Duisburg/Mülheim. Die Deutsch-Israelische Gesellschaft Duisburg-Mülheim-Oberhausen besteht 50 Jahre. Es gibt keinen Jubel. Es gibt Beklemmendes zu hören.
Für Markus Püll war es eine Premiere. Der Mülheimer Bürgermeister hatte am Donnerstagabend bei der Solidaritätsfeier mit Israel im Duisburger Ratssaal das erste Wort. Sein Ehrenamt als Bezirksvorsitzender der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) machte es möglich. Nicht nur Püll, sondern auch seine Nachredner machten deutlich, dass der Festakt zum Goldenen DIG-Jubiläum und zum 75-jährigen Bestehen des Staates Israel unter dem Eindruck des Terroraktes vom 7. Oktober nur als „Fest der Solidarität mit den Menschen in Israel und mit den jüdischen Menschen in Deutschland“ begangen werden könne. Ans Rednerpult traten auch Duisburgs Bürgermeisterin Edeltraud Klabuhn, der via Video zugeschaltete israelische Botschafter Ron Prosor, der Vizepräsident der DIG, Jürgen Hardt, und Bärbel Bas, die als Bundestagspräsidentin den Festvortrag hielt.
Die DIG wurde 1973 unter dem Eindruck des Jom-Kippur-Krieges gegründet. Sie unterstützt beispielsweise die 2400 Mitglieder zählende Jüdische Gemeinde Duisburg-Mülheim-Oberhausen, organisiert Informations- und Kulturveranstaltungen sowie deutsch-israelische Jugendbegegnungen. Nicht nur die Präsidentin des Deutschen Bundestages betonte, dass die von der DIG geübte Solidarität mit den Menschen in Israel „keine Frage der Weltpolitik, sondern eine Frage der Menschlichkeit“ sei.
Erinnerung an 9. November 1938: Synagogen brannten auch in Duisburg und Mülheim
Bärbel Bas schlug eine Brücke vom 9. November 1938, als auch in Mülheim und Duisburg die Synagogen brannten, in die Gegenwart und stellte fest: „Nie wieder ist jetzt! Und deshalb haben wir als deutsche Gesellschaft die historische Verantwortung, den Antisemitismus in unserem Land mit allen Mitteln zu bekämpfen.“ Als besonderes Zeichen der Solidarität kündigte Bas an, dass Deutschland sieben Millionen Euro für den Wiederaufbau des am 7. Oktober von der Hamas zerstörten Kibbuz Kfar Aza bereitstellen werde.
Vier Teilnehmer der Solidaritätsfeier schildern, wie der Terrorakt und seine auch bei uns zu spürenden Folgen ihr Lebensgefühl verändert haben.
Jacques Marx, Holocaust-Überlebender, Mitgründer der DIG und Mülheimer Ehrenbürger: „Nach dem 7. Oktober ist der Judenhass, den es immer schon gegeben hat, in der deutschen Öffentlichkeit deutlicher geworden. Gott sei Dank werden wir in Deutschland aber von sehr vielen Menschen unterstützt. Ich kann mit Menschen mitfühlen, die leiden, auch wenn sie anders denken als ich. Aber Antisemiten und Unterstützer des Hamas-Terrors sind Menschen, die mit mir nichts zu tun haben wollen, und mit denen ich auch nichts zu tun haben will.“
Gabriele Jurga, Vorstandsmitglied der DIG: „Die Ereignisse zeigen mir, dass es immer schon wichtig und richtig war, dass in Israel Restaurantbesucher ihre Taschen von der Security durchsuchen lassen müssen, und dass auch vor Hotels Soldaten mit Maschinenpistolen stehen. Ich empfinde die Polarisierung der aktuellen politischen Diskussion als extrem unangenehm und die Politik der Regierung Netanjahu bedenklich, aber auch berechtigte Kritik an der israelischen Regierungspolitik gibt niemandem das Recht, Juden abzuschlachten. Dass es auch bei uns Menschen gibt, die den Terror der Hamas unterstützen und feiern, macht mich als fassungs- und ratlos.“
Igor Epstein, jüdischer Musiker und Hochschullehrer: „Ich habe persönlich keinen Antisemitismus erlebt. Aber wenn man im Internet oder im Fernsehen sieht, dass es Menschen gibt, die den Terror der Hamas unterstützen und feiern, wird man erst traurig und dann wütend. Ich bin Musiker und musiziere mit Menschen aus unterschiedlichen Ländern und Religionen. Ich frage niemanden, was er glaubt und woher er kommt. Denn Musik ist eine Sprache, die alle Menschen verstehen, und die alle Menschen verbindet.“
Alexander Drehmann,Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Duisburg-Mülheim-Oberhausen: „Ich war geschockt. So etwas habe ich nicht erwartet. Ich habe persönlich keinen Antisemitismus erlebt. Im Gegenteil: Ich habe von vielen Menschen, Organisationen und Institutionen Solidarität erfahren. Aber ich bin enttäuscht, dass bei den Pro-Israel-Demonstrationen nur jeweils wenige 100 Menschen auf die Straße gegangen sind, während für den Klimaschutz Zehntausende demonstrieren. Denn wenn die Islamisten erst mal mit den Juden fertig sind, dann sind die Otto-Normal-Verbraucher dran.“
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