Berlin. Nach dem Haushaltsurteil drohen der Koalition vorm Obersten Gericht weitere Tiefschläge – auch in Bezug auf Heizungsgesetz und Cum-Ex.
Der Ablauf der letzten Bundestagswahl, die Rolle von Kanzler Olaf Scholz im Cum-Ex-Skandal oder die Pläne der Ampel-Koalition zur Verkleinerung des Bundestags: Das Bundesverfassungsgericht befasst sich auf Betreiben von CDU und CSU mit mehreren Themen, die für weitere Unruhe in der Regierung sorgen können. Das Urteil der Richter in Karlsruhe zum Haushalt der Regierung stürzte die Koalition bereits in eine tiefe Krise. Was kann da noch kommen? Ein Überblick.
1. Wahlchaos in Berlin
Der 26. September 2021 ging als schwarzer Tag in Berlins Stadtgeschichte ein. Die Bürger der Hauptstadt waren dazu aufgerufen, ihre Stimmen zur Wahl des Bundestags und des Berliner Abgeordnetenhauses abzugeben. In zahlreichen Wahllokalen gab es gravierende Probleme – von langen Wartezeiten bis zu fehlenden und falschen Stimmzetteln. Wahllokale stellten zwischenzeitlich den Betrieb ein, mancherorts blieben sie bis nach 18 Uhr geöffnet. Begünstigt wurde das Durcheinander durch den zeitgleich stattfindenden Marathon.
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Die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus musste auf richterliche Anordnung bereits wiederholt werden. Mit den Stimmen der Ampel-Fraktionen hatte der Bundestag beschlossen, die Bundestagswahl in 327 Wahlbezirken und 104 Briefwahlbezirken zu wiederholen. Die Unionsfraktion klagte dagegen, lediglich in insgesamt 431 Wahllokalen nachwählen zu lassen. Dazu verkündet das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung am 19. Dezember. Die Richter könnten entscheiden, dass der Ampel-Beschluss zur Neuwahl nur in einem kleinen Teil der Wahlbezirke nicht reicht. Auch eine komplette Wiederholung der Bundestagswahl in Berlin scheint denkbar.
2. Wahlrechtsreform der Ampel
Die Koalition hat eine Reform des Wahlrechts beschlossen, mit der sie den aktuell auf 736 Abgeordnete angewachsenen Bundestag dauerhaft auf 630 Parlamentarier begrenzen will. Dafür sollen Überhang- und Ausgleichsmandate wegfallen. Die Folge: War der Sieg in einem Wahlkreis bisher die Garantie für ein Mandat, wäre das künftig nicht mehr der Fall. Außerdem soll die Grundmandatsklausel wegfallen. So zogen bisher Parteien in der Stärke ihres Zweitstimmenergebnisses in den Bundestag ein, wenn sie an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterten, aber mindestens drei Direktmandate gewannen.
Diese Regelung alarmiert die Union: Denn danach gerät die CSU in Gefahr, den Einzug in den Bundestag zu verpassen. Bei der Bundestagswahl hatte die CSU 5,2 Prozent erhalten. Neben ihr hat unter anderem auch die Linkspartei in Karlsruhe geklagt. Die Unionsfraktion fordert die Ampel-Koalition zu neuen Gesprächen über die Wahlrechtsreform auf. Ende November hatten die Karlsruher Richter eine Klage gegen eine Wahlrechtsreform der Großen Koalition aus dem Jahr 2020 zurückgewiesen.
3. Rolle des Kanzlers im Cum-Ex-Skandal
Die Union wollte Scholz mit einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss unter Druck setzen, in dem das Vorgehen des heutigen Kanzlers in der Cum-Ex-Steueraffäre der Hamburger Warburg Bank untersucht werden sollte. Die Vorwürfe gehen auf die Zeit von Scholz als Hamburger Bürgermeister zurück. Der Kanzler versichert, keinen Einfluss genommen zu haben, damit Steuerforderungen gegen die Warburg-Bank fallengelassen werden. Scholz sieht die Vorwürfe als entkräftet an und beruft sich auf Erinnerungslücken, wenn es um mehrere persönliche Treffen mit dem damaligen Chef der Bank geht.
In Hamburg gibt es bereits einen Untersuchungsausschuss zu der Affäre, die Union wollte den Fall auf Bundesebene heben, wohl auch um Scholz persönlich attackieren zu können. Ein Untersuchungsausschuss ist ein wichtiges Instrument der Opposition. In diesem Fall blockierte die Koalition dies – ein bisher einmaliger Vorgang. Die Ampel-Fraktionen argumentierten, dass der Bundestag sich rechtlich mit dem Fall gar nicht befassen dürfe, da es sich vor allem um Vorgänge der Hamburger Landespolitik handele.
Die Union sieht das anders und hofft auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im kommenden Jahr, damit der Ausschuss noch in dieser Legislaturperiode eingesetzt werden kann.
4. Beschluss des Heizungsgesetzes
Die Koalition hatte in der ersten Jahreshälfte hart und lange um das Heizungsgesetz gestritten. Als SPD, FDP und Grüne sich schließlich einig waren, wollten sie das Gesetz sehr schnell vor der Sommerpause durch das Parlament bringen. Der CDU-Abgeordnete Thomas Heilmann wandte sich mit einem Eilantrag an das Bundesverfassungsgericht, da es nicht möglich sei, sich in der Kürze der Zeit angemessen mit dem Gesetz zu befassen.
Die Karlsruher Richter gaben ihm recht, die Koalition verschob die abschließenden Lesungen auf die Zeit nach der Sommerpause im September. Das Bundesverfassungsgericht befasst sich nun noch in der Hauptsache mit den Beteiligungsrechten des Parlaments. Um den Inhalt des Heizungsgesetzes geht es dabei nicht.
5. Auskünfte der Ampel-Regierung
Um die Rechte der Opposition gegenüber der Regierung geht es der Union auch bei der fünften Klage. Die CDU/CSU-Fraktion hatte in einer parlamentarischen Anfrage an das Bundesinnenministerium wissen wollen, bei welchen und wie vielen Gesetzen die Regierung die üblichen Fristen nicht einhielt. Mit Verweis auf die Vielzahl der Gesetze sah sich das Innenministerium nicht in der Lage, die Anfrage im vorgegebenen Zeitraum zu beantworten. Die Union fühlt sich in ihrem parlamentarischen Fragerecht verletzt.
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