Berlin. Das Verfassungsgericht hat den Haushalt der Bundesregierung gekippt. Für diesen Fall machte Robert Habeck eine düstere Prophezeiung.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Mittwoch reißt ein Milliardenloch in den Haushalt der Bundesregierung. Die Richter in Karlsruhe hatten geurteilt, dass aus der Corona-Krise übrig gebliebene Kredite von 60 Milliarden Euro nicht für den Klima- und Transformationsfonds (KTF) verwendet werden dürfen. Die eingeplante Umschichtung der Mittel aus dem Haushalt von 2021 ist demnach verfassungswidrig.
Für Aufsehen sorgt am Tag danach ein Satz, den Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bereits am 21. Juni bei einer Regierungsbefragung im Bundestag gesagt hatte. Der Politiker wählte drastische Worte, um vor den möglichen Folgen des Urteils zu warnen – natürlich ohne damals den Richterspruch kennen zu können.
Habeck sagte: „Wenn diese Klage erfolgreich ist, das würde Deutschland wirklich wirtschaftspolitisch hart, hart treffen. Wahrscheinlich so hart, dass wir das nicht bestehen werden.“
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BVerfG-Urteil: Wie Habeck seinen düsteren Ausblick formulierte
Zuvor war Habeck bei der Befragung von der Grünen-Abgeordneten Sandra Detzer auf die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Deutschland und auf ausländische Investitionen angesprochen worden. Habeck betonte daraufhin die geplanten, seinen Worten zufolge „massiven Einzelinvestitionen des Auslands“, mit denen man es im Moment zu tun habe. Konkret nannte er die Pläne von Intel zum Bau von Chip-Fabriken in Magdeburg (Sachsen-Anhalt).
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Habeck weiter: „Und dann wiederum schadet es dem Standort wie übrigens auch der Wärmewende, dass die Union im Moment gegen die Gelder, die dafür reserviert sind, klagt. Das in der Tat würde bedeuten, dass uns der Fußboden weggezogen wird, auf dem wir versuchen, die wirtschaftliche Situation in Deutschland zu stabilisieren.“ Jetzt, knapp fünf Monate später, ist der Erfolg der Klage der Unionsfraktion Gewissheit.
CDU nach Haushalts-Urteil: Staat hat kein Einnahmenproblem
Widerspruch gegen Habecks vermeintlichen Abgesang gab es am Donnerstag prompt. Christoph Meyer, stellvertretender Vorsitzender der FDP-Fraktion im Bundestag, sagte dieser Redaktion: „Deutschlands Wirtschaft hängt nicht vom Klima- und Transformationsfonds ab, sondern von der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von Industrie und Mittelstand. Es ist jetzt Aufgabe des Wirtschaftsministers und der Koalition insgesamt, Wirtschaftswachstum durch Entlastungen zu ermöglichen und privates Kapital für Investitionen zu mobilisieren.“ Erfolgreiche Wirtschaftspolitik definiere sich nicht allein über Klima-Subventionen.
Der erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei (CDU), sagte dieser Redaktion, Habeck verliere völlig aus dem Blick, dass Deutschland zurzeit kein Einnahme-, sondern ein Ausgabeproblem habe. „Der Staat nimmt Steuern in Rekordhöhe ein, aber die Ampel versagt bei ihrem Auftrag, vernünftig zu wirtschaften. Jetzt geht es um eine echte haushaltspolitische Zeitenwende“, so Frei. Die Koalition müsse nun endlich neu priorisieren und klar zwischen notwendigen und lediglich wünschenswerten Ausgaben unterscheiden.
Wirtschaftsweiser sieht in Urteil des Verfassungsgerichts sieht „herben Schlag ins Kontor“
Achim Truger, Mitglied des Sachverständigenrates Wirtschaft, bezeichnete das Karlsruhe-Urteil gegenüber dieser Redaktion als „herben Schlag ins Kontor für die Bundesregierung“. „Damit funktioniert das bisherige finanzpolitische Geschäftsmodell der Koalition nicht mehr: Die zusätzlich notwendigen massiven Transformationsausgaben stemmen, ohne dafür Steuern zu erhöhen oder die strenge Einhaltung der Schuldenbremse im Kernhaushalt des Bundes infrage zu stellen“, sagte Truger.
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Würden in den kommenden Jahren nun einfach die Mittel aus dem Klima- und Transformationsfonds zusammengekürzt, wäre das nicht nur für die Koalition und die Transformation schlecht, sondern könnte auch die Konjunkturerholung gefährden, so der Wirtschaftswissenschaftler. „Die Koalition könnte aber durchaus einen befristeten Klima- oder Transformations-Soli ähnlich dem bestehenden Solidaritätszuschlag für einkommensstarke Haushalte erheben oder den CO₂-Preis oder Energiesteuern anpassen“, schlug Truger vor. Mittelfristig könnten auch klimaschädliche Subventionen abgebaut werden, so der Experte.
Ifo-Chef bringt Verzicht auf Magdeburger Intel-Ansiedlung ins Spiel
Der Chef des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest, verwies im Gespräch mit unserer Redaktion darauf, dass für die Bundesregierung nun durchaus noch Handlungsmöglichkeiten bestehen würden. Die Umsetzung sei aber nicht einfach, so Fuest. „Zum Beispiel könnte man wie bei der Bundeswehr auch für den Klimaschutz durch eine Grundgesetzänderung eine besondere Verschuldungsermächtigung schaffen. Das setzt allerdings eine Zweidrittelmehrheit voraus. Die Ampel-Koalition müsste also mit der Unionsfraktion zu einer Verständigung kommen“, sagte der Ökonom.
Gelingt das nicht, müssten Aufgaben überprüft und umgeschichtet werden. „Beispielsweise könnte man auf die 10-Milliarden-Euro-Subvention für das Chipwerk in Magdeburg verzichten. Diese Subvention ist ohnehin schwer zu rechtfertigen“, befand Fuest. Eine weitere Möglichkeit sei, Steuern zu erhöhen. Das allerdings hatte die FDP für diese Legislaturperiode stets konsequent ausgeschlossen.