Berlin. Deutsche und Franzosen können sich nicht auf einen Kampfpanzer einigen. Verteidigungsminister Pistorius geht rüstungspolitisch fremd.
Der Vorzeigepanzer der Bundeswehr, der Leopard 2, ging 1978 in Serienproduktion. Mit einer Modernisierung ist es nicht mehr getan. Ein Nachfolger muss her.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) dringt auf Entwicklung und Beschaffung, planmäßig mit Frankreich. Zuletzt wurde aber eine Alternative bekannt: eine Partnerschaft mit Spanien, Italien und Schweden.
Kampfpanzer: Pistorius setzt Frankreich unter Druck
Fährt Deutschland zweigleisig? Für die Franzosen wäre es irritierend. "Wir waren davon auch sehr überrascht", räumt SPD-Verteidigungspolitiker Wolfgang Hellmich im Gespräch mit dieser Redaktion ein. Lesen Sie auch: Ukraine-Video verblüfft: Panzer schlägt Russen in die Flucht
Es geht um das so genannte Main Ground Combat System (MGCS), übersetzt: Hauptbodenkampfsystem. Es besteht seit 2012, im Juni 2018 schreiben beide Regierungen ihre Kooperation fest. Seither kommt das Projekt kaum voran. Die Ablösung des Leopard 2 ab 2035 verzögert sich.
Streit über Panzerung, Bewaffnung, industrielle Führung
Das Alternativprojekt mit Schweden, Italienern und Spaniern stellt das Bundesverteidigungsministerium als Initiative der Unternehmen und reines Forschungsprojekt dar. Pistorius beteuert, dass er weiter zu MGCS stehe. Und: "Die beiden Projekte ergänzen sich." Aber klar ist: Jetzt hat er einen Plan B.
Ende nächster Woche ist Pistorius in Paris. Am 9. und 10. Oktober steht in Hamburg eine deutsch-französische Regierungsklausur an: Zwei Gelegenheiten, um die Gegensätze zu klären.
Die Franzosen machen Abstriche bei der Panzerung
Dem Vernehmen nach streiten Deutsche und Franzosen über Panzerung und Hauptbewaffnung. Die Deutschen legen Wert auf größten Schutz. Die Franzosen wünschen sich nach dem Vorbild ihres Kampfpanzers Leclerc ein mobileres Fahrzeug; leicht, im Zweifel weniger stark gepanzert.
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Die Kanone von Rheinmetall gilt laut Hellmich als Standard. "Die beste Technologie möge sich durchsetzen", hat sich Hellmich gedacht. Heute räumt er ein, "das war ein frommer Wunsch." Da gehe es um "rüstungspolitische Interessen".
Plan B hätte eine Isolierung Frankreichs zur Folge
Es geht um Know-how, um Standorte und Arbeitsplätze, um die industrielle Führung. "Solcher Streit ist programmiert, wenn zwei Staaten sagen: Wir machen halbe-halbe bei dem Projekt, verteilen die Entwicklung aber auf zwei deutsche und ein französisches Unternehmen“, erläuterte im "Spiegel" Frank Haun, CEO der Rüstungsschmiede KNDS, einer Holding von Krauss-Maffei Wegmann und des französischen Konzerns Nexter, die MGCS entwickeln soll.
Hinzu kommt, dass Deutsche und Franzosen ein Kampfflugzeug der nächsten Generation entwickeln wollen. Kippt ein Projekt, bedroht es womöglich auch das andere. Tatsächlich gibt es zwischen beiden einen Zusammenhang. Es war verabredet, dass die Deutschen das Panzerprojekt anführen, die Franzosen die Entwicklung beim Kampfflugzeug.
Rüstungsindustrie hat für die "Ampel" einen höheren Wert
Die Rüstungsfirmen Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall würden kaum ein Bündnis mit Partnern aus Italien, Spanien und Schweden eingehen ohne Rückendeckung von Pistorius und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Seit dem Ukraine-Krieg haben die Modernisierung der Truppe und die Stärkung der Rüstungsindustrie für die Ampel-Regierung einen höheren Stellenwert.
Europäisch sind beide Projekte, Nato-tauglich auch, wiewohl Schweden noch nicht zum Bündnis gehört. Auch die deutschen Unternehmen sind die selben in beiden Projekten.
"Die Hoffnung stirbt immer zuletzt"
Regierungssprecher Steffen Hebestreit klingt, auf das Projekt angesprochen, arg ernüchtert: "Die Hoffnung stirbt immer zuletzt.“
Pistorius' Plan B würde Frankreich isolieren. Die Folgen machte EU-Außenpolitiker David McAllister (CDU) in einem Interview klar: Die Außenwirkung in und über die EU hinaus wäre "verheerend". Das könnte Sie auch interessieren: Putins Superpanzer wird abgezogen – Manöver gibt Rätsel auf