Washington. Ein US-Gericht hat ein Urteil gegen den Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein aufgehoben. Die Entscheidung sorgt für Empörung.
Geplant war, dass er den Rest seines Lebens hinter Gittern verbringt und ein für alle Mal aus den Schlagzeilen verschwindet. Mit der sensationellen Aufhebung eines Urteils wegen mehrerer Sexualverbrechen ist der ehemalige Hollywood Produzent Harvey Weinstein aber plötzlich wieder in der Öffentlichkeit. Ein Gericht in New York entschied, dass der Strafprozess gegen den Mann, dessen Verhalten die #MeToo-Bewegung mitverursachte - mehr als 80 Frauen hatten Weinstein sexuelle Übergriffe vorgeworfen -, mit Fehlern behaftet war. Nun will das Gericht einen neuen Prozesstermin ansetzen. Vorerst muss der 72-Jährige aber wegen eines getrennten Urteils in Kalifornien dennoch hinter Gittern bleiben.
Der Sohn eines Diamantschleifers aus dem New Yorker Stadtteil Queens hatte in der Traumfabrik Hollywood eine Bilderbuchkarriere hingelegt. Mit nur 27 Jahren gründeten Weinstein und sein jüngerer Bruder Bob das Filmstudio Miramax. Sie drehten Kassenschlager wie „Sex, Lies and Videotape“, den Kultklassiker „Pulp Fiction“ und den Film „Shakespeare in Love“, für den der ältere Weinstein mit dem Oscar als bester Filmproduzent ausgezeichnete wurde.
Auch gewann er mehrere „Tony Award“ Auszeichnungen wegen zahlreicher Broadway Hits. Weinsteins Vermögen wurde auf mehrere hundert Millionen Dollar geschätzt. Er behauptete, mit Bill und Hillary Clinton sowie dem früheren Präsidenten Barack Obama gut befreundet zu sein. Die Entertainment Welt und auch prominente Politiker lagen ihm zu Füßen.
Harvey Weinstein: Zahlreiche Prominente erhoben Vorwürfe
Dann die Wende: 2017 warfen Schauspielerinnen, Produzentinnen, Praktikantinnen und andere Weinstein vor, sie sexuell belästigt und in meheren Fällen sogar vergewaltigt zu haben. Binnen weniger Wochen hatten sich fast 80 Frauen zu Wort gemeldet und erhoben Vorwürfe, die bis in die siebziger Jahre zurückreichten.
Gwyneth Paltrow, die Hauptdarstellerin im preisgekrönten „Shakespeare in Love“, sagte, dass wenn Weinstein mit Schauspielerinnen Interviews für Filmrollen führte, „er uns zwingen würde, das eine oder andere zu machen“. Die Sängerin Courtney Love warnte aufstrebende, junge Stars, dass „wenn er Euch zu einer Privatparty in das Hotel Vier Jahreszeiten einlädt, ihr auf keinen Fall gehen sollt“.
Gericht soll 2020 „irrtümlich Zeugenaussagen zugelassen haben“
Ein halbes Jahr später verhaftete die Polizei Weinstein in New York. Es folgten fünf Anklagen wegen diverser Sexualdelikte. 2020 wurde Weinstein in zwei der Punkte schuldig gesprochen. Der Produktionsassistentin Mimi Haleyi soll er in seiner Privatwohnung 2006 Oralverkehr aufgezwungen haben. Zu einer Verurteilung kam es auch, weil Weinstein 2013 die Schauspielerin Jessica Mann in einem Hotel vergewaltigt haben soll.
Das Urteil: 23 Jahre in der Strafvollzugsanstalt Mohawk Correctional Facility in New York. Dort sitzt er bis heute und hatte am Donnerstag die leise Hoffnung, bald wieder ein freier Mann sein zu können. Sensationell entschied nämlich das zuständige Berufungsgericht mit einer hauchdünnen Mehrheit von vier zu drei, dass bei dem Prozess 2020 das Gericht „irrtümlich Zeugenaussagen zugelassen hat, die sich auf angebliche Sexualverbrechen bezogen, deren Opfer keine der Klägerinnen war und die zu keiner Anklage führten“.
Weinsten: Aufhebung des Urteils sorgt für Empörung
Dass die Verurteilung in New York aufgehoben wurde, traf nicht nur die Opfer wie ein Keulenschlag. Richterin Madeline Singas, die sich dagegen stemmte, das Urteil zu kippen, schimpfte über „Schönfärberei und eine Verwischung der Tatsachen“. Die Entscheidung setze „einen Trend fort, wonach Gerichte die Entscheidungen von 12 Geschworenen zu Sexualverbrechen einfach außer Kraft setzen“, meinte Singas.
Empört sind auch Aktivisten. Das „Rape, Abuse und Incest National Network“ (RAINN) sprach von einer „furchtbaren Entscheidung“. Wie der RAINN-Vositzende Scott Berkowitz sagte, „stellt diese Entscheidung für die überlebenden Opfer die Justiz auf den Kopf. Harvey Weinstein wurde rechtmäßig verurteilt und verdient es, für sämtliche Verbrechen, die er begangen hat, bestraft zu werden“.
Unterdessen war am Donnerstag die Hoffnung des in Ungnade gefallen Produzenten, demnächst vielleicht auf freiem Fuß zu sein, schnell verflogen. Schließlich war er vorletztes Jahr In Kalifornien wegen Vergewaltigung zu 16 Jahren Haft verurteilt wurde. Selbst wenn er wegen der Urteilsaufhebung in New York freigelassen werden könnte, würde Weinstein dann an die Westküste ausgeliefert werden und müsste dort in einer Zelle seine Strafe absitzen.
Nun wollen seine Anwälte auch dort Berufung einlegen und hoffen, ein zweites Mal, die Entscheidung einer Jury aufheben zu lassen.
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