Tel Aviv. Am Morgen stoppt ein Auto an einem Haltepunkt in Jerusalem. Zwei Männer steigen aus, eröffnen das Feuer. Eine 24-Jährige stirbt sofort.
Sie sprangen aus dem Wagen und schossen aus nächster Nähe in die Menschenmenge: Auf Überwachungsvideos ist der brutale Überfall zweier Terroristen in den Morgenstunden des Donnerstag in Jerusalem genau dokumentiert. Es ist eine stark besuchte Bushaltestelle am Weizmann Boulevard, einer der Ausfahrtsstraßen von Jerusalem, an dem jeden Morgen Berufstätige auf den Transfer zu ihrem Arbeitsort außerhalb der Stadt warten. Dutzende Buslinien halten hier, auch Autostopper suchen Mitfahrgelegenheiten. Daher war wohl niemand verwundert, als gegen 7.40 Uhr plötzlich ein Wagen an der Haltestelle abbremste.
Zwei Brüder, der 30-jährige Ibrahim Namr und der 38-jährige Murad Namr, sprangen aus dem Wagen und rannten auf die Wartenden zu. Sie feuerten mit einem Sturmgewehr und einer Pistole auf die Menschen, die in Panik in alle Richtungen davonliefen. Eine 24-Jährige war sofort tot, zwei Schwerverletzte starben wenig später im Krankenhaus. Sechs Personen wurden verletzt. Zwei Soldaten, die Fronturlaub hatten und zufällig in der Nähe waren, sowie ein bewaffneter Zivilist schossen auf die Terroristen und töteten sie. Beim Durchsuchen des Wagens der Brüder fand die Polizei „große Mengen an Munition“.
Lesen Sie auch: Hamas-Geisel Emily lernte ein einziges Wort Arabisch
Moshiko Harush, eine Augenzeugin, beschreibt gegenüber dem israelischen Radiosender KAN die Szenen. „Die Terroristen begannen in alle Richtungen zu schießen“, sagt sie. „Ich sah ein Mädchen, ich dachte es wäre ein Kind, sie wurde vor meinen Augen ermordet. Ich habe noch nie so etwas Grausames gesehen.“
Attentat verübten Männer der Hamas, die polizeibekannt waren
Der Inlandsgeheimdienst Shin Bet bestätigte, dass die Terroristen Hamas-Männer waren. Den Behörden waren sie längst bekannt: Beide hatten wegen terroristischer Betätigung bereits in israelischen Gefängnissen gesessen, einer der beiden sogar zwei Jahre lang. Einer der Soldaten, die Feuer auf die Terroristen eröffnet hatten, war auf einem kurzen Fronturlaub von seinem Einsatz im Rahmen der Bodenoffensive im Gazastreifen. Er wurde bei dem Vorfall leicht verletzt.
Schon vor einem Jahr hatten palästinensische Terroristen an exakt derselben Haltestelle und ebenfalls in den Morgenstunden ein Attentat verübt. Damals war eine Bombe ferngezündet worden. Am selben Morgen hatten sie auch an einer anderen Bushaltestelle eine Bombe platziert. Bei den beiden Anschlägen wurden damals zwei Menschen getötet und 26 weitere verletzt. Die Jerusalemer Polizei hält es für möglich, dass auch diesmal eine Serie an Attentaten geplant war. Sie ist im gesamten Stadtgebiet in Alarmbereitschaft.
Anschlag in Jerusalem: Polizei könnte Risiko unterschätzt haben
Die Waffenruhe in Gaza, die am vergangenen Freitagmorgen begonnen hatte, ist weiter intakt, sie wurde am Donnerstag um weitere 24 Stunden verlängert. Der Anschlag in Jerusalem macht jedoch deutlich, dass die Vereinbarungen mit den Terrorgruppen in Gaza keine Ruhe im Westjordanland und in Jerusalem garantieren. Mit Anschlägen auf Siedler in der Westbank und auf Zivilisten in Israel muss jederzeit gerechnet werden.
Was die Sicherheitslage in Jerusalem betrifft, könnte die Polizei das Risiko unterschätzt haben: Da die Grenzübergänge zum Westjordanland geschlossen sind, können potenzielle Terroristen von dort nicht einreisen. Radikalisierte Gruppen aus Ostjerusalem können sich in Westjerusalem jedoch frei bewegen.
- Einfach erklärt: Israel und seine Feinde – Darum geht es im Nahost-Konflikt
- Verfeindete Staaten: Woher kommt der Hass zwischen dem Iran und Israel?
- Umstrittenes Gebiet: Gibt es Palästina? Die Geschichte der Region
- Israel gegen die Hamas: Feuerpause oder Waffenstillstand? Begriffe einfach erklärt
- IDF: Atombombe, Drohnen & Co. – So mächtig ist Israels Militär