Montpellier. In einem französischen Dorf breitet sich ein wildes Tier rasant aus. Der Bürgermeister schockt mit Plakaten und einer brutalen Lösung.
„Mit einem solchen Wirbel habe ich nicht gerechnet“, behauptet Jean-Luc Meissonnier. Aber sein breites Grinsen deutet an, dass dem Bürgermeister des unweit der südfranzösischen Großsstadt Montpellier gelegenen Dorfes Baillargues die Aufmerksamkeit, welche er mit seiner ausgefallenen Idee erregt hat, nicht unangenehm ist. In der von ihm verwalteten 7000-Seelen-Gemeinde nämlich hat er an jeder Litfaßsäule und jeder Bushaltestelle Plakate aushängen lassen. Sie warnen vor Schäden durch Kaninchen und suggerieren, diese einzufangen und in den Kochtopf zu stecken.
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„Lasst uns gegen die Ausbreitung des Wildkaninchens kämpfen“, steht über der Hälfte der Anschläge, auf denen ein großer Karnickel-Kopf prangt. Die Selbstvorstellung des Langohrs: „Ich bin es, der nachts deine Gärten und Felder verwüstet“. Auf der anderen Hälfte hingegen folgt der gleichen Überschrift eine detaillierte Anleitung für die Zubereitung eines Kaninchenragouts. Über Baillargues hinaus brachte Meissonnier mit dieser Plakatkampagne so viele Lacher auf seine Seite, dass nach den regionalen auch die nationalen Medien über sie berichteten.
Kaninchenplage: Bürgermeister empfiehlt Ragout-Rezept
Allerdings hagelte es auch prompt empörte Reaktionen von Tierschützern. Besonders „skandalisiert“ zeigte sich Bruno Blum, ein Künstler der Region und Mitglied der im Parlament mit zwei Abgeordneten vertretenen Parti animaliste (Tierpartei). Doch Meissonier nimmt die Kritik mit Humor, wie er auch seine Kampagne als „augenzwinkernd“ verstanden wissen will. Die Animalisten, so habe er gehört, seien beinahe ausnahmslos Vegetarier. Sie stünden ziemlich dumm da, wenn sie auf einmal Fleisch essen müssten, weil ihnen Kaninchen wie in Baillargues alles Gemüse und den Salat weggefressen hätten.
Womit der Rathauschef beim Punkt ist: die Kaninchenplage. „Die Biester nehmen wirklich überhand, weil sie in unserer Gegend im Gegensatz zu den Wildschweinen nicht bejagt werden.“ Entsprechend nachhaltig seien die Schäden, welche die Tiere in den Gärten und Feldern bereits angerichtet hätten. Auch der Bahndamm und der Golfplatz seinen von ihnen „angebuddelt“ worden. Offiziell aber kann Meissonnier seine Mitbürger nicht dazu auffordern, den Kaninchen nachzustellen, weil die Jagdsaison mit dem Monat März endete. Also wirbt er für das Kaninchenragout, welches „leider etwas aus der Mode gekommen“ sei, obwohl es „sehr schmackhaft ist und eine ganze Familie günstig ernähren kann“.
Plage betrifft auch mehrere weitere Ortschaften
Tierschützer bezichtigen den Bürgermeister trotzdem, die Einwohner von Baillargues zu illegalem Handeln anstacheln zu wollen. Natürlich weist Meissonnier alle Vorwürfe zurück. Und weil er das in zahlreichen Interviews mit großer Schlagfertigkeit tut, ist die Provinzposse zu einem Renner in den sozialen Netzwerken geworden. Zigfach geteilt und gelikt, was die Tierschützer eher in die Defensive bringt. Zumal der Bürgermeister sich auf die Präfektur berufen kann, die die Gemeindevorstände vor wenigen Wochen dazu aufforderte, Problembewusstsein zu schaffen.
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Denn die Kaninchenplage mag zwar regional begrenzt sein, betrifft jedoch neben Baillargues noch zwei Dutzend weiterer Ortschaften, in denen sich die Schäden und Klagen häufen. Meissonnier jedenfalls ist es gründlich gelungen, das Problem in den Vordergrund zu rücken – auch wenn man von amtlicher Seite wohl lediglich meinte, dass die Jäger angehalten werden sollen, im kommenden Herbst ihre Flinten wieder öfter auf die Karnickel zu richten.