Berlin. Die Reform des Justizministers im Namensrecht soll Minderheiten und Scheidungskinder mehr Rechte geben. Der SPD reicht das noch nicht.

Wenn Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) über das Namensrecht in Deutschland spricht, nennt er es „so flexibel wie Beton“ und so „zeitgemäß wie ein Kohleofen“. Nun will sein Ministerium das Namensrecht reformieren – und gibt Familien beim Doppelnamen mehr Möglichkeiten sowie hier lebenden Minderheiten wie den Friesen und Dänen mehr Rechte. Auch junge Erwachsene sollen künftig selbst entscheiden können, welchen Namen der Eltern sie annehmen möchten. An diesem Mittwoch will das Bundeskabinett das neue Namensrecht beschließen.

Ein aktueller Gesetzentwurf liegt unserer Redaktion exklusiv vor. Neu sind zwei Aspekte. Erstens, volljährige Menschen können einmalig selbst entscheiden, welchen Namen der Eltern sie annehmen wollen. Ein Beispiel: Der 21 Jahre alte Leon May ist Sohn von Paul May und Maria Sommer. Er findet aber den Namen der Mutter schöner und hat zu ihr auch eine engere Bindung. Leon kann seinen Namen dann in Leon Sommer ändern.

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Eine solche sogenannte öffentlich-rechtliche Namensänderung ist bisher nur bei der Verwaltungsbehörde möglich, wenn gewichtige Gründe vorliegen, etwa wenn eine Person aufgrund des Namens gemobbt wird, oder auch der Name zu oft vorkommt und immer wieder eine Verwechslung eintritt. Nun will die Bundesregierung den Weg frei machen für schnellere Namensänderungen bei Volljährigen – durch eine Erklärung beim Standesamt. Möglich ist in dem Beispielfall dann auch, dass Leon einen Doppelnamen annimmt, also etwa May-Sommer.

Mehr Rechte für die Namenstraditionen bei Dänen und Friesen in Deutschland

Zweitens: Mehr Rechte sollen künftig auch Angehörige von bestimmten anerkannten nationalen Minderheiten in Deutschland bekommen. So gibt es in Dänemark die Tradition, dem Kind den Familiennamen des Großvaters bei einem Doppelnamen voranzustellen. Ein Beispiel auch hier: Marta Brodersen will ihrer Tochter Kerstin den Namen des Opas mitgeben, Albertsen. Kerstin heißt dann Albertsen Brodersen.

Marco Buschmann (FDP): Das Namensrecht ist bisher „flexibel wie Beton“.
Marco Buschmann (FDP): Das Namensrecht ist bisher „flexibel wie Beton“. © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Ähnlich ist es bei den Friesen in Deutschland. Dort leitet sich traditionell der Geburtsname vom Vornamen des Vaters ab. Heißt der etwa „Jan“, ist der Nachname des Kindes „Jansen“ – ein sogenanntes Patronym. Bisher sind beide Varianten nach deutschem Recht nicht möglich. Die Regierung will das nun ändern, und so die Rechte und Traditionen der Minderheiten stärken. Möglich soll auch ein „Matronym“ sein – also eine Ableitung vom Mutternamen in der friesischen Familie. Bekannt war bereits, dass auch die sorbische Minderheit an der Grenze zu Tschechien mehr Rechte erhält, um ihre Namenstraditionen fortzuschreiben.

Gesetz tritt ab Mai 2025 laut Plan der Regierung in Kraft

Das geplante Gesetz soll im Mai 2025 in Kraft treten, damit Ämter ausreichend Zeit haben, sich auf die Änderungen im Recht vorzubereiten und die IT-Technik anpassen können. Sie gelten wie bisher nur für deutsche Staatsangehörige. Der Regierungsentwurf hält fest, dass derzeit das Namensrecht gerade im internationalen Vergleich „sehr restriktiv“ sei und „den Bedürfnissen von Familien nicht mehr gerecht“ werde.

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Die zentrale Neuerung in der geplanten Reform ist bereits bekannt. Sie ermöglicht erstmals die Wahl eines einheitlichen Doppelnamens für Eheleute und deren gemeinsame Kinder – als zusätzliche Option. Wenn also Jens Maier und Svea Ernst heiraten, dürfen beide den gemeinsamen Namen Maier-Ernst oder etwa Ernst-Maier aussuchen, auch ohne Bindestrich. Und: Haben verheiratete Paare noch keinen Ehenamen bestimmt, sollen sie das jederzeit nachholen können.

Einfacher soll der Weg auch für Scheidungskinder werden

Auch Kinder der Eheleute können den gemeinsamen Doppelnamen als Geburtsnamen erhalten, das gilt sogar, wenn es eine eingetragene Lebenspartnerschaft ist – und auch dann, wenn die Eltern bisher keinen gemeinsamen Ehenamen bestimmt und ihre Namen behalten haben. Allerdings sind Namensketten (Großkopf-Müller-Schmidt) aus drei oder mehr Namen weiterhin in der Regel nicht möglich. Und auch eine Zusammenlegung von Doppelnamen, etwa in Ernstmaier, geht weiterhin nicht.

Eine junge Frau sitzt auf einer Decke am Teich vor dem Wasserschloss Wittringen.
Eine junge Frau sitzt auf einer Decke am Teich vor dem Wasserschloss Wittringen. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Einfacher soll der Weg auch für Scheidungskinder werden. Ein Fall: Justus Hahn und Anna Vogel heiraten. Der gemeinsame Name ist Vogel, auch für Tochter Jette. Als die Ehe geschieden wird, betreut Justus ausschließlich die Tochter, und sie wohnt bei ihm. Während der Vater heute unkompliziert seinen Namen zurückändern kann, ist das für Jette nur über einen aufwendigen Verwaltungsakt möglich. Die Regierung will das nun vereinfachen.

SPD will Namensänderung auch bei Diskriminierung erleichtern

Steht Vater Justus Hahn das Sorgerecht für Jette zu und leben sie gemeinsam in einem Haushalt, reicht eine Erklärung beim Standesamt – und Jette heißt Hahn. Vorausgesetzt die Mutter willigt in diesem Fall ein, oder ein Familiengericht beschließt, dass eine Namensänderung dem Wohl des Kindes dient. Ist Jette schon älter als fünf Jahre, muss auch sie zustimmen. Auch für Stiefkinder sieht das geplante Gesetz Erleichterungen vor.

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Beim Koalitionspartner SPD stößt der Vorstoß aus dem Haus von Justizminister Buschmann auf Zustimmung. „Einen echten Doppelnamen für die ganze Familie wählen zu können, ist ein kluger Beitrag zur Gleichberechtigung“, sagte die rechtspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Bundestag, Sonja Eichwede, unserer Redaktion. „Im parlamentarischen Verfahren werden wir uns zudem für die Herabsetzung der Hürden für eine Namensänderung bei Diskriminierung einsetzen.“

In diesen Fällen litten die Betroffenen derzeit noch unter zu hohen Anforderungen, so Eichwede. Das betrifft etwa Menschen türkischer Abstammung, die aufgrund ihres Nachnamens bei der Wohnungssuche oder Berufswahl ausgegrenzt werden. Sie sollen laut Wunsch der SPD künftig leichter etwa einen deutschen Nachnamen annehmen können: Aus Yildiz wird dann Meier. Für eine solche Reform, etwa von Yildiz zu Müller oder Schmidt, müsste allerdings das öffentlich-rechtliche Namensrecht geändert werden. Und dafür ist nicht der Justizminister zuständig – sondern das Bundesinnenministerium. Dort sitzt SPD-Politikerin Nancy Faeser.