Rom. Italiens Regierungschefin besetzt Schlüsselpositionen des einflussreichen TV-Senders RAI mit Gefolgsleuten. Die Opposition schäumt.

Die Presse ist Italiens Ministerpräsidentin Georgia Meloni ein Dorn im Auge. Begegnungen mit Journalisten vermeidet sie am liebsten. Wenn es um die Vorstellung ihrer Regierungspläne geht, bevorzugt die Rechtspopulistin kurze Videos statt Pressekonferenzen. Die Kommunikation ist in der Ära der Post-Faschistin Meloni streng kontrolliert.

Mehr und mehr zeigt sich, dass die erste Frau an der Spitze der italienischen Regierung eine klare politische Agenda hat. Sie ist fest entschlossen, dem Land ihren Stempel aufzudrücken. In der Debatte, wie rechts das Kabinett in Rom wirklich ist, bestärken die Personalentscheidungen die Befürchtungen jener, die vor einem Kulturwandel in Italien warnen.

Italien: Meloni greift nach der Fernsehmacht

Nach dem Vorbild des Ex-Premiers Silvio Berlusconi, der zur Umsetzung seiner politischen Pläne ein TV-Imperium aufgebaut hatte, greift Meloni entschlossen nach der Fernsehmacht. So besetzt sie Schlüsselpositionen bei der öffentlich-rechtlichen TV-Anstalt RAI mit Gefolgsleuten. Mit mehr als 12.500 Angestellten, einem Marktanteil von rund 36 Prozent und einem Jahresbudget von mehr als 2,5 Milliarden Euro ist RAI ein Koloss in Italiens Fernsehsystem.

Die Senderfamilie bekam kürzlich einen neuen Chef, Roberto Sergio, der einen neuen Geschäftsführer einsetzte, Giampaolo Rossi. Dieser wiederum hatte sich zuvor als Anhänger von Russlands Präsident Wladimir Putin hervorgetan. Zuletzt sagte Meloni, sie wolle die RAI „von einem intoleranten Machtsystem befreien“ – dem der Linken.

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Italien: Journalisten und Moderatoren kehren RAI den Rücken

Die RAI rückt nach rechts. Viele Top-Medienleute wollen nicht mehr mitmachen und gehen. Mehrere prominente Journalisten und Moderatoren hat der öffentlich-rechtliche Sender in den vergangenen Wochen verloren.

Der Abgang der der Linken-Ikone Bianca Berlinguer, Starmoderatorin der populären Sendung „Cartabianca“ schlug hohe Wellen. Vor allem, weil die Tochter des verstorbenen charismatischen Chefs der Kommunistischen Partei Italiens (PCI), Enrico Berlinguer, ausgerechnet zum Konkurrenten Mediaset wandert. Dabei handelt es sich um die TV-Gruppe des vor kurzem verstorbenen ehemaligen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi, für den die „Kommunisten“ stets ein rotes Tuch waren.

Bianca Berlinguer ist nicht die Einzige, die vor der inzwischen ironisch „Tele-Meloni“ genannten RAI flüchtet und sich eine andere Fernseh-Heimat sucht. Auch RAI-Chef Carlo Fuortes, der von der Premierministerin zum Rücktritt gedrängt wurde, hat das Handtuch geworfen. Die alte RAI-Führung verkörpere ein vergangenes Italien, kritisierte Meloni. Sie begreife nicht, dass sich mit der Wahl der Rechtsparteien im vergangenen September auch die „vorherrschenden kulturellen Modelle“ geändert hätten.

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Opposition schäumt und sieht die Vielfalt in der Berichterstattung gefährdet

Weitere TV-Aushängeschilder wie Fabio Fazio und Lucia Annunziata, die den Sozialdemokraten nahestanden, haben den Sender verlassen. Ihre Verträge mit RAI wurden von der neuen Führung nicht verlängert. Die Starjournalistin Annunziata verabschiedete sich nach fast 30 Jahren. Sie teile nichts von der Arbeit der Regierung, weder deren Inhalte noch deren Methoden, polterte sie in einem Statement. Für eine weitere Zusammenarbeit gebe es keine Grundlage. Kurz vor Annunziata hatte bereits Luciana Littizzetto, ebenfalls ein bekanntes Fernsehgesicht, ihren Abschied von der RAI bekannt gegeben.

Die Abgänge haben ein starkes Echo ausgelöst. Der Pluralismus der Berichterstattung sei in Gefahr, warnt die Opposition. Die Rechtsregierung sei dabei, die öffentlich-rechtliche TV-Anstalt in ein „Fernsehen des Regimes“ umzuwandeln. Die RAI verliere hochqualifizierte Fachleute, infolge der Kündigungswelle verarme der staatliche Rundfunk. „Wir sind beunruhigt, weil die Regierung die Besetzung von Spitzenpositionen bei der RAI forciert. Es ist bedenklich, dass es an einer strategischen Perspektive mangelt. Die Regierung ist nur vom Wunsch getrieben, das öffentliche Fernsehen zu kontrollieren“, wetterte zuletzt Oppositionschefin Elly Schlein.

Fotostrecke- Die beliebtesten Regionen in Italien

Die Toskana gehört nicht nur zu den bekanntesten, sondern auch zu den  meistbesuchten Reisezielen innerhalb Italiens.
Die Toskana gehört nicht nur zu den bekanntesten, sondern auch zu den meistbesuchten Reisezielen innerhalb Italiens. © IMAGO / Panthermedia
Wen vor allem die Mode nach Italien zieht, ist in der Lombardei am besten aufgehoben. Diese Region ist eine der reichsten des Landes, vor allem auf die prunkvolle Hauptstadt Mailand wird oft ein besonderes Augenmerk gelegt.
Wen vor allem die Mode nach Italien zieht, ist in der Lombardei am besten aufgehoben. Diese Region ist eine der reichsten des Landes, vor allem auf die prunkvolle Hauptstadt Mailand wird oft ein besonderes Augenmerk gelegt. © IMAGO / imagebroker
Die größte Insel im Mittelmeer, Sizilien, gehört ebenfalls zu den beliebtesten Regionen Italiens.
Die größte Insel im Mittelmeer, Sizilien, gehört ebenfalls zu den beliebtesten Regionen Italiens. © IMAGO / Westend61
Apulien bildet den Absatz des geografischen italienischen Stiefels. Die Region ist besonders für ihre weißen Sandstrände bekannt.
Apulien bildet den Absatz des geografischen italienischen Stiefels. Die Region ist besonders für ihre weißen Sandstrände bekannt. © iStock / Balate Dorin
Die Region Venetien hat ebenfalls einen Hotspot, den Urlauberinnen und Urlauber besonders gerne aufsuchen: Venedig.
Die Region Venetien hat ebenfalls einen Hotspot, den Urlauberinnen und Urlauber besonders gerne aufsuchen: Venedig. © IMAGO / Jöran Steinsiek
Trentino-Südtirol ist eine Region im Norden Italiens. Hier locken atemberaubende Berglandschaften zahlreiche Touristen an.
Trentino-Südtirol ist eine Region im Norden Italiens. Hier locken atemberaubende Berglandschaften zahlreiche Touristen an. © IMAGO / CEPix
Kampanien zählt ebenfalls zu den meist besuchten Regionen des Landes. Die Region umgibt die drittgrößte Stadt Italiens, Neapel.
Kampanien zählt ebenfalls zu den meist besuchten Regionen des Landes. Die Region umgibt die drittgrößte Stadt Italiens, Neapel. © FOTOLIA | FOTOLIA
Latium wird unter anderem wegen der Hauptstadt Italiens stark besucht: Rom. Zahlreiche bedeutende Monumente und Bauwerke locken Urlauberinnen und Urlauber in die historisch und kulturell reiche Region.
Latium wird unter anderem wegen der Hauptstadt Italiens stark besucht: Rom. Zahlreiche bedeutende Monumente und Bauwerke locken Urlauberinnen und Urlauber in die historisch und kulturell reiche Region. © dpa | Virginia Mayo
Sardinien ist die zweitgrößte Insel im Mittelmeer und bekannt für ihre Strände, ihre Nuraghen-Türme und ihre Kulinarik.
Sardinien ist die zweitgrößte Insel im Mittelmeer und bekannt für ihre Strände, ihre Nuraghen-Türme und ihre Kulinarik. © IMAGO / Wirestock
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Meloni: „Italienische Kultur von intolerantem Machtsystem befreien“

Meloni sieht die Lage anders. „Ich möchte die italienische Kultur von einem intoleranten Machtsystem befreien, in dem man nicht arbeiten konnte, wenn man sich nicht zu einer bestimmten politischen Partei bekannte. Ich möchte ein leistungsorientiertes und pluralistisches Fernsehsystem, das jeden vertritt und jedem Platz einräumt, basierend auf Leistung und Verdienst“, rechtfertigte sich die Premierministerin.

Melonis Verbündeter, Lega-Vorsitzender und Vizepremier Matteo Salvini, stärkte der Regierungschefin den Rücken. Italien werde es überleben, „wenn einer dieser überbezahlten Moderatoren“ die RAI verlasse, spottete er.

Ministerpräsidentin Giorgia Meloni will nach eigener Aussage ein „leistungsorientiertes und pluralistisches Fernsehsystem“ – doch viele Journalisten kehren dem öffentlich-rechtlichen Sender RAI den Rücken.
Ministerpräsidentin Giorgia Meloni will nach eigener Aussage ein „leistungsorientiertes und pluralistisches Fernsehsystem“ – doch viele Journalisten kehren dem öffentlich-rechtlichen Sender RAI den Rücken. © AFP | WOJTEK RADWANSKI

„Giorgia Meloni und ihr Umfeld zeigen eine besorgniserregende Machtgier“, sagte dagegen der Oppositionspolitiker Stefano Graziano. Er verglich den Einfluss der Regierungschefin im öffentlich-rechtlichen Fernsehen mit jenem, den Silvio Berlusconi während seiner Amtszeit in den 1990er- und 2000er-Jahren ausübte. Der frühere Premierminister und Medienmagnat kontrollierte gleichzeitig die RAI und den größten konkurrierenden Fernsehkonzern, Mediaset, der im Besitz seiner Familie steht. „Die Besetzung von Fernsehsendern und Kommunikationsräumen war in der Tat immer eine Obsession der italienischen Rechten“, so Graziano.