Horn-Bad Meinberg. In Horn-Bad Meinberg ist ein Obdachloser erstochen worden. Drei Teenager wurden des Mordes angeklagt. Sie sollen die Tat sogar gefilmt haben.

Nach dem gewaltsamen Tod eines Obdachlosen in Nordrhein-Westfalen hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen drei verdächtige Jugendliche erhoben. Der Vorwurf laute auf gemeinschaftlichen Mord, erklärte ein Sprecher der Detmolder Staatsanwaltschaft am Donnerstag.

Die zur Tatzeit 14- und 15-Jährigen sollen den Mann im Oktober vergangenen Jahres getötet und ihre Tat gefilmt haben. Über die Anklagezulassung entscheidet das Landgericht Detmold. Bei dem Opfer handelte es sich früheren Angaben zufolge um einen Obdachlosen. Die Jugendlichen sollen den Mann mit Fäusten und Messerstichen tödlich verletzt haben. Eine Passantin entdeckte den Leichnam des Manns auf einer Wiese in Horn-Bad Meinberg im Kreis Lippe.

Obdachloser tot aufgefunden: Das Entsetzen und die Trauer waren groß

Die Leiche war am Morgen des 26. Oktober 2023 entdeckt worden. Das Opfer war an Stichverletzungen gestorben, wie die Polizei später zu den Obduktionsergebnissen bekannt gab. Die mutmaßliche Tatwaffe war nach Polizeiangaben ein Messer. Die drei jetzt angeklagten Jugendlichen sollen die Tat gefilmt und das Video verbreitet haben.

„Es sind immer wieder Menschen vor Ort“, schilderte Pfarrer Matthias Zizelmann von den evangelisch-reformierten Kirchengemeinden Horn und Bad Meinberg nach dem Fund des toten Obdachlosen. Als Zeichen der Trauer hatten zahlreiche Menschen Blumen und Kerzen vor Ort aufgestellt und hingelegt. „In der ganzen Stadt ist eine große Betroffenheit“, berichtete Zizelmann. Die Menschen seien angesichts der Tat erschreckt und entsetzt gewesen. Auch kam es zu einer Mahnwache, bei der sich viele beteiligt hätten. Für den Pfarrer war das ein starkes Zeichen, „dass die gesamte Stadt Horn-Bad Meinberg zusammensteht“. Ein Sprecher der rund 18.000 Einwohner zählenden Stadt schätzte, dass sich mehr als 100 Menschen versammelt hatten. „Die Gedanken der Mitbürgerinnen und Mitbürger sind bei den Freunden und der Familie des Opfers“, beschrieb er.

Auch in der NRW-Landespolitik sorgt die Tat für Bestürzung. „Das, was wir bislang wissen, bestürzt mich. Drei Jugendliche stehen im Verdacht, einen Menschen getötet zu haben“, sagte Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU).

Spaziergänger fanden am Donnerstag einen Obdachlosen in Horn-Bad Meinberg, der Mann wurde erstochen.
Spaziergänger fanden am Donnerstag einen Obdachlosen in Horn-Bad Meinberg, der Mann wurde erstochen. © dpa | Christian Müller/Westfalennews

Nach dem Ermittlungsstand im Oktober ging die Staatsanwaltschaft von einem zufälligen Aufeinandertreffen von Opfer und Tätern aus. Die beiden älteren der drei Jugendlichen - die beiden sind 15 - hatten nach Auskunft der Staatsanwaltschaft schon in ihren Vernehmungen bei der Polizei Gewalt gegen den Obdachlosen eingestanden. Kurz darauf gestand auch der dritte Jugendliche, gewalttätig geworden zu sein. „Er hat gegenüber dem Untersuchungsrichter seine Beteiligung eingeräumt“, sagte Staatsanwalt Alexander Görlitz am 30. Oktober. Die beiden 15-Jährigen hätten ihre Aussagen bei der Polizei vor dem Haftrichter wiederholt.

Obdachlose immer wieder Opfer von Gewalttaten

Generell werden Obdachlose immer wieder Opfer von Gewalttaten. So wurde Ende September eine Obdachlose in Iserlohn bei Dortmund erschossen.

Besonders groß ist die Bestürzung, wenn Tötungsdelikte von Kindern oder Jugendlichen verübt werden. Erst vor einem guten halben Jahr hatte es in Nordrhein-Westfalen einen solchen Fall gegeben: Die zwölfjährige Luise wurde im März in einem Waldstück bei Freudenberg in Südwestfalen erstochen aufgefunden. Zwei Mädchen, selbst erst 12 und 13 Jahre alt, hatten die Tat gestanden. Zu einem Prozess wird es nicht kommen, weil Kinder unter 14 Jahren in Deutschland nicht strafmündig sind.

Zahl der tatverdächtigen Kinder und Jugendlichen steigt laut Statistik der NRW-Straftaten

Die Zahl der tatverdächtigen Kinder und Jugendlichen ist in der Statistik der Straftaten in Nordrhein-Westfalen für das Jahr 2022 gestiegen. Bei den Tatverdächtigen unter 21 Jahren im Bereich Körperverletzung wurde nach Angaben des NRW-Innenministeriums 2022 ein Anstieg um ein Drittel gegenüber 2021 festgestellt. Für 2023 liegen noch keine Zahlen vor.

Kriminologe Thomas Feltes erklärt, dass die Zahl der Gewalttaten von Kindern und Jugendlichen - auch die der schweren Gewalttaten - lange Zeit rückläufig gewesen sei. Zahlen aus dem Jahr 2022 ließen sich anhand von Einschränkungen während der Corona-Pandemie erklären, sagte er der dpa. Corona habe bei Jugendlichen Wirkung hinterlassen. „Die Folgen sehen wir jetzt nicht nur in der Bildung.“ Auch im sozialen Bereich seien Defizite entstanden. Ob die Zahlen in diesem Jahr wieder zurückgingen, bleibe abzuwarten.

Feltes betonte, dass er sich nicht zu Einzelfällen äußere, sondern zur generellen Entwicklung: „Es gibt keinen Grund wieder in die alte Leier zu verfallen, die Jugend war noch nie schlimmer als heute“, betonte er.

In Horn-Bad Meinberg waren die Ermittler den Jugendlichen durch die Aufnahmen auf die Spur gekommen, die die mutmaßlichen Täter bei der Tat gemacht und dann verbreitet hätten.

(dpa)