Berlin. Haustiere: Braucht der Hund eine Therapie? Oder die Katze eine Zahnspange? Immer mehr Tierhalter sagen: Ja. Das sind die Zahlen.

Hat ihr Hund krumme Zähne? Und trotzdem keine Spange? Dann dürfte es Ihnen wohl gehen wie der Mehrheit der Haustierbesitzer und -besitzerinnen im Land. Doch aktuelle Zahlen zeigen: Immer mehr würden ihrem Tier auch eher ungewöhnliche Behandlungen zugutekommen lassen.

Wie ernst die Deutschen die Gesundheitsvorsorge für ihre Haustiere nehmen, zeigt eine aktuelle Studie der „Uelzener Versicherungen“. Befragt wurden mehr als 1.100 Hunde- und Katzenbesitzer in Deutschland. Demnach gehen 76 Prozent der Tierhalter mit ihren Vierbeinern regelmäßig zum Gesundheitscheck; über 80 Prozent lassen ihre Tiere regelmäßig impfen und entwurmen.

Spezialisten auch für Haustiere: Ein wachsender Trend

Neben allgemeinen Vorsorgemaßnahmen sind auch spezialisierte Behandlungen auf dem Vormarsch. 82 Prozent der Befragten lassen ihre Tiere regelmäßig impfen, während 55 Prozent auch Zahnstein entfernen lassen. So weit, so normal.

Doch: 43 Prozent sind sogar bereit, eine Zahnspange für ihr Haustier in Betracht zu ziehen. Spezialisten wie Tierpsychologen und Tierorthopäden werden immer häufiger in Anspruch genommen. 94 Prozent der Befragten würden für Operationen eine spezielle Tierklinik in Betracht ziehen.

„Wir haben Evidenz darüber, dass sehr viel mehr und sehr viel intensivere Untersuchungen an Haustieren stattfinden als noch vor zehn bis zwanzig Jahren. Da sind wir in Deutschland auch nicht allein mit“, erklärt Dr. Thomas Steidl, Fachtierarzt für Kleintiere und stellvertretener Vorsitzender des Ausschusses der Bundestierärztekammer für Kleintiere, unserer Redaktion.

„Immer mehr alte Menschen haben Haustiere, wir haben ganz andere soziale Situationen, keine Großfamilien mehr. Alleinstehende Menschen freuen sich, wenn sie noch ein Kaninchen oder eine Katze zuhause haben, anstatt allein zu sein“, sagt Dr. Steidl. „Schon vor 20–30 Jahren hat es sich verändert, dass die Haustiere zu Familienangehörigen geworden sind.“

Um ihre Haustiere gut abgesichert zu wissen, schließen immer mehr Menschen entsprechende Policen ab: 70 Prozent der Halter halten eine Tierkrankenversicherung für wichtig oder sehr wichtig. „Dank guter Ernährung und medizinischer Vorsorge erreichen viele Hunde und Katzen ein hohes Alter. Mit der Lebenserwartung steigt aber auch das Risiko altersbedingter Erkrankungen – hohe Tierarztkosten inklusive“, so Felix Garlipp von den „Uelzener Versicherungen“.

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Befragung: Tiergesundheit oft teuer

Und das kann teuer werden, denn ein Tierarztbesuch ist oft alles andere als günstig. Ohnehin leiden viele Haustierbesitzer unter hohen Kosten: 17 Prozent der Tierhalter empfinden die täglichen Aufgaben rund um ihr Tier als belastend, was zum Teil auf die steigenden Kosten zurückzuführen ist, wie eine im Oktober 2023 von infas quo im Auftrag der „DA Direkt Versicherung“ durchgeführte Befragung zeigt.

Befragt wurden im September 2023 1.409 Personen, um Erkenntnisse über die finanziellen Belastungen und die steigende Akzeptanz von Telemedizin in der Tiergesundheit zu gewinnen. Demnach geben Hundebesitzer durchschnittlich 75 Euro pro Monat für ihr Tier aus, Katzenbesitzer zahlen mit rund 59 Euro etwas weniger. Inflation und steigende Kosten für tierärztliche Behandlungen verschärfen die Situation. Für Peter Stockhorst, Vorstandsvorsitzender der DA Direkt, ist dies ein Alarmsignal für den Tierschutz, da insbesondere ältere Tiere häufig in Tierheimen landen.

Auch Dr. Steidl bestätigt den Anstieg bei den Tierarztkosten. „Grund dafür ist die Gebührenordnung, die nach 25 Jahren das erste Mal angehoben wurde. Das war notwendig, damit wir unsere Mitarbeiter besser bezahlen und reinvestieren können. Ich höre nicht, dass es sich irgendwo längerfristig auf die Versorgung der Tiere ausgewirkt hat.“

„Tierarztmangel liegt nicht an weniger Personal“

Dazu fehle es in vielen Orten an Tierärzten. „Besonders im ländlichen Raum haben wir einen deutlichen Tierarztmangel, auch in den Städten. Wir bilden genauso viele Tierärzte aus wie in den vergangenen Jahren. Allerdings wird mehr Leistung abverlangt als zuvor“, erklärt Dr. Steidl.

Dabei habe es enorm an Administration zugenommen, so der Tierarzt. „Ich muss bis zu dreißig Prozent meiner Arbeitszeit aufbringen, um Dokumente auszufüllen, die nicht nachvollziehbar sind, warum diese notwendig sind. In dieser Zeit könnte ich Tiere behandeln.“ Der Experte fordert einfachere Verwaltungsabläufe: „Der wichtigste Schritt, um den Tierärztemangel zu beheben, ist, die Papierarbeit zu verringern. Da muss sich etwas ändern.“

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