Berlin. Der Aufstand in Russland ist ein Alptraum für Putin und der letzte Beweis: Moskau hat in diesem Krieg überhaupt nichts im Griff.
Die schnelle „Spezialoperation“, mit der Russland den ukrainischen Nachbarn überfallartig überrollen wollte, wird für Russlands Präsident Wladimir Putin nach 16 Monaten endgültig zum Alptraum. Der Kampf mit den eigenen Söldnern der russischen Wagner-Gruppe ist der letzte Beweis: Moskau hat nichts, aber auch gar nichts, in diesem Krieg im Griff.
Viel zu lange führte der militärische Autodiktat und ehemalige Lieblings-Gastronom Putins, Jewgeni Wiktorowitsch Prigoschin, im Krieg ein Eigenleben. Erst mit brutalsten, völkerrechtswidrigen Attacken seiner „Gruppe Wagner“ auf die Ukrainer. Dann mit der Rekrutierung von Schwerverbrechern, die er als Kanonenfutter in die ukrainischen Linien trieb. Und zuletzt mit maßloser Kritik an der regulären russischen Armee.
Wie ein Troll aus der eigenen Bot-Fabrik inszenierte sich Prigoschin in seinen Videos, sogar neben einem Stapel blutiger Leichen russischer Soldaten, und bedrohte Putins handverlesene Militärführer: „Ihr sitzt in euren teuren Clubs, eure Kinder genießen ein gutes Leben und drehen Videos für YouTube. Wer uns keine Munition gibt, wird in der Hölle bei lebendigem Leibe aufgefressen!“
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Putin ist zu schwach, um Ordnung in den eigenen Reihen zu schaffen
Es ist ein absolutes Rätsel, warum Putin Prigoschin so lange gewähren ließ. Andere Verräter waren schon längst geflohen oder aus dem Fenster „gestürzt“. Kritik an der Militärführung, an der Taktik, an Verteidigungsminister Schoigu trifft immer den Präsidenten selbst, und Prigoschins Ausfälle lassen nur einen Schluss zu: Der Präsident ist zu schwach, um Ordnung in den eigenen Reihen zu schaffen.
Auch wenn Moskau den Aufstand Prigoschins und seiner Legionäre mit großer Härte beenden wird, ist der Präsident schwer beschädigt. Vor aller Welt ist demonstriert: Nicht einmal die eigenen Leute hat Putin im Griff. Gepanzerte Fahrzeuge in Moskau, die die Hauptstadt gegen einem Putschversuch sichern sollen, sind Putins Offenbarungseid.
Der Aufstand setzt eine beispiellose Reihe von politischen und militärischen Fehlleistungen fort, die mit einer Lindwurmparade russischer Schrottpanzer begann, die es mangels Versorgung und taktischer Organisation kaum nach Kiew geschafft hatte.
Die angebliche Übermacht Russlands, dokumentiert mit High-Tech-Waffen bei den Maifeiern auf dem Roten Platz, erinnert aktuell immer mehr an die bunten Pappdörfer von Fürst Potjemkin, mit denen der liebesblinde Galan seine Zarin beeindrucken wollte.
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Prigoschins Kampfansage: Jetzt muss Putin ein Exempel statuieren
Die fehlende Strategie und unzureichende militärische Mittel waren leider kein großer Vorteil für die überfallenen Ukrainer. Russland versucht seine Defizite mit maximaler Brutalität und Hemmungslosigkeit wettzumachen. Mit einer marodierenden Soldateska, die auch Zivilisten erschießt und Zielen, die man besonders leicht trifft: Wohnblöcke der Ukrainer und große Einrichtungen der Infrastruktur.
Für den Oligarchen Prigoschin, der im russischen Knast sozialisiert wurde, bedeutet diese späte Kampfansage aus Moskau nichts Gutes. Putin muss, will er nicht selbst stürzen, an ihm ein Exempel statuieren, und das ist das Todesurteil für den Söldnerchef. Nur wenn das Militär in Massen zu ihm überlaufen sollte, gäbe es für ihn eine Chance zum Überleben. Dann wäre aber auch Wladimir Putin Geschichte und die Welt hätte mit einem Hochleistungskriminellen im Kreml das nächste große Problem.