Berlin. Die Schweiz verbietet und Deutschland streitet, wie viel Stein im Garten erlaubt ist und welche Pflanze nicht auf den Kompost gehört.
Wasser braucht er wenig. Hitze kann er gut vertragen, Sonne, Schatten und Kälte auch. Er gräbt sich durch verwurzelten Boden und wächst unglaublich schnell. Und dann ist er auch noch billig und sieht mit seinen dicken grünen Blättern richtig schön aus: Kein Wunder, dass der asiatische Kirschlorbeer für viele Gartenbesitzer die ideale Heckenpflanze ist. Für Naturschützer aber tendiert der ökologische Nutzen der hochgiftigen Pflanze gegen null. Sie bezeichnen den Kirschlorbeer als „invasiven Neophyten“. Gemeint ist damit ein nicht-heimisches Gewächs, das sich rasant verbreitet und dadurch heimische Arten verdrängt.
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Die Schweiz zieht daraus nun Konsequenzen: Sie verbietet ab September Verkauf, Anpflanzung, Einfuhr und Vermehrung des Kirschlorbeers und anderer als invasiv geltender Pflanzen. Auch in Deutschland wird über Vor- und Nachteile und auch ein Verbot des Kirschlorbeers diskutiert, zumal er besonders oft Schottergärten und wasserzehrende Rasenflächen umrandet. So kritisiert der Naturschutzbund Deutschland (Nabu), der Kirschlorbeer sei noch nicht einmal kompostierbar, da die dicken Blätter viel Blausäure enthalten und nur schlecht verrotten. Hobbygärtner würden das Gehölz nach dem Schnitt dann teils am Waldrand ablegen, wo er wiederum Wurzeln schlage – und andere Arten verdränge.
Ist die Schweiz also ein Vorbild für Deutschland? Soll der Kirschlorbeer verbannt und Schottergärten noch stärker der Kampf angesagt werden? Und wer soll das dann kontrollieren?
Schottergärten verbieten? „Eine Gartenpolizei kann niemand wollen“
„Eine Gartenpolizei kann niemand wollen“, sagt Bernd Düsterdiek vom Deutschen Städte- und Gemeindebund. Deshalb ist er auch gegen ein gesetzliches Pflanzverbot, das sei schließlich nur sinnvoll, wenn auch die Einhaltung des Verbots kontrolliert würde – was mit weiterer Kontrollbürokratie verbunden wäre. Dennoch appelliert er an die Vernunft der Gartenbesitzer: Sie sollten auf Neupflanzungen verzichten und auf heimische Arten wie Weißdorn oder Schlehe setzen. Die empfiehlt auch Corinna Hölzel vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Schließlich würden nistende Vögel durch die Dornen gut vor Katzen geschützt. Auch Holunder sei ideal, der ziehe Insekten wie Schwebfliegen an, „die wiederum Läuse fressen“.
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Der Expertin für insektenfreundliche Kommunen und Gärten geht es aber nicht um die einzelne Pflanze. Die könne in einem gesunden Garten auch stehen bleiben. Es sei eher die Kombination aus Kirschlorbeerhecke, Bambus und Zierrasen, die das ökologische Gleichgewicht gefährde. „Wenn dann noch der Mähroboter zum Einsatz kommt, der Klee und Gänseblümchen sofort abrasiert, dann ist der Garten schon fast eine grüne Wüste.“ Sollte dann doch noch die ein oder andere Rose im Beet stehen oder ein Buchsbaum, dann würden sie schnell mit Pestiziden vor Schädlingen wie Läusen oder Buchsbaumzünslern geschützt. Schließlich fänden weder Vögel noch Marienkäfer oder Florfliegen in diesen Garten.
Überhaupt die Pestizide, etwa Glyphosat. „Wir fordern schon lange ein Verbot“, sagt BUND-Expertin Hölzel. Dass nicht geschulte Hobbygärtner ohne Beratung chemische Produkte kaufen könnten, „das ist doch skandalös“. Zwangsläufig komme es oft zu einer für Mensch und Umwelt gefährlichen Anwendung, etwa wenn die Reste gegen Läuse auf Rosen auch gegen Läuse auf Salatköpfen eingesetzt oder einfach über das Abwasser entsorgt würden. „Die Fehlanwendung ist eher die Regel denn die Ausnahme“, sagt Hölzel. Das gefährde nicht nur Bienen und Schmetterlinge, „sondern auch die menschliche Gesundheit“.
Glyphosat: Die Zulassung des Pestizids ist bis 2033 verlängert worden
Auch der grüne Bundestagsabgeordnete Harald Ebner ist besorgt über die vielen Falschanwendungen von Pestiziden im Haus- und Gartenbereich. Doch ein umfassendes Verbot sei „aus EU-rechtlichen Gründen“ derzeit nicht möglich, so der Vorsitzende des Ausschusses für Umwelt- und Naturschutz. Tatsächlich hat die EU-Kommission erst im vergangenen Herbst die Zulassung von Glyphosat bis 2033 verlängert, da sich die Länder nicht auf ein Verbot einigen konnten. Ebner verweist nun auf das Montrealer Weltnaturabkommen, wonach Deutschland und die EU zu einer „wesentlichen Pestizidreduktion“ verpflichtet seien. Es müsse daher geprüft werden, wie der Pestizideinsatz in Privatgärten reduziert werden könne, fordert der Grünen-Politiker. Dass Privatleute gefährliche Pestizide etwa über den Online-Handel einfach beziehen könnten, sei „hochproblematisch“.
Pestizide, mit denen dann verbotenerweise Schottergärten in Schach gehalten würden, um „ihre tote Struktur“ zu erhalten. Es solle eben weder Moos noch Unkraut eine Chance haben. Ebner nennt die Schottergärten Steinwüsten, die für Klima-, Natur- und Artenschutz „komplett verloren“ seien. Aus gutem Grund seien sie in Baden-Württemberg und weiteren Bundesländern und Gemeinden untersagt. Bis zu 70 Grad könnten sich die Steinflächen an heißen Tagen aufheizen, und „Vögel und Insekten nehmen sie Lebensraum und Nahrungsquellen“.
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Bernd Düsterdiek vom Städte- und Gemeindebund erklärt, für die Kommunen gelte längst, dass klimaangepasst geplant und gebaut werden müsse. Mit grünen Vorgärten etwa, deren Gestaltung in Bebauungsplänen vorgeschrieben werde. Nicht bebaute Grundstücke müssten demnach wasseraufnahmefähig, begrünt und bepflanzt sein. Diese geltende Regel sei nun in Nordrhein-Westfalen verschärft worden: Mit Beginn dieses Jahres seien „Schotterungen und Kunstrasen explizit ausgeschlossen“. Auch der Rückbau könne zumindest in NRW leichter durchgesetzt werden. Er fordert nun alle Länder auf, den „Rechtsrahmen weiter anzupassen“, um Schottergärten leichter verbieten zu können. Düsterdiek: „Hier benötigen wir klare Regelungen und Rechtssicherheit.“