Berlin. Henry Hübchen schlüpft erneut in die Rolle eines alternden Ex-DDR-Agenten. Hier verrät er, was privat seine größten Hürden des Alters sind.

Henry Hübchen ist eine der Schauspielikonen Ostdeutschlands. In der Kinokomödie „Kundschafter des Friedens“, deren zweiter Teil am 23. Januar in die Kinos kommt, parodiert er dieses Image als alternder Ex-DDR-Agent. Auch persönlich hat der 77-jährige Schauspieler einen sehr selbstironischen Blick auf sich selbst – ob er über das Thema Altern oder seine Passion für die Faulheit spricht.

Im zweiten Teil Ihrer Erfolgskomödie absolvieren Sie einen Einsatz auf der Revoluzzer-Insel Kuba. Haben Sie persönlich einen Sinn für die Revolution?

Henry Hübchen: Ich denke schon. Revolution bedeutet ja Veränderung.

Was war denn die spannendste Veränderung der letzten Zeit?

Hübchen: Die erleben wir ja alle – und damit meine ich die sehr prekäre Lage der Welt. Und ich kann nur sagen, ich bin nicht der Auffassung, dass man mit Waffen noch mehr Frieden schaffen kann. Dieses Thema berührt mich.

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Welche Veränderungen gab es denn bei Ihnen persönlich?

Hübchen: Ich bin nicht jünger geworden, aber ich möchte keine Zahlen wissen. Auf jeden Fall bin ich heute schon wieder einen Tag älter.

Henry Hübchen über Sport: „Ich brauche einen Antreiber“

Genießen Sie es dann, dass Sie in so einem Film einen früheren Agenten spielen und gewissermaßen den alten Actionhelden geben dürfen?

Hübchen: Ich genieße es, zu arbeiten. Jochen Falk, mein Filmcharakter, hat Ansprüche, denen er nicht mehr genügt. Das ist der Rollenansatz.

Szene aus „Kundschafter des Friedens“: Henry Hübchen sitzt mit einer Zigarre auf einem Bett.
Schauspieler Henry Hübchen schlüpft in „Kundschafter des Friedens 2“ wieder in die Rolle des Ex-DDR-Agenten Jochen Falk. © picture alliance/dpa/Majestic | -

Haben Sie selbst Ansprüche, denen Sie gerne genügen würden?

Hübchen: Ich würde gerne mehr Sport machen. Aber dass ich das nicht tue, liegt nicht am Alter, sondern an meiner Faulheit. Dabei könnte ich meine Spaß- und Erlebnisfähigkeit durchaus steigern, wenn ich mich nicht auf der Wohlstandscouch räkeln würde.

Aber Sie sagten, dass Sie Veränderungen mögen.

Hübchen: Ja, aber der Gedanke ist das eine, und die Tat das andere. Ich habe da zwei Seelen in meiner Brust. Ich brauche einen Antreiber. Auch Leistungssportler können nicht ohne einen Trainer, obwohl die 200 Jahre jünger als ich sind.

Es könnte doch auch eine Person in Ihrem Privatleben, vielleicht Ihre Partnerin, so eine Rolle spielen und Sie antreiben?

Hübchen: Das funktioniert nicht. Der Gedanke wird zwar erwähnt, aber man hält mir nicht den Revolver vor die Brust.

Henry Hübchen findet soziale Medien problematisch

Gibt es denn in der heutigen Welt außer den schon erwähnten Konflikten Veränderungen, mit denen Sie Ihre Probleme haben?

Hübchen: Ich finde es problematisch, wenn sich alle nur in den sozialen Medien bewegen, auf dem digitalen Marktplatz, und auf Marktplätzen geht es nun einmal roh zu. Das war schon im Mittelalter so. Da wurde gestritten, gekämpft und geköpft. Aber ich treibe mich da nicht herum.

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Was machen Sie dann, wenn Sie auf Ihrer Wohlstandscouch sitzen?

Hübchen: Ich lese Zeitung, genauer gesagt, E-Paper. Dabei habe ich festgestellt, dass ich in letzter Zeit den Spruch „Wir sind Demokraten“ so oft gehört habe, wie noch nie in meinem Leben. Offenbar betont man das so, weil man sich seiner Sache nicht mehr so sicher ist und das etikettieren möchte.

„Ich habe eigentlich immer wieder mal die Nase voll“

Der Film dreht sich um die reale Ernst-Thälmann-Insel vor Kuba. Würden Sie sich am liebsten in so ein Refugium zurückziehen?

Hübchen: Die Zivilisation hat schon ihre Vorteile, aber wenn ich auf einer Insel mit Zentralheizung sitzen könnte, hätte ich nichts dagegen. Ich habe eigentlich immer wieder mal die Nase voll. Das Problem ist, dass man diese Insel erst mal finden und so umbauen muss, damit es Zentralheizungen gibt.

Henry Hübchen bei der Filmpremiere von „Kundschafter des Friedens 2“ in Berlin.
Henry Hübchen ist gebürtiger Berliner. © picture alliance / Geisler-Fotopress | Christian Behring/Geisler-Fotopr

Sie könnten ja andere Leute den Umbau machen lassen. Hätten Sie das Talent, Chef und Antreiber zu sein?

Hübchen: Das weiß ich nicht. Ich habe ab und zu Regie geführt, da war ich so eine Art Direktor. Aber in der Regel bin ich Schauspieler, und da bin ich nur für mich verantwortlich. Hab keine Entscheidungskompetenz über das Ganze.

Schauspieler Henry Hübchen: „Ich empfinde mich nicht als stark“

Es gibt ja womöglich die wahren Chefs. Im Film fällt der Satz „Am Ende gewinnt immer die Dame“. Sind nach Ihrer Erfahrung Frauen stärker als Sie?

Hübchen: Ich habe in meinem Umfeld Frauen, die alle stark sind, meine Töchter zum Beispiel. Ich empfinde mich nicht als stark. Da begebe ich mich gerne in die Befehlsempfängerhaltung.

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Offenbar nur nicht, wenn es um das Thema Fitness geht. Da verweigern Sie sich …

Hübchen: Sagen wir es so, ich war immer faul. Auch schon, als ich Theater gespielt habe. Schauspieler ist ein ganzkörperlicher Beruf. Irgendwann wurde es immer schwerer, aber es ging irgendwie. Und solange es immer noch ging, habe ich eben nicht trainiert. Und jetzt geht es auch noch irgendwie. Eher interessiert es mich, spielerisch zu zeigen, dass es nicht mehr geht, so wie in „Kundschafter des Friedens 2“. Aber privat geht es doch noch besser als im Film.

Finden Sie es nicht ungerecht, dass man im Alter so viel Lebenserfahrung gesammelt hat, aber eben nicht mehr so viel Kraft besitzt, um sie umzusetzen oder auszunutzen?

Hübchen: Das stimmt. Aber es fehlt nicht nur die Kraft, sondern vielleicht auch der Elan und die Lust. Der Antrieb wird geringer. Aber vielleicht sagt man sich auch, gerade weil man viel kapiert hat: „Jetzt mal nicht übertreiben. Früher oder später trinkt jeder Wurzelpeter.“