Moskau. Bei den Kommunalwahlen will Putin nichts dem Zufall überlassen – doch die unterdrückte Opposition hat ihre Stimme noch nicht verloren.
Große Überraschungen sind nicht zu erwarten bei den regionalen Wahlen in Russland am 10. September. Für den Kreml soll alles glatt gehen, denn die Wahlen sind ein Test für die Präsidentschaftswahl im kommenden März. Bei den Regionalwahlen werden mehr als 81.000 Kandidaten antreten. Doch die Menschen im Land interessieren sich kaum dafür – was auch am wenig kontroversen Wahlkampf liegt.
„Die Agitation wird langweiliger, sie ähnelt den Leitartikeln sowjetischer Zeitungen“, bemerkt der Politstratege Oleg Sacharow laut der Zeitung Wedomosti. Auf die Finger schauen lassen will man sich bei den Wahlen in diesem und im kommenden Jahr nicht. Das hatte bei früheren Wahlen die unabhängigen Wahlbeobachtungsorganisation Golos getan – und oft genug Manipulationen bemängelt.
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Doch Golos steht seit 2021 auf der Liste der „Ausländischen Agenten“, was deren Arbeitsmöglichkeiten drastisch einschränkt. Mehr noch: Grigori Melkonjanz, der Co-Vorsitzende von Golos, sitzt bis mindestens 17. Oktober in Untersuchungshaft. Melkonjanz wird vorgeworfen, mit einer sogenannten „unerwünschten Organisation“ zusammenzuarbeiten, dem „Europäischen Netzwerk der Wahlbeobachtungsorganisationen“.
Nawalny: „Wählt kein Mitglied von ‘Geeintes Russland’“
Kremltreue Kandidatinnen und Kandidaten werden sich durchsetzen, auch wenn laut Meinungsumfragen die Zustimmung zur Kremlpartei „Geeintes Russland“ von 44 auf 39 Prozent zurückgegangen ist. Bei der wichtigsten Wahl in Moskau wird Sergej Sobjanin sehr sicher Bürgermeister bleiben. Seit September 2010 ist er im Amt, eingesetzt vom damaligen russischen Präsidenten Dmitri Medwedew.
Drei Jahre später wurde Sobjanin erstmals gewählt. Sein Gegner damals war Alexej Nawalny, der immerhin 27 Prozent der Stimmen erhielt. Der Oppositionelle, derzeit im Straflager inhaftiert, hat unterdessen seine Unterstützer zur Wahl von Kandidaten aufgerufen, die nicht der Kremlpartei angehören. „Wählt einen Kandidaten, der nicht Mitglied von Geeintes Russland ist, da gibt es viele gute“, so Nawalny.
Doch eine breite Opposition, die Kremlchef Putin gefährlich werden könnte, gibt es längst nicht mehr in Russland. Viele Parteien stehen zur Wahl, die einzige wirkliche Oppositionspartei, „Jabloko“ – zu deutsch: „Apfel“ – hat nur wenig Chancen. Laut ihrer Website will sie „eine politische Alternative“ darstellen und kritisiert offen die Fortführung der „Spezialoperation“ in der Ukraine.
Fehlende breite Opposition, die Putin gefährlich werden könnte
Russland brauche dringend eine neue Politik, fordert „Jabloko“, „eine Politik zur Rettung von Menschenleben, zur Beendigung der Eskalation und zum Abschluss eines Waffenstillstandsabkommens, zu einem umfassenden Austausch von Gefangenen und Toten, zur Beendigung der Atomkriegspropaganda.“ Meinungsverschiedenheiten sollten gelöst werden, aber „ausschließlich mit friedlichen politischen Mitteln.“
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Dass sie sich damit nicht durchsetzen wird, das ist der Partei durchaus klar. In ihren Reihen gäbe es fähige Politiker, schreibt „Jabloko“, „aber heute kann aufgrund repressiver Gesetze und ungerechter Gerichtsentscheidungen nicht jeder von ihnen an Wahlen teilnehmen. Die Unmöglichkeit ihrer Teilnahme untergräbt auch die Legitimität der Wahlen.“
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