kurz, wer gleich nach dem 1. Januar handeln muss?
Das Gesetz sieht eine stufenweise Modernisierung vor: Heizungen, die zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden, müssen ab dem 1. Januar 2024 erstmal nur in Neubauten eingebaut werden, die in Neubaugebieten entstehen. Bis Mitte 2026 beziehungsweise Mitte 2028, je nach der Einwohnerzahl in der Kommune, wird es überall in Deutschland eine Wärmeplanung geben. Dann muss man, wenn die Heizung neu oder unreparierbar kaputt ist, die 65-Prozent-Anforderung erfüllen. Dabei gibt es Übergangsfristen – bei Gasetagenheizungen bis zu 13 Jahren – und Ausnahmeregelungen für Härtefälle.
Geht die Wärmeplanung in den Kommunen schnell genug voran?
Das ist mein Eindruck. Ich war viel im Land unterwegs. Ich kann keine Garantie für 11.000 Kommunen abgeben, aber ich glaube, viele werden die Wärmeplanung fristgerecht vorlegen.
Jeder, der nach dem 1. Januar noch eine Gasheizung einbauen will, muss sich einer verpflichteten Beratung unterziehen. Verstehen Sie, wenn Bürger das als übergriffig empfinden?
Es ist sinnvoll, die Menschen darauf hinzuweisen, dass eine Gasheizung zu einer teuren Heizung wird – allein, weil der CO₂-Preis steigt. Wenn wir die Folgen technischer Umwälzungen nicht vermitteln, kann es zu einem bösen Erwachen kommen.
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Raten Sie den Leuten, schneller zu sein, als das Gesetz es vorschreibt – und jetzt schon auf eine fossile Heizung zu verzichten?
Es kann sich lohnen, die Heizung schneller zu tauschen und keine neue Gasheizung mehr einzubauen. Ein Anreiz ist der Klimageschwindigkeitsbonus in der Heizungsförderung. Die Entscheidung muss aber jeder für sich selbst treffen. Wenn man sich gerade eine neue Gasheizung eingebaut hat, stellt sich die Frage weniger, als wenn die Gasheizung in den nächsten zwei oder drei Jahren an ihr Lebensende kommt. Ich sage immer: Häuser sind keine Autos. Ein Heizungstausch ist komplizierter als der Kauf eines neuen Autos.
Der Staat will bis zu 70 Prozent der Kosten für eine neue Heizung übernehmen. Ist das in der Haushaltskrise noch zu schaffen?
Die Einnahmen kommen aus dem Klima- und Transformationsfonds und speisen sich aus der CO₂-Abgabe.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Haushaltsurteil genau diesen Fonds beanstandet. Wackelt die Förderung?
Nein, die Förderung, die jetzt an den Start geht, ist in der mittelfristigen Finanzplanung hinterlegt. Ich hätte mir eine bessere Förderung für die Vermieterinnen und Vermieter gewünscht. Das ist leider den aktuellen Sparrunden zum Opfer gefallen.
Garantieren Sie, dass es bei den Hilfen von bis zu 70 Prozent für den Heizungstausch bleibt?
Das ist ein Haushaltsposten von Robert Habeck. Und der Haushaltsgesetzgeber ist der Deutsche Bundestag. Die Förderung kommt.
Verhindern Sie, dass Vermieter die verbleibenden Kosten auf die Mieter umlegen?
Früher hat der Staat kein Geld gegeben, wenn die Heizung kaputtging. Das Mietrecht regelt, dass die Förderung die Möglichkeiten für eine Modernisierungsmieterhöhung einschränkt. Die Förderung kommt also auch den Mietern zu Gute.
Frau Geywitz, wann tauschen Sie privat die Heizung?
Wenn sie unreparierbar kaputt ist.
Was ist das für eine Heizung?
Es ist eine Erdgasheizung.
Sie könnten mit gutem Beispiel vorangehen und jetzt schon eine Wärmepumpe einbauen.
Wir haben, wie viele andere Familien auch, in den letzten zwei Jahren viel sparsamer geheizt. Unsere Heizung selbst ist recht neu und wird erst modernisiert, wenn sie es nicht mehr ordentlich tut. Denn nachhaltig ist auch, Dinge möglichst so lange zu nutzen, wie sie funktionieren. Das sieht und sah auch das GEG immer so vor.
Was bauen Sie ein, wenn die Gasheizung kaputt ist?
Bei Häusern, die unter Denkmalschutz stehen und nicht gedämmt werden können, braucht man eine Heizung, deren Betrieb möglichst geringe CO₂-Emissionen verursacht und den vergleichsweise hohen Wärmebedarf deckt. Biomasseheizungen und Wärmepumpen-Hybridheizungen kommen da infrage. Oder man schließt sich mit mehreren Nachbarn zusammen und gründet ein Gebäudenetz mit einer Quartierswärmepumpe. Das kann interessant werden, wenn die Kommune kein Fernwärmenetz anbieten kann.
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