Berlin. Wenn Jugendämter Kinder vor Gewalt und Missbrauch schützen sollen, müssen sie Vertrauen herstellen. Doch daran scheitern sie zu oft.
Sie ist ja nicht neu, diese Angst vor dem Jugendamt, dieser Mythos, es handele sich um eine Kinder-Wegnahme-Anstalt. Dennoch: Die Floskel „Dann kommst du ins Heim“ lebt. Dieser Satz, mit dem schon Kinder in den 1960er-Jahren gerne konfrontiert wurden, wenn sie nicht so funktionierten, wie sich das die Eltern im biederen Wirtschaftswunder–Deutschland so vorstellten.
Inzwischen ist der Satz das Drohmittel, mit dem Täter in den Familien Kinder und Jugendliche davon abhalten, sich mit dem Gang zum Jugendamt gegen Gewalt und/oder Missbrauch zu wehren. Solange dieser Mythos lebt, diese Angst, bleibt dem Kind die einzige Instanz verwehrt, die ihm sofort Hilfe und Schutz bieten kann. Denn die Fachkräfte des Jugendamtes können ein Kind sofort aus der Familie nehmen, wenn es missbraucht und misshandelt und/oder komplett allein gelassen wird. Dann ist das Heim, die Pflegefamilie womöglich die Rettung.
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Jugendämter: Wenn ein Kind in Not ist, muss es sofort aufgefangen werden
Vorausgesetzt, das Amt weiß, dass sich in einer Familie ein Drama abspielt. Doch selbst wenn es Kontakt zu einem gefährdeten Kind, zu einer Familie, in der es Gewalt, Missbrauch, Vernachlässigung gibt, haben nicht alle Fachkräfte die Antennen, das zu erkennen. Sie lassen sich blenden von Eltern, die eine heile Welt vorspielen. Das zeigt die aktuelle Fallstudie der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs.
Es ist eben nicht selbstverständlich, dass Kinder ins Zentrum der Ermittlungen der Ämter rücken, noch nicht einmal, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jugendämter vertrauensvoll und vor allem allein – ohne die Eltern und damit die mutmaßlichen Täter – sprechen können. Klar ist: Wenn ein Kind in Not ist und Kontakt sucht, trotz der Angst vor dem Amt und der Drohung mit dem Heim – dann muss es sofort aufgefangen werden. Für die Experten in den Ämtern kann es in diesem Moment keine wichtigere Aufgabe geben. Eben genau das klappt laut Studie viel zu oft nicht.
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