Madrid. Spanien bereitet sich auf den Sommer vor. Die Aussicht auf Millionen Urlauber sorgt nun auch auf Mallorca und Ibiza für Widerstand.
In keinem Land der Welt wehen so viele „blaue Flaggen“ wie an Spaniens Stränden. Genau 638 blaue Banner wurden dieses Jahr an Spanien vergeben – so viele wie noch nie. Es ist eine Anerkennung für die Qualität von Badegewässern, die dafür Kriterien wie Sauberkeit, Sicherheit und Service erfüllen müssen. Auch der Umweltschutz spielt eine wachsende Rolle: Wo Dünen, Seegraswiesen und Küstenschutzgebiete zerstört werden, dürfen die blauen Fahnen nicht mehr flattern.
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„Wir sind eine Weltmacht des Tourismus. Und wir wollen es auch bei der Nachhaltigkeit werden“, sagte Tourismus-Staatssekretärin Rosario Sánchez bei der Präsentation der Strand-Auszeichnungen in Madrid. Die Güte-Siegel werden von der Stiftung für Umwelterziehung (Adeac) vergeben. Sánchez: „Ich habe keinen Zweifel, dass die blauen Flaggen an unseren Stränden ein weiterer Anreiz für diejenigen sind, die Spanien besuchen.“
Tourismusboom in Spanien: 100-Millionen-Marke bald erreicht
Über Urlaubermangel kann sich Spanien jetzt schon nicht beklagen. Das Land, das am Mittelmeer und am Atlantik mit mehr als 8000 Kilometern Küste und 4000 Stränden lockt, war 2023 nach Frankreich das meistbesuchte Reiseziel der Erde. Mehr als 85 Millionen ausländische Touristen kamen – vor allem aus dem deutschsprachigen Raum, aus Großbritannien und aus Frankreich.
2024 werden wohl noch mehr Touristen anreisen. In den ersten drei Monaten verzeichnete Spanien bereits einen zweistelligen Besucheranstieg. Der Boom ist so gewaltig, dass bald die Marke von 100 Millionen internationalen Reisenden pro Jahr geknackt werden könnte. Dabei profitiert Spanien auch davon, dass es als sicheres Ferienland gilt – weit weg von Kriegen wie etwa in der Ukraine oder in Gaza.
Doch der Ansturm provoziert Konflikte. Auf den Kanarischen Inseln demonstrierten jüngst unter dem Motto „Die Kanaren sind am Limit” Zehntausende gegen negative Auswirkungen des Massentourismus. Zu diesen Problemen gehört, dass die Einheimischen aus ihren Heimatorten verdrängt werden, weil immer mehr Wohnraum in Ferienapartments verwandelt wird. Auch die Bauwut an der Küste und zunehmende Trinkwasserknappheit sorgen für Protest.
Proteste auf Mallorca: Einwohner gegen Massentourismus
Auf Mallorca wächst ebenfalls der Ärger. Am 25. Mai wollen Bürgerinitiativen und Umweltorganisationen in der Inselhauptstadt Palma auf die Straße gehen. „Mallorca ist nicht zu verkaufen”, heißt es im Demo-Aufruf. Mallorcas Immobilienmarkt ist der teuerste Spaniens. Der Airbnb-Boom und die große Nachfrage von Ausländern hat Kauf- wie Mietpreise explodieren lassen. Auf der Nachbarinsel Ibiza wird es den Inselbewohnern gleichfalls zu viel. Der Protest-Slogan dort: „Ibiza kann nicht mehr.”
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Mallorcas Naturschutzverband GOB verlangt eine Kurswende. Die wichtigsten Forderungen: Ein Verkaufsverbot von Immobilien an Nicht-Residenten vor dem Hintergrund, dass derzeit ein Drittel aller Wohnungen und Häuser von Ausländern erworben werden. Zudem ein Urlauberlimit, weil Strände, Straßen und Altstädte im Sommer überfüllt seien. Außerdem eine Verringerung der Urlauberflüge und Besuche von Kreuzfahrtschiffen. Und ein Ende der wenig nachhaltigen Anreise in Privatjets, die bei wohlhabenden Touristen und Prominenten in Mode gekommen ist.
Blaue Flaggen: Berühmte Strände verzichten absichtlich auf Auszeichnung
Dass Tourismus umweltverträglich sein muss, um eine Zukunft zu haben, spielt inzwischen bei der Vergabe der begehrten blauen Strand-Flaggen eine größere Rolle. Buchten, in denen nicht gegen illegale Bauten vorgegangen wird oder in denen das Ökosystem aus Strand und Dünen nicht ausreichend geschützt wird, haben keine Chance auf eine Auszeichnung. Das Gleiche gilt für Playas, an denen Besuchertoiletten und Müll-Recycling-Tonnen fehlen oder Abwässer ins Meer geleitet werden.
„Der häufigste Grund für die Nichterlangung der blauen Flagge ist, dass nicht die erforderliche exzellente Qualität des Badewassers erreicht wird“, teilte die zuständige Umweltstiftung Adeac mit. Dies müsse mit regelmäßigen Wasserproben nachgewiesen werden. „Der zweite Grund ist die Nichteinhaltung des Küstengesetzes.“ Die Umwelthürden für die Vergabe der blauen Flagge sind also höher geworden – die meisten Urlauber dürften dies danken.
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Hinzuzufügen bleibt, dass etliche berühmte Strände darauf verzichten, sich um die blauen Banner zu bewerben. Entweder, weil sie die Auflagen nicht erfüllen können, wie etwa Mallorcas Playa de Palma: Dort gab es immer mal wieder Probleme mit der Wasserqualität. Oder weil sie diese Werbung nicht nötig haben. Dies gilt zum Beispiel für Mallorcas legendären Naturstrand Es Trenc. Dort ist es ohnehin schon so voll, dass man vor lauter Handtüchern keinen Sand mehr sieht.