Berlin. Der Streit ums Heizungsgesetz hat Vertrauen gekostet, die Verunsicherung ist groß. Warum lernt die Koalition nicht aus den Fehlern?

Der Hickhack um das Heizungsgesetz hat ein Ende. Der Bundestag beschließt an diesem Freitag mit der Mehrheit der Ampel-Koalition das überarbeitete Gesetzeswerk – gut ein halbes Jahr, nachdem ein erster Entwurf aus dem Hause Habeck als vermeintlicher „Heizhammer“ einen Sturm der Entrüstung entfachte. Macht sich jetzt Erleichterung breit, wie die Koalition hofft? Wohl kaum.

Zwar sind im finalen Heizungsgesetz die gröbsten Mängel beseitigt. Das Aus für klassische Öl- und Gasheizungen kommt in vielen Fällen später. Der faktische Zwang zur Wärmepumpe ist gestrichen, die Vorgaben sind eng mit der kommunalen Wärmeplanung verzahnt. Die Richtung stimmt jetzt. Aber der vorangegangene Streit hat einen immensen Vertrauensschaden verursacht, der den Erfolg der geplanten Wärmewende für längere Zeit bremsen wird.

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Zu empörend waren die Zumutungen und die Ignoranz, mit denen Habecks Beamte im ersten Anlauf die Belastungsgrenzen der Bürger austesten wollten. Schwer geschadet haben sie zuallererst der Klimaschutzpolitik: Die verunsicherten Hauseigentümer haben auf die geplanten Verbote erst mit einem Run auf Gasheizungen reagiert, jetzt verschieben sie mögliche Investitionspläne oder blasen sie ganz ab – die Heizungsbranche fürchtet einen schweren Geschäftseinbruch.

Fatal, denn zum Umstieg auf klimafreundliche Heizungen gibt es auf längere Sicht keine Alternative, wenn die Klimaziele auch nur halbwegs eingehalten werden sollen. Viel Vertrauen hat ebenso die Regierungspolitik insgesamt eingebüßt. Der Konflikt um Heizungsverbote hat die Koalition in ihre schwerste Krise geführt, von der sie sich wohl nicht mehr vollständig erholen wird.

Christian Kerl, Politik-Korrespondent.
Christian Kerl, Politik-Korrespondent. © Funke-Mediengruppe | Privat

Es hätte der Ampel gut angestanden, nun wenigstens zur Vertrauensbildung den Gesetzesbeschluss im Bundestag besonders sorgsam vorzubereiten. Das Gegenteil ist der Fall: Von gründlicher Beratung des Heizungsgesetzes kann keine Rede sein, selbst wenn die vom Bundesverfassungsgericht im Juli erzwungene Verschiebung der Abstimmung das Schlimmste verhindert hat; auch wohlmeinende Experten erkennen in den Regelungen anhaltend viele handwerkliche Mängel.

Mehr noch: Die Ampel-Koalition wiederholt den Anfangsfehler und schreibt erstmal nur die Belastungen für Hausbesitzer fest – ohne vorher geklärt zu haben, auf welche staatliche Förderung die Betroffenen verlässlich zählen können. Umfang und Bedingungen der Investitionszuschüsse sollen erst im Nachhinein festgelegt werden. Erste Eckpunkte sind allerdings schon Grund zur Besorgnis auch für Mieter: Dass die Förderung in vielen Fällen unterm Strich geringer ausfallen könnte als bisher, dürfte die Verunsicherung noch vergrößern – zumal Wärmepumpen in der Anschaffung teurer sind als herkömmliche Öl- und Gasheizungen.

Klimaschutz-Maßnahmen müssen fair und bezahlbar sein

Nicht nur an diesem Punkt stellt sich die Frage, ob die Ampel aus dem Debakel beim Heizungsgesetz wirklich ausreichend gelernt hat. Wäre das der Fall, dann würde sie jetzt zum Beispiel nicht derart zögern, das Versprechen eines Klimageldes für alle Bürger zum Ausgleich steigender Kohlendioxid-Preise in die Tat umzusetzen.

Es reicht nicht, in klimapolitischen Sonntagsreden Kompensation und soziale Balance beim Umstieg auf C02-neutrale Technologien zu versprechen, wenn die Betroffenen im Alltag dann doch das Gefühl haben, mit den Lasten allein gelassen zu werden. Die Aufregung um das Heizungsgesetz sollte eines gelehrt haben: Klimaschutz-Maßnahmen müssen fair, zumutbar, gerecht und bezahlbar sein – oder der Klimaschutz wird scheitern.