Berlin. Eine Hamburgerin reist mit ihren Zwillingen um die Welt. Was die Alleinerziehende dabei erlebt und was sie anderen Eltern empfiehlt.
Gequengel im Flieger, Magen-Darm-Verstimmungen und Kinderbespaßung statt Entspannung am Pool – diese Aussichten schrecken manche Eltern so sehr ab, dass sie auf weite Reisen verzichten, bis der Nachwuchs aus dem Gröbsten raus ist. Vor allem, wenn die Verantwortung ganz auf einem allein lastet. Annjana Engler-Sass sieht das anders. Ihre erste Reise allein mit ihren Zwillingen unternahm sie, als die beiden gerade drei Jahre alt waren. Zielort: Brasilien.
„Ich möchte meinen Kindern die Welt zeigen“, so die Hamburgerin. Frankreich, Portugal, Gran Canaria, Dänemark und immer wieder Fehmarn – die Liste der Orte, die die 36-Jährige mit ihren mittlerweile acht Jahre alten Zwillingen bereist hat, ist lang. „Unsere erste Reise zu dritt entstand mehr oder weniger aus der Not heraus“, erzählt Annjana, die als Managerin bei einer Bank tätig ist. Ihr Ex-Mann und sie hatten sich getrennt und die damals 30-Jährige wollte über den Winter gern surfen, so wie sie es immer getan hatte. Zeitweise hatte sie deshalb mit ihrem Ex-Mann auf den Kanaren gelebt, wo sie sich kennengelernt hatten. Dort sei sie auch bereits temporär auf sich gestellt gewesen und war es von daher gewohnt, mit den Zwillingen, damals noch Babys, auf Tour zu sein.
Hamburgerin reist mit Zwillingen um die Welt
„Die Welt ist so viel größer als das, was wir hier kennen. Man erweitert jedes Mal seinen Horizont und lernt, dass man, auch wenn man Respekt vor einer Situation hat, am Ende damit klarkommt.“ Respekt – den kann man schon haben, wenn man als Alleinerziehende reist und alle Verantwortung auf einem lastet. Genauso wie die Last der vielen Koffer. „Auf unserer letzten Tour nach Bali bin ich nach 24 Stunden Reisedauer, und drei Zwischenstopps mit unseren vier Taschen gelaufen“, sagt Annjana. Doch diesmal konnten die Jungs wenigstens auf ihren eigenen Füßen stehen, ihre Rucksäcke tragen und es gab kein Sperrgepäck. In der Regel sei ihr aber immer Hilfe beim Tragen angeboten worden.
Inzwischen ist die 36-Jährige schon geübt, was das allein Reisen angeht: „Gerade bei den logistischen Dingen wird man mit der Zeit besser. Inzwischen gucke ich jedes Mal vorab, wo ein Arzt ist, falls die Kids krank werden und wo man Anschluss mit Gleichgesinnten hat.“ Surfurlaub sei dafür perfekt; der Sport verbinde und bringe Menschen mit denselben Interessen zusammen. „In den südlicheren Ländern sind die meisten Menschen sehr kinderlieb, wie ich finde“, sagt Annjana, „ich habe da eigentlich immer Unterstützung von den Einwohnern bekommen.“ Urlaub in Resorts oder auf Campingplätzen, wo man in Kontakt mit anderen Eltern und Müttern kommt, helfe dabei Anschluss zu finden. „Mit ein bisschen Glück können sich Eltern hier gegenseitig unterstützen.“
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Alleinerziehende: „Uns schweißt das noch mehr zusammen“
Einmal habe ihr ein Nachbar aus dem Gran Canaria-Urlaub Decken für die Kinder geliehen, ein anderes Mal habe sie ein Bekannter aus dem Urlaub ins Krankenhaus gefahren, als einer ihrer Söhne sich verletzt hatte. „Er ist dort die ganze Nacht mit uns geblieben.“ Am Ende hatte ihr Sohn nur eine Schnittwunde und sei mit einem Pflaster entlassen worden. Was man in so einer Situation als Mutter macht? „Ich komme mit Extremsituationen gut klar“, sagt die 36-Jährige. Oft finde sie kurzfristig sogar bessere Lösungen als bei langer Planung; mit Kindern sei es ohnehin besser, die Dinge auf sich zukommen zu lassen. Ein komplett durchgetakteter Urlaub, bei dem jeden Tag neue Menüpunkte auf der Tagesordnung stehen, das funktioniere nicht mit Kindern.
Die gemeinsamen Reisen zeigen ihren Jungs, wie unterschiedlich Menschen auf der Welt leben und mache sie selbstständig. Die Zwillinge würden immer noch stolz von ihrem letzten Urlaub auf Bali erzählen. Das sei aber noch nicht alles. „Gemeinsame Reisen verbinden“, sagt Annjana Engler-Sass. Nach 24 Stunden ohne Schlaf, in denen alle durchaus mal gereizt seien, lerne man, Rücksicht aufeinander zu nehmen und am selben Strang zu ziehen. Im Urlaub könne die kleine Familie zudem all das nachholen, was sonst teilweise zu kurz kommt. Zu Hause haben die drei einen stressigen Alltag. „Beim gemeinsamen Reisen sind wir die ganze Zeit so eng zusammen, dass uns das noch mal mehr zusammenschweißt“, sagt die Bankerin, „wir sind dann noch mehr Team.“
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