Rom. Für Einwohner und Touristen ist es ein harter Schlag: Zwei der wichtigsten Sehenswürdigkeiten Bolognas bleiben vorerst geschlossen.
Pisa ist nicht die einzige italienische Stadt, die sich mit einem schiefen Turm schmücken kann. Der mittelalterliche Geschlechterturm Garisenda in Bologna ist zwar nicht so bekannt, dafür aber über 100 Jahre älter und Zusammen mit seinem ungleichen, wesentlich höheren Zwilling Asinelli (97,2 Meter) zählt er zu den Wahrzeichen der oberitalienischen Stadt.
Der Turm Garisenda kommt zwar nur auf 48 Meter, übertrifft den Asinelli jedoch mit einer Neigung von ganzen 3,22 Metern und ist damit auffällig schief. Ursprünglich war er ungefähr 60 Meter hoch. Wegen eines Bodensturzes, der ihn in gefährliche Schräglage brachte, und struktureller Fehler wurde er jedoch im 14. Jahrhundert auf 48 Meter gekürzt. Die Stabilität des Turms ist seit jeher ein Problem. Nach einer Serie von Erschütterungen und wegen des Straßenverkehrs besteht nun laut den städtischen Behörden konkrete Gefahr, dass sich die bereits vorhandenen Risse im Turm weiter vertiefen.
Einsturzgefahr: Stadt muss Türme auf unbestimmte Zeit sperren
Als erste Schutzmaßnahme hat die Stadtverwaltung die Straßen rund um die Türme gesperrt. Die Gemeinde will prüfen, wie man Erschütterungen rund um die beiden mittelalterlichen Türme reduzieren kann. Bis dahin bleiben sie für Besucher gesperrt. Eine Eisenstruktur wurde um den Garisenda-Turm aufgestellt. Einen Einsturz befürchten die Experten zwar nicht, jedoch könnten sich Ziegel lösen und herabfallen.
Zudem will man klären, warum frühere Warnungen ignoriert wurden. Damals hätten die Reparaturen fünf Millionen Euro gekostet. Jetzt liegen die Kosten weitaus höher. Die Expertin Francesca Tomba hatte schon vor einigen Monaten Alarm geschlagen, doch niemand hatte auf die Denkmalpflegerin gehört. Die Stadt will nun Maßnahmen zum Schutz seines Wahrzeichens ergreifen. Nicht auszuschließen ist, dass das Gelände rund um die Türme längere Zeit – sogar bis zu zwei Jahre lang – für den Straßenverkehr gesperrt bleiben könnte.
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Händler fürchten Einbußen weil Turm-Touristen ausbleiben
Das ist eine Hiobsbotschaft – auch für Touristen. Der Aufstieg im Asinelli-Turm, der inzwischen geschlossen wurde, war bei Besuchern sehr beliebt. Die Shoppbesitzer im Areal rund um die Türme befürchten Verluste. Denn um die Türme ist es ungewöhnlich still geworden. Kein Hupen, kein Bremsen, kein Autostau vor den Ampeln: Lediglich einige Touristen schlängeln sich durch die via San Vitale und schauen zum Garisenda-Turm empor.
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„Für uns ist die Sperrung des Verkehrs ein Problem, die Leute sind verschwunden. Wenn die Gemeinde nicht eingreift, bleiben die Straßen rund um die Türme leer und die Gegend stirbt aus“, klagt Lucia, die im Restaurant „Sushi Man“ arbeitet. Ihre Hoffnung ist, dass zu Weihnachten mit Lichtern und Weihnachtsständen wieder mehr Leben in die Gegend kommt. Leila arbeitet in einem Restaurant mit lokalen Spezialitäten. „Wir machen uns zwar über die Stabilität des Turmes Sorgen, aber auch wegen unserer Zukunft, denn die Zahl der Gäste ist gesunken“, stellt sie fest.
Einige Shopinhaber sehen die Abriegelung des Geländes um die Türme als eine übertriebene Vorsichtsmaßnahme. „Wenn die Gefahr so groß wäre, müssten alle Geschäfte evakuiert und die Touristen entfernt werden“, so ein Mitarbeiter des renommierten Schuhgeschäfts Valbonesi.
Türme haben schon Dichter und Denker begeistert
Für viele Einwohner von Bologna ist der Garisenda-Turm wie ein alter Freund und die Sorge um das Wahrzeichen groß. Er wurde schon vom italienischen Nationaldichter Dante Alighieri im 13. Jahrhundert in der Göttlichen Komödie erwähnt. Dante kam viele Male in seinem Leben nach Bologna und dichtete bei zwei Gelegenheiten über den Turm, der seinen Namen einer Adelsfamilie der Stadt verdankt. Das Bologna des Mittelalters war mit etwa 150 Geschlechtertürmen gespickt, deren Funktion nicht nur strategisch oder militärisch war, sondern die als architektonische Monumente das Prestige der jeweiligen Eigentümerfamilie spiegelten.
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Der Asinelli-Turm ist ganze 97,2 Meter hoch und fasst bei einer Neigung von 2,23 Metern 498 Treppenstufen. Beim Aufstieg trifft man auf 55 Höhenmetern auf eine Plakette, die mitteilt, dass auf dieser Höhe die Plattform des Schiefen Turms von Pisa erreicht sei. Vom Turm aus hat man einen herrlichen Ausblick nach Rimini und auf die Alpen. Schon Goethe hatte den Ausblick von der Spitze aus als einmalig bezeichnet.