Taipeh/Berlin. Karolin Wingers Taiwan-Urlaub sollte ein Abenteuer werden. Doch durch Super-Taifun Kong-rey wurde es deutlich größer als geplant.

  • Deutsche Touristin erlebt in Taiwan größten Tropensturm seit knapp 30 Jahren
  • Die Straßen waren fast menschenleer, Bäume umgeknickt – Karolin Winger aber noch unterwegs
  • So erlebte die Deutsche den Tropensturm: „Habe Angst gehabt“

Aktuell folgt ein Tropensturm dem nächsten. Nach Trami ist es nun der Supertaifun Kong-rey, der auf den Philippinen, aber auch in Taiwan wütet. Der Sturm erreichte laut Wetteramt Pagasa Windgeschwindigkeiten von bis zu 195 Kilometern pro Stunde und Böen von sogar bis zu 240 Kilometern pro Stunde. Taiwan hatte eine landesweite Warnung ausgesprochen – ebenfalls vor Ort und betroffen, eine Deutsche aus Magdeburg.

Karolin Winger ist seit Montag in der ostasiatischen Inselrepublik. Ihr Partner ist hier dienstlich eine Woche eingespannt. Diese Gelegenheit packte sie beim Schopf, um, wie so oft, alleine die Welt zu erkunden. Danach planen die beiden eine dreiwöchige gemeinsame Rundreise durch das Land. Es sollte ein spannender Urlaub werden, mit vielen neuen Eindrücken. Nun wurde es deutlich aufregender als geahnt.

Auch interessant

„Ich habe im Vorfeld noch gesagt, dass ich gerne mal ein ganz kleines Erdbeben miterleben würde“, erzählt Karolin im Gespräch mit dieser Redaktion. Bei ihr vor Ort ist es da gerade kurz vor 22 Uhr und sie sitzt mittlerweile trocken in ihrem Hotelzimmer. „Naja, Karma – nun habe ich eine Naturkatastrophe bekommen“, sagt sie mit einem Schmunzeln. „Be careful what you wish for.“

Taiwan: Taifun in der besten Reisezeit

Immerhin: Karolin ist aktuell noch in der Nähe von Taipeh im Norden des Landes und damit weit weg vom Auge des Sturms. „Was ich aber merkte: der Regen und der Wind nahmen immer mehr zu“, berichtet Karolin. „Noch völlig im Jetlag schrieb mir mein Vater am Dienstag, ob wir denn etwas vom Tropensturm mitbekommen hätten.“ Hatte Karolin Winger bis dahin tatsächlich nicht.

Als sie sich im Internet schlau machte, hatte sich der angekündigte tropische Wirbelsturm Kong-rey bereits zu einem mittelschweren Taifun ausgeweitet. Mit Taifun Gaemi im Juli und Krathon Anfang Oktober waren dieses Jahr bereits zwei Stürme in Taiwan auf Land getroffen – jeweils mit mehreren Todesopfern. Jetzt Kong-rey, der größte Taifun, der Taiwan in den letzten knapp 30 Jahren getroffen hat. Landesweit hat er nach aktuellen Informationen großen Schaden angerichtet. Laut Nachrichtenagentur dpa wurden mehr als 1.400 Zwischenfälle wie Straßenschäden, umgestürzte Bäume oder Schlammlawinen gemeldet. Von mindestens zwei Toten und mehr als 500 Verletzten ist die Rede.

Auf Taiwan sind die Spuren von Supertaifun Kong-rey deutlich sichtbar. Es war der größte Taifun der vergangenen knapp 30 Jahre.
Auf Taiwan sind die Spuren von Supertaifun Kong-rey deutlich sichtbar. Es war der größte Taifun der vergangenen knapp 30 Jahre. © AFP | -

„Beeindruckend fand ich, wie man via Google Maps verfolgen konnte, wo der Taifun gerade ist und wie seine voraussichtliche Strecke sein wird“, erzählt Karolin. „Und vor allem: wann er auf Land trifft.“ Sie hatte sich und ihren Partner vor der Reise in die Krisenvorsorgeliste ELEFAND eingetragen, eine elektronische Erfassung Deutscher im Ausland, organisiert über das Auswärtige Amt. Dabei habe sie jedoch vorsorglich eher an ein Erdbeben gedacht als an einen Taifun. 

Auch interessant

Eigentlich sei September bis November eine der besten Reisezeiten für Taiwan, da hier im Sommer Monsunzeit ist, resümiert Karolin. „Dass sich ein Taifun so spät im Jahr und dann noch in dieser Stärke entwickelt, ist also sehr ungewöhnlich.“ Und dass Kong-Rey als starker Taifun eingestuft wurde, habe man am Donnerstag selbst im Norden bemerkt, berichtet die Magdeburgerin. „Der Wind war wirklich heftig. An das normale Touriprogamm war nicht zu denken.“ Die meisten Geschäfte seien geschlossen gewesen, auf Videos von ihr sieht man fast menschenleere Straßen und umgeknickte Bäume.

Karolin Winger
Die Straßen sind auch im Norden von Taiwan nahezu menschenleer, während der Sturm immer heftiger wird. Am Ende schafft es auch Karolin Winger noch zurück ins Hotel. © privat | Karolin Winger

Taifun Kong-rey – Hotelmitarbeiter beruhigte die Touristin: „no worrys“

Tagsüber, bevor der Taifun auf Land traf, war Karolin aber noch in der Stadt unterwegs, ging erst in ein Café, dann ins Kino, das zu ihrem eigenen Erstaunen tatsächlich geöffnet war. Sie wollte den Urlaubstag nicht ganz verlieren, wie sie selbst sagt. „Auf dem 15-minütigen Fußweg habe ich mich noch dem Wetter entgegenstellt“, berichtet sie. Als sie sich an einer Kreuzung kurz unter einem Vordach unterstellen wollte, ergoss sich ein ganzer Schwall Wasser über ihren Kopf. Klatschnass ging es weiter. Wasser lief ihr aus den Haaren über das Gesicht. „Es klapperte und knallte andauernd, weil immer irgendwo eine Stange locker war.“ Die Angst, dass sie etwas am Kopf treffe, sei immer mitgeschwungen, erinnert sich Karolin an das flaue Gefühl im Magen. „Ich habe mir daher selbst versprochen, dass ich mir auf dem Heimweg ein Taxi bestelle.“

Karolin hatte Glück im Unglück, denn nach dem Kino hatte sich die Situation weiter verschärft. „Nach mehreren Versuchen klappte es endlich und ein Uber-Fahrer nahm meine Fahrt an.“ Die Restaurants waren alle geschlossen. Früh hatte sie noch besorgt und inklusive Sprachbarriere beim Hotelpersonal angefragt, ob sie sich besser mit Essen und Trinken eindecken solle. Es hieß „no worrys“. „Zum Glück hatte ich mir am Vortag Reste vom nicht geschafften Abendessen einpacken lassen“, erzählt Karolin. Die habe sie entspannt und sicher mit einer Serie auf Netflix im Bett gegessen, während draußen die Ausläufer des Sturms durch die Straßen fegten.

Auch interessant