Berlin. Gefälschte Ozempic-Spritzen für den deutschen Markt: Behörden warnen vor lebensgefährlichen Risiken. Woran Sie eine Fälschung erkennen.

  • Das Diabetes-Medikament Ozempic wird auch zum Abnehmen eingesetzt
  • Die Nachfrage nach dem Mittel ist immens gestiegen
  • Wie Kriminelle die Situation ausnutzen und worauf Sie achten sollten

Jede Woche eine Spritze und die Pfunde purzeln – diese Aussicht hat einen Ansturm auf das Arzneimittel Ozempic ausgelöst. Das treibt nicht nur den dänischen Hersteller Nordisk um, der seine Kapazitäten aufstockt, sondern ruft auch Kriminelle auf den Plan.

Es tauchen immer mehr gefälschte Ozempic-Pens auf, auch in Packungen für den deutschen Markt. Die Fälscher machen es sich einfach. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vermutet, dass sie Insulinspritzen umetikettieren.

Mit fatalen Folgen, wie die Apothekerkammer Nordrhein am Montag warnte. Zwar wird der Wirkstoff Semaglutid wie Insulin bei Diabetes verschrieben. Jedoch hätten sie unterschiedliche Wirkmechanismen und Dosierungen. Von den Fälschungen gehe eine „erhebliche Lebensgefahr aus“. Eine Überdosierung von Insulin könne zu lebensbedrohlichen Situationen führen.

„Gier gefährdet hier Menschenleben“

Kammerpräsident Armin Hoffmann ist schockiert. „Gier gefährdet hier Menschenleben“, erklärte er. Wer Arzneimittel gegen Diabetes fälsche, riskiere den Tod von Patienten. „Nur, um ordentlich Kasse zu machen.“ Längst hat das BfArM die Polizei eingeschaltet und die Behörden alarmiert, die Medikamenteneinfuhren kontrollieren.

Konkret geht es um Packungen mit der Seriennummer: 1946483405690 der Charge: MP5E511. Wie bei vielen anderen Fälschungen muss man genau hinschauen, um die Unterschiede zum Originalpräparat zu erkennen:

  • Der Ozempic® Pen enthält ausschließlich klare Lösung;
  • Das Sichtfenster enthält keine Skalierung und zeigt die Dosierung in Milligramm an.
  • Die Fälschungen weichen farblich vom Original ab, sind etwas dunkler;
  • und haben einen Dosiswähler, der beim Einstellen der Dosis über den Pen hinausragt.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, BfArM, warnt auf seiner Website vor Fälschungen des Diabetes-Medikaments Ozempic. Die falschen Pens (unten) sind unter anderem an ihrer dunkleren Farbe erkennbar.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, BfArM, warnt auf seiner Website vor Fälschungen des Diabetes-Medikaments Ozempic. Die falschen Pens (unten) sind unter anderem an ihrer dunkleren Farbe erkennbar. © BfArM | BfArM

Das Medikament mit dem Wirkstoff Semaglutid wurde zur Behandlung von Diabetes-Typ-2 entwickelt, der sogenannten Altersdiabetes. Er ist nicht als Abnehmmittel zugelassen. Doch wegen des enthaltenen Wirkstoffs, der Prominenten wie Elon Musk und Kim Kardashian beim Abspecken geholfen haben soll, wurde es in den letzten Monaten als Abnehm-Wunderwaffe gefeiert.

Immer mehr Ärzte verschreiben das rezeptpflichtige Medikament Patienten – teils mit nur leichter Diabetes –, denen es gegen überschüssige Pfunde helfen soll. Die Nachfrage ist so groß, dass Mediziner um die Versorgung von Diabetes-Patienten bangen, die das lebenswichtige Medikament brauchen.

Ozempic ist ein Medikament, das verwendet wird, um den Blutzuckerspiegel bei Menschen mit Typ-2-Diabetes zu kontrollieren. Aktuell warnen Behörden vor gefährlichen Fälschungen des Arzneimittels.
Ozempic ist ein Medikament, das verwendet wird, um den Blutzuckerspiegel bei Menschen mit Typ-2-Diabetes zu kontrollieren. Aktuell warnen Behörden vor gefährlichen Fälschungen des Arzneimittels. © imago/Ulrich Roth | IMAGO/Ulrich Roth, www.ulrich-roth.com

Erste Fälschungen tauchten schon im Oktober in Österreich auf. Nach der Einnahme musste eine Frau mit Krampfanfällen und Unterzuckerung auf der Intensivstation behandelt werden. Das falsche Medikament habe sie nach ersten Erkenntnissen von einem Salzburger Schönheitschirurgen erhalten.

Was Sie tun sollten, wenn Sie glauben, eine Fälschung bekommen zu haben

Hersteller Novo Nordisk hatte jüngst auch vor Fälschungen des Medikaments Saxenda gewarnt. Das Arzneimittel ist von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) zur Behandlung von Menschen mit Übergewicht zugelassen. Der darin enthaltene Wirkstoff Liraglutid gleicht laut Hersteller einem natürlich vorkommenden Hormon, das nach Mahlzeiten im Darm freigesetzt wird. Das Medikament mindert den Appetit und hilft so beim Abnehmen.

Wichtig zu wissen: Ozempic und Saxenda sind in Deutschland nur auf Rezept erhältlich. Wer die Medikamente also von einem Arzt ohne Hausapotheke oder im Internet ohne Rezept bezieht, sollte misstrauisch werden. „Es wird dringend empfohlen, Arzneimittel nur in zugelassenen

(Online-)Apotheken

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    zu erwerben“, so das Bundeskriminalamt. Novo Nordisk teilt mit, es sei derzeit nicht auszuschließen, dass die Ozempic- und Saxenda-Fälschungen in mehreren Ländern auf legalen und illegalen Wegen verbreitet wurden.

    Falls Sie glauben, einen Fake erhalten zu haben:

    • Bringen Sie das Medikament mit Umverpackung in eine Apotheke oder Arztpraxis. Die Mitarbeiter können dann das Arzneimittel überprüfen und eine Fälschung gegebenenfalls den Behörden melden.

    Ozempic: Daher kommt der Hype um das Medikament

    Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) in Amsterdam hatte Mitte Oktober vor gefälschten Ozempic-Medikamenten gewarnt. Die Spritzhilfen mit Labels in deutscher Sprache stammten von Großhändlern in Österreich und Deutschland, heißt es auf der Homepage. Die britische Arzneimittelbehörde MHRA (Medicines and Healthcare products Regulatory Agency) hat seit Januar dieses Jahres 369 potenzielle Fälschungen von Ozempic®-Pens beschlagnahmt. Das berichtet die Apotheker-Zeitung.

    Beim Ozempic-Hersteller Novo Nordisk handelt es sich um einen dänischen Pharmakonzern.
    Beim Ozempic-Hersteller Novo Nordisk handelt es sich um einen dänischen Pharmakonzern. © AFP | SERGEI GAPON

    Der Pharmakonzern Novo Nordisk versicherte, er nehme jeden Fall von Fälschung sehr ernst. Externe Experten seien längst damit beauftragt, illegale Plattformen und Täter zu identifizieren. Novo Nordisk produziert auch die Abnehmspritze Wegovy, die seit Juli in Deutschland erhältlich ist. Wie in Ozempic ist auch in Wegovy Semaglutid enthalten, wenn auch deutlich höher dosiert.

    Die offizielle Abnehmspritze kostet mit rund 42 Euro pro Stück mehr als doppelt so viel wie das Diabetiker-Medikament für 18 Euro. Auch dadurch erklärt sich die große Nachfrage nach Ozempic zum Abnehmen. Die Kosten für das Mittel werden von der Krankenkasse getragen, wenn Patienten eine Diabetes-Erkrankung nachweisen können, ansonsten wird ein Privatrezept ausgestellt. Die Kosten für Wegovy werden dagegen nicht von den gesetzlichen Kassen übernommen.

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