Berlin. Der Sänger verrät, warum er über Jahrzehnte nur wenig Kontakt zu seiner Familie hatte und wie er heute seine Zeit verbringt.

Von Richard Wagner bis zum deutschen Schlager – René Kollo hat Fans aller Sparten der Musik begeistert. Somit gilt der Sänger inzwischen als Legende. Auf der Bühne steht der 86-Jährige aber immer noch: Am Donnerstag, 21. Dezember, wird er im Dresdner Rudolf-Harbig-Stadion beim „Großen Adventskonzert“ auftreten. Im Interview erzählt er, welche Opfer er für seine Karriere bringen musste und wie er nach dem Konzert Weihnachten feiert und das Jahr ausklingen lässt.

Wie vertraut ist Ihnen als Künstler die Stadion-Atmosphäre?

René Kollo: Ich war in meiner Karriere viel unterwegs, aber in einem Stadion war ich noch nie. Ich bin ja auch kein Fußballer. Ein erstes Bild werde ich mir bei den Vorbereitungen am Abend des 19. Dezember machen.

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Nachdem Sie schon die großen Bühnen dieser Welt gemeistert haben, kann Sie dieses Ambiente noch nervös machen?

Kollo: Ich habe, Gott sei Dank, kein klassisches Lampenfieber mehr. Aber jedes Mal, wenn man auf die Bühne geht, kann einen das beeindrucken. Man steht alleine da und weiß nicht, was wirklich passieren wird, ob in New York, Bayreuth, Tokio oder Dresden. Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt. Bei diesem Konzert werden auch drei Chöre auftreten. Das wird ganz toll.

René Kollo stellt sich noch immer neuen Herausforderungen

Dass Sie mit 86 noch als Sänger auftreten, ist eine erstaunliche Leistung. Was haben Sie gemacht, um Ihre Stimme fit zu halten?

Kollo: Eigentlich nichts Besonderes. Aber es ist richtig, in meinem Alter kenne ich kaum Sänger, speziell Tenöre, die noch stimmlich präsent sind. Ich habe 60 Jahre lang die großen Rollen gesungen, aber trotz aller Belastungen ist meine Stimme völlig in Ordnung.

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Was werden Sie in Dresden singen?

Kollo: „Oh holy night“ und „Adeste Fideles“. Das waren Ideen der Veranstaltungsfirma. Ich habe beide Sachen noch nie gesungen, aber vom Hören mag ich sie. Sie sind auch nicht leicht zu singen.

Ute Walther als Jean Horton und René Kollo als Reginald Paget 2016 bei Proben zum Stück „Quartetto“ im Renaissance Theater in Berlin.
Ute Walther als Jean Horton und René Kollo als Reginald Paget 2016 bei Proben zum Stück „Quartetto“ im Renaissance Theater in Berlin. © picture alliance | XAMAX

Danach werden Sie dann vermutlich ins Privatleben abtauchen. Wie sieht Ihr Weihnachten aus?

Kollo: Ich feiere gerne mit meinen Kindern. Dieses Jahr werden wir, wie in den vergangenen Jahren, mit sechs, sieben Leuten auf Mallorca feiern, wo ich einen schönen Wohnsitz mit Gästehaus habe. Ich werde eine große Weihnachtsgans mit Rotkohl zubereiten und meine Tochter macht Spätzle. Wir hören auch Musik. Ich lege dann zum Beispiel die Karajan-Aufnahme von Humperdincks Vorspiel zu „Hänsel und Gretel“ auf. Das gehört für mich zu Weihnachten dazu.

Ihre Tochter Nathalie ist in Ihren musikalischen Fußstapfen gefolgt. Wie haben Sie generell die Liebe zur Musik an Ihre Kinder vermittelt?

Kollo: Nur sehr wenig, weil ich zum größten Teil nicht daheim war. 40 Jahre bin ich zwischen den großen Häusern in Amerika, Japan und Europa gependelt. Da kam ich leider selten nach Hause. Aber das bringt dieser Beruf eben mit sich.

Warum René Kollo für seine Karriere viele Opfer brachte

Sie sagten einmal, dass Sie aufgrund des Wanderlebens auch wenige Freunde hatten ...

Kollo: Das ist richtig. Wenn man in dem Beruf als Sänger etwas werden will, dann ist man ein Einsiedler. Man lebt für sich alleine. Ich kann nicht mit Freunden auf die Pauke hauen und eine Flasche aufmachen, wenn ich übermorgen als Tristan auf der Bühne stehe. Als Sänger ist man ständig in einer Klausur, um abzuschalten und sich zu regenerieren, und zwei Tage später oder drei Tage später eine große Partie zu singen. Wer einmal einen anständigen Tristan gesungen hat, der weiß, wie unglaublich das ist.

An der Hamburgschen Staatsoper spielte Opernsänger René Kollo 1997 (n.v.r.) den Florestan in „Fidelio“ an der Seite von Sopranistin Hildegard Behrens als Leonore.
An der Hamburgschen Staatsoper spielte Opernsänger René Kollo 1997 (n.v.r.) den Florestan in „Fidelio“ an der Seite von Sopranistin Hildegard Behrens als Leonore. © picture alliance | Cornelia Bisagno

Kann die Erfahrung einer großen Rolle diese Opfer ersetzen? Haben Sie sich nicht manchmal ein Leben gewünscht, wo Sie bedenkenlos mit Ihren Freunden feiern können?

Kollo: Solche Momente habe ich immer noch. Zum Beispiel, wenn ich mit Leuten zusammen bin, die ich kenne und mag, in Berlin oder auf Mallorca. Aber Beruf ist Beruf, und man kann nicht wählen. Wenn man einen Plan hat, der die nächsten zwei, drei Jahre abdeckt, dann muss man den erfüllen, auch aus eigenem Interesse. Das ist selbstverständlich.

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Aber mit 86 dürften Sie sich wohl jetzt stärker als früher Ihrem Privatleben widmen ...

Kollo: Natürlich. Ich verbringe auch viel Zeit mit meinem Hund. Ich hatte im Lauf der letzten 40 bis 50 Jahre immer Hunde, alles Boxer. Seit rund fünf Jahren habe ich meinen Dackel Pico, der mich mit seiner Witzigkeit, seinem Charme und auch mit seiner Ich-Bezogenheit immer wieder überrascht. Er ist ein so süßer Kerl. Ich bin sehr froh, dass ich ihn habe.

So ist René Kollos Verhältnis zu seiner Familie

Aber Sie haben schon auch noch menschlichem Umgang?

Kollo: Na klar, ich bin gerade bei meinem Sohn in Berlin, und meine Kinder kommen mich laufend auf Mallorca besuchen. Manchmal bin ich aber eben auch mit Pico alleine, und das mag ich auch ganz gern.

René Kollo mit seiner zweiten Frau, der Tänzerin Beatrice Bouquet. Das Paar hat gemeinsam drei Kinder, Kollo ein weiteres aus erster Ehe.
René Kollo mit seiner zweiten Frau, der Tänzerin Beatrice Bouquet. Das Paar hat gemeinsam drei Kinder, Kollo ein weiteres aus erster Ehe. © picture alliance | Jörg Schmitt

Was haben Sie von Ihren Hunden gelernt?

Kollo: Man kann von Hunden Treue und Liebe lernen. Das geben die sehr gut weiter. Man sagt, man kann sich mit Hunden nicht unterhalten, aber ich kann mich immer unterhalten. Irgendwann habe ich gedacht, dass er mir antwortet. Aber er soll gar nicht antworten. Ich finde es wunderbar, wenn man ein treues Wesen an seiner Seite hat, das auch mal Ruhe gibt.

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