Berlin/Karlsruhe. Es ging um ein Knöllchen und 30 Euro, doch der Fall landete vor dem Bundesverfassungsgericht. Das sprach ein Machtwort – mit Folgen?
Man ist in Eile, stellt das Auto schnell ab und übersieht das Parkverbot. Schnell gibt es einen Strafzettel. Egal ob mit Absicht falsch geparkt oder nicht: Das „Knöllchen“ ist da und muss bezahlt werden. In der Regel erhält der Halter oder die Halterin des Fahrzeugs einen Brief und soll die Strafe begleichen – oder den tatsächlichen Fahrer nennen. Ein Mann aus Nordrhein-Westfalen hat sich geweigert, das zu tun und wurde zur Zahlung der Strafe verurteilt. Doch das ist verfassungswidrig, urteilte nun das Bundesverfassungsgericht und fällte damit ein „Knöllchen“-Machtwort.
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„Knöllchen“-Machtwort des Bundesverfassungsgerichts: Halter eines Autos ist nicht zwingend Täter
Denn: Der Halter eines Autos ist nicht automatisch der Täter, wenn mit dem Wagen Parkverstöße begangen werden. Dieses Prinzip haben die Richter in Karlsruhe in ihrer Entscheidung betont. Verfassungsbeschwerde hatte ein Mann eingelegt, der in Siegburg bei Köln wegen eines Parkverstoßes ein 30-Euro-Bußgeld zahlen sollte.
Dagegen hatte er sich vergeblich vor dem Amtsgericht Siegburg und dem Oberlandesgericht Köln gewehrt. Erst das Bundesverfassungsgericht sprang ihm zur Seite und hob seine Verurteilung als verfassungswidrig auf. Es liege ein Verstoß gegen das Willkürverbot des Grundgesetzes vor. Der Beschluss wurde am Mittwoch veröffentlicht.
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Wegen 30 Euro Strafe: Bundesverfassungsgericht verhandelt über angeblichen Falschparker
Das Vergehen: Ein Wagen parkte mit Parkscheibe länger als erlaubt auf einem Parkplatz in Siegburg. Die Parkscheibe war auf eine Ankunftszeit von 14.30 Uhr gestellt, um 17.35 Uhr stand der Wagen immer noch dort. Zur Frage, wer den Wagen dort abgestellt hat, schwieg der Halter. Dennoch wurde er zur Zahlung des Bußgelds verurteilt.
Das Gericht habe sich zwar das Foto des Autos angeschaut, eine weitere Beweisaufnahme habe aber nicht stattgefunden, rügten die Verfassungsrichter. Das angegriffene Urteil enthalte keinerlei Ansätze sachgerechter Feststellungen und Erwägungen zur Täterschaft. Bei Fehlen jedes weiteren Beweises dürfe aber nicht auf die Täterschaft des Halters geschlossen werden.
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Experte: „Auch bei Parkverstößen gilt das Täterprinzip“
„Auch bei Parkverstößen gilt das Täterprinzip“, sagte der Verkehrsrechtsexperte und Rechtsanwalt Christian Demuth in Düsseldorf. Das Schweigen des Beschuldigten dürfe nicht gegen ihn gewertet werden. Insofern sei die Entscheidung eine Stärkung des Prinzips der Unschuldsvermutung.
Können Falschparker also einer Strafe entgehen, indem sie behaupten, nicht selbst gefahren zu sein? Theoretisch ja, denn Angaben zum tatsächlichen Fahrer sind nicht verpflichtend. Werden diese jedoch nicht gemacht, übernimmt die Polizei die Ermittlungen. Stellt sich dabei heraus, dass wider besseren Wissen falsche Angaben gemacht wurden, drohen hohe Strafen – bis hin zu fünf Jahren Gefängnis. Das Knöllchen einfach zu bezahlen oder den Fahrer zu nennen, ist da sicher die einfachere Lösung.