Rom. Acht Jahre Haft hat Francesco Schettino noch vor sich. Doch ein besonderer Antrag des „Costa Concordia“-Kapitäns könnte das nun ändern.

Es war eine der größten Katastrophen der Kreuzfahrt-Geschichte: Vor 13 Jahren sank die „Costa Concordia“ vor der italienischen Insel Giglio. 32 Menschen – darunter 12 deutsche Passagiere – starben. Als Schuldiger wurde Kapitän Francesco Schettino zu 16 Jahren Haft verurteilt und inhaftiert.

Seit 2017 sitzt der 63-Jährige im römischen Hochsicherheitsgefängnis Rebibbia, nun hat Schettino eine sogenannte bedingte Entlassung beantragt. Ein solcher Antrag ist möglich, wenn ein Straftäter die Hälfte der im Urteil verhängten Freiheitsstrafe – mindestens jedoch drei Monate – verbüßt hat. In diesem Fall kann er aus der Haft entlassen werden, wenn anzunehmen ist, dass er nicht wieder straffällig wird. Ein Gericht wird am 4. März über Schettinos Antrag entscheiden.

„Costa Concordia“: Kapitän soll Passagiere im Stich gelassen haben

Ein Rückblick: Die „Costa Concordia“ hatte am 13. Januar 2012 die Mittelmeerinsel Giglio erreicht. Aus purer Angeberei hatte Schettino mit dem Luxusliner so nah wie möglich an Giglios Felsenküste vorbeifahren wollen, um den Hafen zu „grüßen“. Doch das ging schief. Das Kreuzfahrtschiff rammte einen Felsen und sank.

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Die Costa Concordia war 2012 vor der italienischen Insel Giglio auf einen Felsen gelaufen und gesunken. © AFP | ANDREAS SOLARO

Schettino wurde später vor allem dafür heftig kritisiert, die „Costa Concordia“ als einer der Ersten verlassen zu haben, statt auf dem Schiff zu bleiben und die Evakuierung der Passagiere zu organisieren. Er begründete die Tatsache, dass er Tausende verzweifelte Menschen an Bord des Schiffes zurückgelassen hatte, damit, in ein Rettungsboot „gerutscht“ zu sein.

Schettino war schon mehrmals mit Anträgen gescheitert

Seit seiner rechtskräftigen Verurteilung sitzt Schettino im Gefängnis, wo er ein Jura-Studium begonnen hat. Die Zeit verbringt er angeblich mit Pingpong-Spielen und Meditation. „Ohne Meditation hätte ich es hier nicht ausgehalten“, berichtete Schettino seinem Verteidiger. Außerdem schreibt er für ein internes Blatt der Strafanstalt.

In der Zwischenzeit kämpft Schettino um seine Rehabilitierung – bisher ohne Erfolg. 2023 hatte er seinen Prozess zuletzt neu aufrollen lassen wollen. Zur Unterstützung des Antrags wurden neue Beweise vorgelegt: Laut dem von der Verteidigung eingereichten Guthaben, liege „die eigentliche Schuld am Kentern und Sinken der ‚Costa Concordia‘“ bei einem defekten Notstrom-Aggregat und undichten Türen am Schiff. Der Oberste Gerichtshof in Rom lehnte den Antrag auf Neuverhandlung jedoch ab.

Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg hatte im Juli 2022 einen entsprechenden Antrag des Kapitäns abgelehnt. Anwalt Saverio Senese hatte behauptet, sein Mandant könne nicht allein für die Havarie verantwortlich gemacht werden. Der Prozess gegen Schettino sei zudem von einer heftigen Medienkampagne gegen seinen Mandanten schwer beeinflusst worden. Nach der Havarie war er mitunter als „Kapitän Feigling“ verspottet worden.

Insel gedenkt Betroffenen: „Vergessen die Todesopfer nicht“

Anders sehen die Lage die Anwälte der Passagiere. Die meisten Überlebenden aus Deutschland hatten ein Schadenersatzangebot über 14.000 Euro pro Person angenommen. Viele brauchten jahrelang, um die traumatischen Erlebnisse zu verarbeiten. „Es war wie auf der Titanic“, berichteten Überlebende.

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Seit dem Unglück findet jährlich am 13. Januar eine Gedenkzeremonie auf der Insel Giglio statt. Von einem Boot aus wird ein Blumenkranz ins Meer geworfen. „Nach 13 Jahren blickt die Insel Giglio in die Zukunft, vergisst aber die Todesopfer nicht“, erklärte Giglios Ex-Bürgermeister Sergio Ortelli, der zum Zeitpunkt der Katastrophe im Amt war, in diesem Jahr. Er hatte in der Unglücksnacht die Kirche und das Rathaus der Insel geöffnet, um den Überlebenden Hilfe zu leisten. Die Einheimischen hatten Passagiere bei sich aufgenommen und ihnen Decken und Kleidung zur Verfügung gestellt.

Das Wrack der „Costa Concordia“ wurde 2013 im Rahmen einer mehrmonatigen Bergungsaktion aufgerichtet und zwecks Verschrottung nach Genua geschleppt. Es sei eine Pflicht der Insel Giglio, die Erinnerung an die Tragödie wach zu halten, so der einstige Bürgermeister Ortelli.