Essen. Die Gladbecker Firma SL Naturenergie will mehr Windräder bauen. Geschäftsführer Milan Nitzschke erklärt, warum der Lärmschutz in den Fokus rückt.
Investoren werden häufig mit offenen Armen empfangen. Das Gladbecker Windkraft-Unternehmen SL Naturenergie hat in den vergangenen Jahren allerdings oft auch andere Erfahrungen gemacht. Bürgermeister hätten gesagt: „Bitte bei uns nicht.“ So erzählt es Milan Nitzschke, der Geschäftsführer des Unternehmens, im Podcast „Die Wirtschaftsreporter“. Gerade dort, wo es noch keine Windräder gegeben habe, sei „sofort Widerstand“ aufgekommen. Mittlerweile biete sich aber ein anderes Bild. Blockaden seien gefallen. Es setze sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass Windenergie benötigt werde und auch die NRW-Landesregierung einen Ausbau befürworte.
Innerhalb von etwas mehr als 20 Jahren hat sich das Unternehmen SL Naturenergie zu einem bedeutenden Akteur der Windkraft-Industrie in NRW entwickelt. Der Gladbecker Klaus Schulze Langenhorst, der auch heute noch Inhaber ist, nahm 1996 auf dem Hof seiner Eltern seine erste Windenergie-Anlage in Betrieb. Vier Jahr später gründete er sein Unternehmen. Derzeit gehören zur SL-Naturenergie-Gruppe Unternehmensangaben zufolge rund 55 Beschäftigte und mehr als 170 Anlagen mit über 350 Megawatt Leistung – vor allem Windräder, aber auch Photovoltaik. Sämtliche Standorte befinden sich in NRW, unter anderem in Bottrop, Recklinghausen und Marl sowie am Niederrhein, im Münsterland und im Sauerland.
Sieben bis acht Jahre für den Bau eines Windrads
Geschäftsführer Nitzschke sieht noch viel ungenutztes Potenzial für Windräder an Rhein und Ruhr. „Wir brauchen hier im Land NRW schnellstmöglich mehr Strom“, sagt er. SL Naturenergie sei bereit, den Anlagenpark deutlich auszuweiten. Gebremst werde das Unternehmen aber weiterhin durch Bürokratie und lange Genehmigungsverfahren. „Wir brauchen sieben bis acht Jahre von der Idee, ein Windrad zu bauen, bis dahin, dass wir es wirklich ans Netz bringen“, berichtet Nitzschke. „Das ist viel zu lang.“
Die Landesregierung von Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) steht beim Thema Windkraft unter Druck. Denn: Im Koalitionsvertrag hat Schwarz-Grün im vergangenen Sommer versprochen, bis zum Jahr 2027 landesweit 1000 zusätzliche Windräder bauen zu lassen. Im ersten Halbjahr lag der Zubau aber gerade einmal bei 44 neuen Anlagen mit zusammen 200 Megawatt Leistung – kaum mehr als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum, als die CDU noch mit der FDP regierte.
Sein Unternehmen achte darauf, dass Bürger und Gemeinden, in denen Windräder entstünden, auch direkt profitieren könnten. So sichere SL Naturenergie unter anderem zu, Gewerbesteuern aus Windkraft-Anlagen
„zu 95 Prozent mindestens vor Ort“ zu zahlen. Eine weitere Möglichkeit sei, Stadtwerke auch direkt an den Windrädern zu beteiligen. Für Bürger gebe es zudem die Möglichkeit, Windrad-Projekte aus der Nachbarschaft als Geldanlage mit einer Mindestverzinsung zu nutzen.
„Klimaschutz ist Artenschutz“
Zuweilen werde auch der Artenschutz als Argument missbraucht, um den Bau von Windkraft-Anlagen zu verhindern. Dabei geht es unter anderem um Vögel wie Uhus, Rotmilane oder Schwarzstörche. „Klimaschutz ist Artenschutz“, hält Milan Nitzschke mit Blick auf die Windkraft entgegen, durch die schließlich klimaschädliches Kohlendioxid vermieden werde. „Die Arten sterben nicht, weil sie irgendwo gegen Windräder fliegen, sondern sie sterben, weil sich die klimatischen Bedingungen verändern und sie deswegen ihre Nahrungsräume und Lebensräume nicht mehr finden“, sagt Nitzschke.
NRW habe beim Ausbau der Windenergie erheblichen Nachholbedarf, kritisiert der Manager. Das habe auch mit der Politik der schwarz-gelben Landesregierung zu tun, die im vergangenen Jahr von Schwarz-Grün abgelöst worden ist. Ein zwischenzeitlich von der CDU-FDP-Regierung eingeführter Mindestabstand für Windrad-Projekte zu Wohngebieten habe dazu geführt, dass Projekte „von einem Tag auf den anderen tot“ gewesen seien, berichtet Nitzschke rückblickend.
In der Praxis sei nun insbesondere der Lärmschutz ausschlaggebend, wenn es um die Realisierung von Vorhaben gehe. Eine bestimmte Lautstärke dürfe dort, wo Menschen wohnen, nicht überschritten werden. Ankommen dürfe noch ein Geräusch, das ähnlich wie beim Betrieb eines „leisen Kühlschranks“ sei. Damit könnten Windräder auf etwa 500 oder 800 Meter an Wohnbebauung heranrücken.