Paris. Notre-Dame hat eines ihrer wichtigsten Wahrzeichen zurückerlangt. Der Wiederaufbau in Paris kommt einem Beinahe-Wunder gleich.
In Paris hat man ihn beinahe von überall aus sehen können: „La flèche“, den Pfeil, so hatte der Volksmund den 96 Meter hoch über dem Dach der Kathedrale Notre-Dame aufragenden Vierungsturm getauft. Vom Architekten Viollet Le Duc errichtet, hatte die filigrane Konstruktion aus Eichenholz und Blei 160 Jahre überdauert. Bis der verheerende Brand am Abend des 15. Aprils 2019 den Turm zum Einsturz brachte.
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Die Bilder der lichterloh in Flammen stehenden Pariser Kathedrale sorgten damals weltweit für Bestürzung. Als der Pfeil in sich zusammenbrach, schien das der Todesstoß für Notre-Dame zu sein. Tatsächlich wurde das 850 Jahre alte Wahrzeichen der Seine-Metropole so schwer beschädigt, dass sein Fortbestand infrage stand. Seither klaffte in der Silhouette der französischen Hauptstadt eine Lücke, die den Menschen ans Herz ging.
Notre-Dame: Macron versprach „noch schönere“ Kirche
Entsprechend groß ist die Freude darüber, dass der Pfeil der weltberühmten Basilika seit einigen Wochen wieder in den Pariser Himmel sticht. 39 Monate waren nötig, um die noch bis Ende 2020 einsturzgefährdete Ruine des Prachtbaus zu sichern. Doch im Spätsommer vor zwei Jahren begann der Wiederaufbau. Mit der abgeschlossenen Erneuerung von Dach und Turm naht ihre Vollendung.
Präsident Emmanuel Macron hatte es versprochen, noch in der Brandnacht: Die Kathedrale solle innerhalb von fünf Jahren wieder aufgebaut werden – „schöner als zuvor“. Eine Ansage, die viele Kunsthistoriker und Architekturexperten für tollkühn, aberwitzig und, vor allem, nicht realisierbar hielten. Wobei Haarspalter anmerken, dass die Fachleute am Ende Recht behalten haben.
Nicht fünf, sondern etwas mehr als fünfeinhalb Jahre nach dem Flammeninferno, nämlich am 8. Dezember, wird in der Kirche wieder ein Hochamt gefeiert. Der Anlass, Mariä Empfängnis, könnte für die Wiedereröffnung einer Basilika, die der Gottesmutter geweiht ist, kaum passender sein.
Fassade soll zu Sommerspielen schon wieder sichtbar sein
Die knapp acht Monate Verspätung kommen einem Beinahe-Wunder gleich, einem nationalen Kraftakt – finanziert von 846 Millionen Euro an Spendengeldern aus aller Herren Länder. In Frankreich, welches Macron in der Nacht der Tragödie eine „Nation der Erbauer“ nannte, sind quer durch das Land alle verfügbaren Kräfte mobilisiert worden, um die wie eine Beschwörung klingenden Worte des Präsidenten nicht Lügen zu strafen. Schon im Sommer, zur Eröffnung der Olympischen Sommerspiele in Paris, wird Notre-Dame sich Betrachtern in alter – nein, neuer – Schönheit und ohne Gerüste präsentieren.
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Das Interesse aus aller Welt ist groß. „Schön zu sehen, wie es mit Notre-Dame vorangeht“, schreiben Touristen im Netz. Ein Trip nach Paris „tut der Seele gut – vor allem der Anblick von Notre-Dame, während sie wieder aufgebaut wird“, schreibt eine Nutzerin auf X. Aber ist die Basilika noch schöner geworden, wie versprochen? Ihren Dachstuhl, ihren Spitzturm samt Hahn, ihren Pfeil hat sie wieder – originalgetreu nachgebaut, das Volk wollte es so. Im Inneren ist Notre-Dame „erblondet“, wie erste Fotos zeigen. So nennen es die Fachleute, die in mühsamer Feinarbeit die Steine und Säulen von altem Schmutz und Ruß befreiten.
„Unmöglicher Zeitplan“: Corona warf Planung zurück
Ermöglicht hat diese Wiedergeburt ein Trio. Macron natürlich, als oberster Bauherr, da Notre-Dame nicht der Kirche, sondern dem Staat gehört. Den Wiederaufbau legte er nicht allein in die Hände von Philippe de Villeneuve, des seit 2013 amtierenden Chefarchitekten von Notre-Dame, der jeden ihrer Steine kennt. Macron ernannte auch noch einen ehemaligen General zum Sonderbeauftragten für die „Mission“ Wiederaufbau. Jean-Louis Georgelin, tiefgläubiger Katholik, war einst Chef des Generalstabs der französischen Streitkräfte und Nato-Oberkommandeur in Bosnien.
Während de Villeneuve die Arbeiten vor Ort leitete, organisierte der für die Einhaltung des „unmöglichen Zeitplans“ zuständige Georgelin in seinem Büro im Élysée-Palast die Logistik. Unter seinem Kommando wäre der ursprüngliche Zeitplan wohl wirklich eingehalten worden, wenn die Corona-Pandemie die „größte Baustelle Frankreichs“ nicht in Verzug gebracht hätte. Als Georgelin im August 2023 tödlich verunglückte, ehrte Macron „den Soldaten, der an den Himmel glaubte“, mit einer Trauerfeier im Hof des Pariser Invalidendoms.
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„Der 8. Dezember steht, wenn nicht etwas Unvorhersehbares geschieht“, versicherte nun de Villeneuve vor wenigen Tagen. Außer ihm und Macron dürfte es nur noch Monsignore Laurent Ulrich geben, der diesem Datum so intensiv entgegenfiebert. Der Erzbischof von Paris, der dem Eröffnungs-Hochamt selbstverständlich persönlich vorstehen wird, ist sich sicher, dass dieser Tag nicht nur für ihn „eine große Beglückung“ sein wird.