Berlin. Die Wagner-Armee kämpfte bisher mit Russland gegen die Ukraine, dann aber wendete sich das Blatt kurzzeitig. Der Aufstand im Überblick.

Dramatische Szenen in Russland: Nach 16 Monaten Krieg gegen die Ukraine mussten die russischen Soldaten und Kreml-Chef Wladimir Putin zwei Tage lang aufgrund ihrer eigenen Männer zittern: Die Privat-Armee Wagner, die im Kampf gegen den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bisher Russland zur Seite gestanden hatte, wechselte die Seite und stellte sich gegen die offizielle Armee Russlands.

Die Panzer der Wagner-Gruppe fuhren Richtung Moskau. Doch nach rund einem Tag war der Aufstand beendet. Was hatte es damit auf sich? Die Lage in Russland kompakt erklärt:

Ukraine-Krieg: Wer sind die Wagner-Kämpfer?

Die Wagner-Gruppe besteht aus freiwilligen Kämpfern und sogar ehemaligen Gefangenen. Die Privat-Armee ist nicht nur im Ukraine-Krieg im Einsatz, sondern kämpft unter anderem auch in Syrien, Ländern in Afrika und Lateinamerika. Die Kämpfer gelten als besonders brutal.

Russland: Wie kam es zum Aufstand?

Jewgeni Wiktorowitsch Prigoschin, der Chef der Wagner-Guppe, erklärte am Freitag, dass seine Kämpfer nicht mehr an der Seite der russischen Soldaten kämpfen wollten, sondern gegen sie. Kurz darauf marschierten die Wagner-Kämpfer in die Millionenstadt Rostow am Don ein. Ein Teil der Privat-Armee zog auch Richtung Moskau, wo Putin regiert. Der Kreml-Chef, der lange engen Kontakt zu Prigoschin pflegte, bezeichnete den Aufstand als "Verrat".

Wagner-Armee: Wie und warum wurde der Aufstand beendet?

Prigoschin ordnete noch am Samstagabend den Rückzug an. Woher der Sinneswandel kam, war zunächst nicht klar. Der Präsident des Nachbarlandes Belarus, Alexander Lukaschenko, behauptete allerdings, er habe ihn dazu gebracht. Prigoschin sei es zudem gestattet, nach Belarus zu gehen. In Russland solle ihm keine Strafe für die Meuterei drohen. Am Montag bestätigte Prigoschin in einer Sprachnachricht, dass Lukaschenko eine wichtige Rolle bei der Vermittlung gespielt habe.

Jewgeni Prigoschin sagte am Montag in einer Sprachnachricht auf Telegram, nie einen Machtwechsel in Moskau angestrebt zu haben. "Wir sind losgegangen, um Protest zu demonstrieren, nicht um die Obrigkeit im Land zu stürzen", sagte der 62-Jährige.

Aufstand in Russland: Was bedeutet er für den Ukraine-Krieg?

Laut der russischen Führung habe der Aufstand keinerlei Auswirkungen auf den Ukraine-Krieg. Einige Fachleute sehen das allerdings anders und betonen, dass die Motivation russischer Soldaten sinken könnte. Lesen Sie dazu: So könnte Kiews nächster Schachzug aussehen

"Möglicherweise ist in den letzten 24 Stunden im inneren Machtgefüge Moskaus der erste Haarriss entstanden. Mehrere solcher Haarrisse könnten in Zukunft die gesamte Stabilität seiner Regierung beeinträchtigen", sagte FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann am Sonntag dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Lesen Sie hier den Kommentar zur Lage: Putin zeigt Schwäche, aber das verzeiht Russland nicht

CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen fügte gegenüber der "Rheinischen Post" hinzu: "Diese eineinhalb Tage haben der Autorität Putins einen schweren Schlag versetzt. Prigoschin war Putins Mann von Anfang an bis zu seiner Rolle im Krieg. Sein Putschversuch ist also wieder ein Scheitern Putins." Auch die vom Kreml angekündigte ausbleibende Strafe für Prigoschin sei ein Zeichen von Schwäche. "Putin wird sich hiervon nicht mehr erholen."

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Die Wagner-Armee war beim Angriff auf die Ukraine bisher ein wichtiger Bestandteil der russischen Armee. Ob die Privat-Armee, bestehend aus wohl mehreren Zehntausend Männern, nun weiter an der Seite Russlands kämpft, war zunächst unklar.

Dem Index "Global Fire Power" zufolge hat Russland im Juni 2023 mit insgesamt rund 830.900 aktiven Soldaten allerdings noch immer etwa viermal so viele Männer wie die Ukraine mit rund 200.000 aktiven Männern. (day/dpa)