Berlin. Immer mehr Unternehmen in Deutschland setzen auf Feel-Good-Manager – auch um Angestellte aus dem Homeoffice wieder ins Büro zu locken.

Wenn Katharina Krause morgens ins Büro kommt, checkt sie zuerst, ob die Süßigkeitenschublade gut gefüllt und der Kühlschrank mit den Lieblingsgetränken der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bestückt ist. Anschließend überprüft sie, ob alle Arbeitsplätze aufgeräumt und sauber sind und die Technik funktioniert. Erst danach fährt sie ihren Laptop hoch, um ihre E-Mails zu checken. Krause arbeitet als Office- und Feel-Good-Managerin bei einer Vertriebsberatung aus Berlin.

Feel-Good-Manager machen einen Job, der in Deutschland immer noch eine Seltenheit ist – auch wenn eine wachsende Zahl von Unternehmen solche Positionen schafft. Dennoch, sagt die 39-Jährige, ernte sie oft fragende Blicke, wenn sie erzählt, was ihr Beruf ist. „Meine Eltern haben bis heute nicht ganz verstanden, was ich eigentlich mache“, sagt sie lachend. „Sie würden wahrscheinlich sagen: Sie kümmert sich um das Büro und organisiert ganz tolle Partys.“

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Tatsächlich ist ihr Aufgabenfeld deutlich vielfältiger. „Mein Ziel ist es, eine dauerhafte Wohlfühlkultur für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schaffen“, erzählt Krause. Dass das Arbeitsumfeld im Büro stimme, sei ein Teil davon. „Die Menschen sollen in ein sauberes, einladendes Büro kommen. Niemand fühlt sich wohl, wenn das Equipment nicht funktioniert“, sagt sie. Jeden Monat gebe es zudem ein kleines Highlight, auf das sich die Belegschaft freuen könne – gemeinsames Kochen in der Mittagspause etwa oder ein Picknick nach der Arbeit.

Feel-Good-Managerin: „Ich bin natürlich auch eine Vertrauensperson“

Zum Wohlbefinden der Angestellten gehöre aber noch deutlich mehr, sagt sie. Zum Beispiel das Thema mentale Gesundheit. Hierfür habe das Unternehmen eine Guideline für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entwickelt, die unter anderem dabei helfen soll, mit Stresssituationen umzugehen. Wenn jemand Hilfe oder eine Ansprechpartnerin brauche, könne die Person auch immer zu ihr kommen, sagt Krause. „Ich bin eine Vertrauensperson, auch wenn das so nicht in meinem Arbeitsvertrag steht.“

Katharina Krause ist Feel-Good-Managerin.
Katharina Krause ist Feel-Good-Managerin. © FUNKE Foto Services | Sergej Glanze

Um zu prüfen, ob ihre Arbeit wirkt, macht Krause regelmäßig Umfragen unter den Mitarbeitenden. Sie stellt dann solche Fragen wie: Wie geht es dir aktuell? Gibt es etwas, das dir Sorgen bereitet? Was würdest du dir wünschen? Bisher seien die Rückmeldungen immer positiv gewesen, erzählt Krause. „Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass die Menschen das Gefühl haben, dass sich das Unternehmen für ihr Wohlbefinden interessiert.“

Eigentlich ist Krause ausgebildete Grafikdesignerin. Ins Feel-Good-Management sei sie eher zufällig reingerutscht, erzählt sie. Gut mit Menschen umgehen zu können und in der Lage zu sein, ihnen zuzuhören, gehöre zu den Grundvoraussetzungen für den Job. Aber auch Kreativität und Organisationstalent seien wichtig – sowie natürlich eine gute Kommunikationsfähigkeit.

Zahl der Feel-Good-Manager in Deutschland im vierstelligen Bereich

Inzwischen kann sich jeder offiziell zur Feel-Good-Managerin oder zum Feel-Good-Manager ausbilden lassen – unter anderem bei „Goodplace“. Fünf Monate dauert die berufsbegleitende Ausbildung. Über 300 Feel-Good-Managerinnen und Manager hat die Akademie nach eigenen Angaben inzwischen ausgebildet. Insgesamt schätzt die „Goodplace“-Gründerin und Geschäftsführerin Monika Kraus-Wildegger die Zahl der Feel-Good-Manager in Deutschland auf einen niedrigeren vierstelligen Bereich, Tendenz steigend.

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Neben einer Akademie bietet „Goodplace“ auch Beratung und Community-Management an. Anstatt von Feel-Good-Managern spricht Kraus-Wildegger jedoch lieber von Feel-Good-Kultur-Gestaltern. Denn es gehe in dem Job nicht nur darum, sich um die Mitarbeitenden in einer Firma zu kümmern, sondern es werde eine ganz neue bedürfnisorientierte Unternehmenskultur geschaffen.

Feel-Good-Management kann die Leistung der Mitarbeitenden verbessern, glaubt ein Psychologe.
Feel-Good-Management kann die Leistung der Mitarbeitenden verbessern, glaubt ein Psychologe. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Kraus-Wildegger sieht das Feel-Good-Management als Teil der Entwicklung in Richtung einer neuen Arbeitswelt. „Ein Mitarbeiter ist nun mal ein Mensch und seine Arbeitszeit ist Lebenszeit“, sagt die „Goodplace“-Gründerin. Das würden mittlerweile auch immer mehr Unternehmen verstehen. Eine Ursache für den Wandel sieht sie auch in der Pandemie. „Das soziale Miteinander ist viel wichtiger geworden“, sagt sie

Psychologe: Unzufriedene Mitarbeitende erbringen schlechtere Leistung

Auch der Sozialpsychologe Dieter Frey, der an der Ludwig-Maximilians-Universität in München unter anderem zu den Themen Führung und Motivation forscht, beobachtet einen Wandel der Arbeitskultur – angetrieben durch die Generationen Y und Z. „Besonders bei diesen Generationen sind Wohlbefinden, ethische Grundsätze, Persönlichkeitsentwicklung, Teamverständnis sowie gutes Betriebsklima wichtiger als die reine Bezahlung“, sagt Frey. Insofern spiele auch das Wohlbefinden eine große Rolle.

Feel-Good-Manager könnten durchaus positive Auswirkungen auf die Mitarbeitenden haben, glaubt der Psychologe. „Es ist empirisch belegt, dass unzufriedenere Mitarbeiter auch schlechtere Leistung und Qualität erbringen, denn Unzufriedenheit demotiviert und bringt die Menschen in die innere Kündigung.“ Qualität und Leistung der Mitarbeitenden müssten den gleichen hohen Stellenwert haben wie Wohlbefinden und Arbeitszufriedenheit, sagt Frey. Erst dann ließen sich wissenschaftlich positive Auswirkungen beobachten – und erst dann könnten Feel-Good-Manager auch etwas bewirken.

In der Berliner Unternehmensberatung, in der Katharina Krause arbeitet, ist sie zu einem wichtigen Teil des Teams geworden. „Das schönste Lob ist es für mich eigentlich, wenn das Büro voll ist“, sagt sie. Obwohl das Unternehmen die Möglichkeit zum Homeoffice bietet, fahren viele Mitarbeitenden gerne zur Arbeit – auch wegen Krause. „Als ich kürzlich aus dem Urlaub zurückgekommen bin, waren alle ganz froh, dass ich wieder da war“, erzählt sie.

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