Frankfurt (Oder). Seit Montag gibt es am Grenzübergang in Frankfurt (Oder) stationäre Kontrollen. Wie sieht das in der Praxis aus? Ein Besuch vor Ort.

Vom Gehsteig hat man an die beste Sicht auf die stationäre Grenzkontrolle. An diesem Mittwochmorgen kontrollieren fünf Bundespolizisten nur wenige Meter vor der polnischen Grenze in Frankfurt (Oder) – der Stadtbrücke – wer nach Deutschland einreist. Drei Beamte stehen auf der linken Seite der Fahrbahn, zwei Beamte auf der Mittelinsel. Im Minutentakt hebt einer seine Kelle. Er hält Fahrzeuge an, die auffällig sind. Einen silbernen Transporter, einen weißen Transporter. Dann einen braunen Transporter mit einem polnischen Kennzeichen. Als er die Fahrerin begrüßt, öffnet eine Polizistin schon die Schiebetür zur Ladefläche. Geräuschvoll rastet die Tür ein. Der Blick der Polizistin wandert in den Innenraum. Er ist leer – keine Menschen, die illegal nach Deutschland einreisen. Sie schließt die Tür, hebt ihren Daumen in Richtung ihrer Kollegen und wünscht eine „schöne Weiterfahrt“.

Seit Montagnachmittag ist die Stadtbrücke in Frankfurt (Oder) einer von drei Schwerpunkten der stationären Grenzkontrollen zu Polen. Rund um die Uhr will die Bundespolizei dort kontrollieren. Ein Zelt auf einem Grünstreifen vor der Stadtbrücke in der Grenzstadt zeugt davon. Es ist beheizt. Finden die Polizisten Migranten, die von Schleusern nach Deutschland transportiert werden, überprüfen sie in dem Zelt ihre Personalien. Anschließend werden sie in die Erstaufnahmeeinrichtung für geflüchtete Menschen nach Eisenhüttenstadt gebracht. Der Anblick wirkt weniger schön, könnte womöglich aber hilfreich sein – im Kampf gegen internationale Schleuserkriminalität und illegale Migration.

Von Dienstag auf Mittwoch zählt die Bundespolizei 22 illegale Einreisen

Dabei zeigten sich bereits erste Erfolge. Am ersten Tag griff die Bundespolizei 27 unerlaubt einreisende Menschen auf. Über die Stadtbrücke und die Autobahn 12 südlich von Frankfurt (Oder) seien 25 Männer und zwei Frauen aus Bangladesch, China, Indien und Syrien eingereist oder eingeschleust worden. Im Süden Brandenburgs berichtete die Polizei von fünf iranischen Staatsangehörigen, die in der Nacht zum Dienstag entdeckt wurden. Von Dienstag- bis Mittwochmorgen zählte die Bundespolizei eigenen Angaben zufolge 22 Personen, die in diesem Bereich nach Deutschland eingereist sind. Die Rede war von Staatsangehörigen aus Syrien, Somalia, der Türkei, der und dem Jemen. Sie waren teils zu Fuß und auch in Linienbussen aus Polen eingereist.

Wie an diesem Mittwochmorgen zu beobachten ist, liegt der Fokus der Beamten auf Fahrzeugen, die größere Personengruppen transportieren können: Transporter, kleinere Lastwagen oder größere Pkws. Daneben halten die Polizisten auch Reise- oder Linienbusse an, laufen durch die Fahrzeuge und lassen sie anschließend weiterfahren. Ein Beamter weist die anderen aber auch an, in Kleinwagen hineinzuschauen, vor allem wenn der Kofferraum zugezogen sei. Offiziell sagte der Sprecher der Bundespolizei Berlin-Brandenburg: „Es finden keine Vollkontrollen mit Schlagbaum statt. Die Maßnahmen finden in unterschiedlicher Intensität statt und richten sich auf relevante Reisende und Fahrzeuge, die zur Kontrolle gestoppt werden.“ Aus einsatztaktischen Gründen könne er aber keine Angaben zur Anzahl eingesetzter Kräfte oder über Art und Umfang der Kontrollmaßnahmen machen. An diesem Morgen sind es innerhalb 20 Minuten etwa zehn Fahrzeuge, die angehalten werden. Bei allen gilt: Fehlanzeige.

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Grenzkontrollen gelten für zehn Tage

Im Fokus der Bundespolizei stehen kleinere Lastwagen und Transporter.
Im Fokus der Bundespolizei stehen kleinere Lastwagen und Transporter. © Funke Foto Services | Sergej Glanze

Nachdem sich die Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) monatelang gegen stationäre Grenzkontrollen gewehrt hatte, lenkte sie am Montag ein. Wie es vonseiten des Bundesinnenministeriums hieß, hatte Faeser am Montag vorübergehende Binnengrenzkontrollen zu den Landesgrenzen Polen, Tschechien und der Schweiz bei der Europäischen Kommission angemeldet. Sie gelten zunächst für zehn Tage, können aber auf zwei Monate verlängert werden. Hintergrund der Einführung der Binnengrenzkontrollen ist die Bekämpfung der Schleuserkriminalität und die Begrenzung der irregulären Migration.

Der Druck auf Faeser war in den vergangenen Monaten stark gestiegen. Denn die Zahl unerlaubter Einreisen stieg kontinuierlich an und erreichte im September einen Höchststand in diesem Jahr. An allen Grenzen stellte die Bundespolizei 21.000 illegal eingereiste Migranten fest. Bereits im August zählte die Bundespolizei allein an der polnischen Grenze 1577 Menschen, die unerlaubt eingereist waren. Im Vorjahr lag der Wert noch bei 604.

Brandenburgs Innenminister fordert Verlängerung der stationären Grenzen

Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) war einer derjenigen, die stationäre Grenzkontrollen lautstark gefordert hatten. Dieser Redaktion sagte er: „Bereits im Mai hatten sich die Ministerpräsidenten mit dem Bundeskanzler auf die Ausweitung der Grenzkontrollen geeinigt. Sechs Monate später ist die Bundesinnenministerin endlich bereit diesen Beschluss umzusetzen. Warum Frau Faeser sich so lange geweigert hat, bleibt unklar.“ Allerdings sei es nun gut, dass sie ihren Widerstand aufgebe. Allerdings richtete Stübgen auch eine weitere Forderung an Faeser. „Ich erwarte von Frau Faeser, dass die echten Kontrollen so lange aufrechterhalten werden, bis die Migrationslage wieder in den Griff bekommen wurde. Ob dafür zwei Monate ausreichen, wie von Frau Faeser angekündigt, sehe ich skeptisch.“

Gewerkschaft der Polizei sieht stationäre Grenzkontrollen kritisch

Kritik an der Maßnahme kam aber auch vonseiten der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Der GdP-Vorsitzende der Bundespolizei, Lars Wendland, rechnete angesichts der festen Kontrollen an der deutsch-polnischen Grenze nicht mit einer deutlichen Senkung illegaler Migration. Mindestens 90 bis 95 Prozent der Migranten, die über die Grenze kämen, stellten einen Asylantrag, so Wendland. Sie könnten damit nicht abgewiesen werden. „Von daher wird das, was alle hoffen, nicht einsetzen.“

Ein Mann wird am Mittwochmorgen vor der Grenze zurückgewiesen.
Ein Mann wird am Mittwochmorgen vor der Grenze zurückgewiesen. © Funke Foto Services | Sergej Glanze

An diesem Morgen an der Stadtbrücke in Frankfurt (Oder) liegt er zumindest vorübergehend falsch. Gegen 10.15 Uhr macht einer der Polizisten auf einen einzelnen Mann auf der Stadtbrücke aufmerksam. Er trägt eine weiße Jacke und einen Beutel. Noch vor dem Grenzübertritt nach Deutschland fangen ihn die Bundespolizisten ab. Der Mann gibt ihnen Papiere in einem Umschlag. Es dauert einige Minuten bis sie ihn den Weg nach Polen zeigen, dann begleiten sie ihn wenige Meter zurück über die Stadtbrücke. „Ihn haben wir zurückgeschickt“, sagt einer der Polizisten.