Washington. Joe Bidens Wutausbrüche verunsichern Mitarbeiter. Einige glauben, der Präsident solle sein Temperament während des Wahlkampfs zeigen.
Den amerikanischen Wählern ist US-Präsident Joe Biden (80) als der liebenswerte und verständnisvolle "Onkel Joe" vertraut, der gern seinen Vater zitiert und Geschichten aus seiner Jugend erzählt. Hinter der Fassade des warmherzigen Opas verbirgt sich aber offenbar ein Hang zu Wutanfällen, die viele Mitarbeiter so stark einschüchtern, dass sie es vermeiden, dem Präsidenten allein zu begegnen.
Wie die Nachrichtenwebsite "Axios" unter Berufung auf zahlreiche Mitarbeiter berichtet, gehören Schreianfälle und profane Redewendungen bei dem Präsidenten zur Tagesordnung. Sie sind nicht spontan und unvorhersehbar, sondern vielmehr in der Form eines Kreuzverhörs, bei dem er Berater zur Rede stellt. Demnach brüllt er nicht selten "How the fuck don't you know this?", zu Deutsch "Wie zur Hölle weißt Du das nicht?", wenn ein Stabsmitglied in einem politischen Thema nicht sattelfest ist. Will Biden ungestört sein, schreit er "Get the fuck out of here!", also "Raus hier, verdammt nochmal, verschwindet!".
Wutanfälle von Biden seien ein Zeichen der "Wertschätzung"
In ein positiveres Licht rücken seine loyalsten Vertrauten das Temperament des Präsidenten. Sie erinnern daran, dass im Gegensatz zu anderen Politikern viele Berater seit Jahrzehnten zu ihm halten. Auch seien die Wutausbrüche in Wirklichkeit nicht ein Zeichen von Verachtung, sondern vielmehr der Tatsache, dass er die Meinung anderer schätzt. "Wenn er darauf verzichtet, jemanden anzuschreien, dann ist dass ein Zeichen dafür, dass Biden ihn nicht respektiert", so ein Stabsmitglied im Weißen Haus.
Gegenüber Jeff Zients, seinem früheren Sonderbeauftragten für den Kampf gegen die Corona-Epidemie, soll der Präsident komplett die Fassung verloren haben, weil es an den notwendigen Tests fehlte, als sich die Omikron-Variante des Virus ausbreitete. Auch soll seine frühere Pressesprecherin Jen Psaki ihm nach der Amtseinführung gesagt haben, "ich werde wissen, Herr Präsident, dass wir eine gute und vertrauensvolle Beziehung haben, wenn sie mich das erste Mal anschreien". Darauf musste Psaki, die mittlerweile als Journalistin bei dem Nachrichtensender MSNBC arbeitet, offenbar nicht lange warten.
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Sollte Präsident Biden sein Temperament für den Wahlkampf nutzen?
Während einige in Bidens Ausbrüchen ein Zeichen für mangelnde Selbstbeherrschung sehen, betonen andere, dass diese seinen Hang zu Perfektion unterstreichen und beweisen, dass er ein durchsetzungsstarker Manager ist. An der Wertschätzung für seine Mitarbeiter ändere der rabiate Umgangston nichts, meinen sie und verweisen darauf, dass Jeff Zients, während der Corona-Krise ein Blitzableiter für den Präsidenten, mittlerweile zu seinem Stabschef befördert wurde.
Unterdessen diskutieren Berater darüber, ob Biden lernen sollte, sein schwankungsanfälliges Temperament während des bevorstehenden Wahlkampfs zu beherrschen. Immerhin meint Umfragen zufolge eine klare Mehrheit der US-Bürger, dass er zu alt sei, um weitere vier Jahre im Amt zu bleiben. Im Falle einer Wiederwahl würde er mit 82 Jahren seine zweite Amtsperiode beginnen. Einige Mitarbeiter meinen, dass ihm besser damit gedient wäre, den Ausbrüchen gelegentlich freien Lauf zu lassen. Schließlich würde der Präsident damit tatkräftiger und energischer wirken und könne dem Image des schläfrigen, älteren Herren entgegenwirken, der zu müde und schwach für die mächtigste Position im Lande ist.
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