Der Erfolg der AfD hat auch damit zu tun, dass die Konkurrenz es nicht schafft, über Migration zu sprechen, ohne die Partei zu stärken.
Es gibt politische Mechanismen, die lassen sich immer wieder beobachten. Am Beispiel der Landtagswahlen in Bayern und Hessen etwa dieser: Alle sprechen über Migration, und am Ende profitiert nur die AfD.
Kein anderes Thema dominierte die bundesdeutsche Debatte in den vergangenen Wochen so stark wie die Frage, wie umzugehen sei mit Menschen, die nach Deutschland kommen (wollen), wie viele es sein sollen und welche, und wie häufig sie in deutschen Zahnarztpraxen zu finden sind.
Und unterm Strich stehen zwar keine Antworten darauf, aber ein neues westdeutsches Rekordergebnis der AfD in Hessen, und mehr Stimmenzugewinne als bei allen anderen Parteien in Bayern. Die neuen Wählerinnen und Wähler für eine Partei, die immerhin der Bundesverfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall führt, kamen aus allen Lagern, viele hatten vorher gar nicht gewählt.
Die aktuellen Erfolge der Partei nur mit den Folgen dieser Debatte zu erklären, greift zwar zu kurz. Schließlich steigt die Zustimmung zur AfD in Umfragen im Bundestrend schon seit dem vergangenen Herbst, als Migration auf der Agenda noch deutlich weiter unten stand. Blickt man allerdings auf die Zahlen in Bayern und Hessen, sieht man, dass sich eine echte Dynamik für die Partei erst in den Monaten vor der Wahl entwickelt hat, als Deutschland begann, wieder vermehrt über die Zahlen von Geflüchteten zu diskutieren.
Nicht über Migration reden ist auch keine Lösung
Für alle, die kein Interesse haben, dass sich dieser Trend fortsetzt, bedeutet das eine Zwickmühle. Denn einfach nicht über Migration zu sprechen ist keine Möglichkeit. Die Kommunen, die nicht mehr wissen, wie sie Menschen unterbringen, das Bildungssystem, das an die Grenzen seiner Integrationsfähigkeit gerät, nicht zuletzt die Tausenden, die jedes Jahr im Mittelmeer sterben – nichts davon lässt sich wegignorieren, auch wenn es die Verantwortlichen eine ganze Weile lang versucht haben. Schließlich kennen auch sie den Zusammenhang zwischen Schlagzeilen über Migration und Wahlergebnissen für die AfD.
Wie hoch die AfD noch steigen kann, wird sich deshalb auch daran entscheiden, ob die politische Konkurrenz einen Weg findet, über Lösungsansätze in diesem Bereich zu diskutieren, ohne dabei jedes Mal der AfD Wind in die Segel zu pusten. Ob und wie das geht, ist offen. Man ahnt aber, dass Tiraden über Zahnversorgung kein Teil der Lösung sind.