Berlin. Am 1. Januar tritt das Heizungsgesetz in Kraft. Schornsteinfeger Julian Schwark erklärt, was gilt – und warnt vor einem Kostenrisiko.
Es war eines der kontroversesten Themen des Jahres: Als im Februar der erste Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes (besser bekannt als Heizungsgesetz) bekannt wurde, war die Aufregung groß, und blieb es für Monate. Nach langer Debatte ist das Gesetz jetzt deutlich verändert beschlossen, technologieoffener als zuvor – aber nicht unbedingt unkomplizierter.
Julian Schwark ist Schornsteinfeger, Energieberater und als Vorstandsmitglied im Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks für Energiethemen zuständig. Er hat die Auseinandersetzung begleitet und erfährt in seiner täglichen Arbeit, wie die Novelle bei den Menschen ankommt. Und dort, sagt Schwark, sei die Verwirrung groß. „Keiner blickt so richtig durch, was das jetzt für seine Heizung bedeutet. Ohne Fachmann zu sein, kann man dieses Gesetz kaum interpretieren.“
Zeit also, vor dem Inkrafttreten des neuen Gebäudeenergiegesetzes mit einem Fachmann zu sortieren, was sich bald ändert. Ab dem 1. Januar 2024 gilt das Gesetz, über das die Ampel-Koalition monatelang erbittert gestritten hat. Doch für die meisten Menschen, sagt Schwark, ändert sich damit erst einmal gar nicht so viel.
Heizungsgesetz greift nur bei Neubauten in Neubaugebieten
Das Herzstück des Gesetzes – die Vorgabe, dass neue Heizungen zu mindestens 65 Prozent erneuerbar betrieben werden müssen – greift zunächst nur für Neubauten in Neubaugebieten. Entscheidend ist dabei laut Bundeswirtschaftsministerium der Zeitpunkt, an dem der Bauantrag gestellt wurde. Häuser, deren Bauanträge bereits gestellt sind oder die sogar schon im Bau sind, sind nicht betroffen.
Außerhalb von Neubaugebieten orientiert sich das Gesetz am Zeitplan für die kommunale Wärmeplanung: Erst wenn diese vorliegt, soll auch die 65-Prozent-Vorgabe greifen. In Kommunen mit mehr als 100.000 Einwohnern soll das Mitte 2026 der Fall sein, für kleinere Gemeinden Mitte 2028. Bis dahin gilt: „Es darf weiterhin praktisch jede Technologie eingebaut werden“, erklärt Julian Schwark. „Nur wer sich jetzt für eine neue Gas- oder Ölheizung entscheidet, muss sich vorher beraten lassen, damit er die Konsequenzen kennt.“
Denn wer ab dem kommenden Jahr etwa noch eine Gasheizung kauft, muss diese ab 2029 schrittweise auch erneuerbar betreiben, etwa durch den Zukauf von Biomethan. Vorgesehen ist ein Anteil von 15 Prozent ab 2029, der schrittweise auf bis zu 60 Prozent 2040 steigt. „Das ist ein Kostenrisiko“, sagt Schwark, weil nicht klar sei, wie teuer Biomethan bis dahin wird.
Gasheizungen können eingebaut werden – nach einer Beratung
Alternativ kann der steigende Anteil an erneuerbarer Energie für diese Heizungen auch mit blauem oder grünem Wasserstoff gedeckt werden – doch den gibt es bis jetzt kaum. „Wer gern Lotto spielt, kann auch auf Wasserstoff wetten“, sagt der Schornsteinfeger. Auch die steigenden Kosten für Gas über den CO2-Handel würden den Betrieb von Gas- und Ölheizungen absehbar verteuern, sagt Schwark. Neu eingebaute Gasheizungen längerfristig nur mit Gas zu betreiben, ist nur noch in Ausnahmefällen möglich.
Rahmenbedingungen wie diese sollen deshalb erklärt werden, wenn sich jemand in Zukunft zum Einbau einer fossilen Heizung entscheidet. Durchführen können diese verpflichtenden Beratungen Energieberater, Heizungsbauer – und eben Schornsteinfeger. Funktionierende Gas- und Ölheizungen dürfen auch nach dem 1. Januar 2024 weiterbetrieben werden. Und auch eine Reparatur im Fall eines Schadens ist möglich. Erst wenn die Anlagen irreparabel kaputt sind, greift das GEG. Dann allerdings gibt es mehrjährige Übergangsfristen, in dieser Zeit kann zur Überbrückung zum Beispiel eine gebrauchte Gasheizung installiert werden.
Besitzerinnen und Besitzer von funktionierenden Heizungen müssen zum Jahreswechsel also nichts ändern. Schwark rät allerdings trotzdem dazu, sich mit der Zukunft der eigenen Heizungsanlage auseinanderzusetzen. „Wer jetzt eine 15 Jahre alte Heizung hat, muss damit rechnen, dass die irgendwann in den nächsten Jahren kaputtgeht“, sagt er. Dann stelle sich die Frage, was danach kommt. „Mein Rat wäre, sich vorher Gedanken zu machen. Am besten holt man sich jetzt schon mal einen Energieberater ins Haus, um einen Plan für die nächsten Jahre zu machen.“
Schornsteinfeger: „Kommt niemand mit dem Schraubenschlüssel“
Die Debatte um klimaneutrales Heizen sei in den letzten Monaten vor allem auf die Heizungsanlagen an sich fokussiert gewesen, kritisiert er. „Aber der erste Schritt ist in vielen Fällen die Verbesserung der Gebäudehülle – wer eine funktionierende Heizungsanlage hat, sollte erstmal das Gebäude ertüchtigen, um dann potenziell auch andere Technologien einsetzen zu können.“ Ähnlich wie für den Tausch von Heizungen seien auch dafür Fördermittel eingeplant, die attraktiv sein könnten.
Mittelfristig, sagt Schwark als Vertreter des Schornsteinfegerhandwerks, müsse sich ohnehin jeder mit der Frage beschäftigen, wie er heizen will. „Ich glaube, vielen Menschen ist noch nicht klar, dass das GEG nur die Übergangszeit bis 2045 regelt“, sagt er. „Spätestens dann muss jeder klimaneutral heizen. Jeder ist betroffen, und jeder braucht einen Plan auch für nach 2045.“ Trotzdem rät er dazu, gelassen zu bleiben. Das Thema sei emotional diskutiert worden, am Ende aber „gar nicht so dramatisch“. Zwar müsse jeder etwas tun. „Aber es kommt niemand mit dem Schraubenschlüssel und nimmt den Leuten die Heizung weg.“
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