Berlin. Der Boden hebt sich an, Hunderte Erdbeben pro Woche – die Sorge vor einem Ausbruch des Supervulkans Campi Flegrei in Italien wächst.

Bricht der Supervulkan aus? In Italien sorgen sich derzeit viele Menschen um einen Ausbruch der Phlegräischen Felder. Besonders in der Millionenstadt Neapel ist die Sorge groß, denn hier liegt nicht nur der auf Italienisch unter seinem Namen "Campi Flegrei" bekannte Supervulkan. Mit dem Vesuv liegt ein weiterer Vulkan in direkter Nähe zu der Stadt.

In den vergangenen Tagen hat sich die Lage um die Phlegräischen Felder noch einmal zugespitzt: Wie italienische Medien berichten, hebe sich die Erde rund um die Küstenstadt Pozzuoli, unter ihr liegt der Supervulkan, um 1,5 Zentimeter an – und das pro Woche. Im etwa selben Zeitraum gebe es darüber hinaus 250 Erdbeben pro Woche. Behörden und Forscher sind alarmiert. Lesen Sie auch: Vulkanausbruch in Italien: Video zeigt Schreckensszenario

Italien: Supervulkan Campi Flegrei meldet sich mit Erdbeben

Das letzte größere Erdbeben ereignete sich am Mittwoch in Neapel. Mit einer Stärke von 4,2 auf der Richterskala waren die Erdstöße dieses Mal besonders schlimm und sorgten bei den in unmittelbarer Nähe zum Vulkan lebenden Menschen für einen Schock.

Der Solfatara Krater, der Teil der Phlegräischen Felder ist.
Der Solfatara Krater, der Teil der Phlegräischen Felder ist. © Salvatore Laporta/KONTROLAB/LightRocket via Getty Images | Unbekannt

Viele Anwohner, die in Pozzuoli direkt auf dem Supervulkan leben, fürchten einen baldigen Vulkanausbruch. Sie kritisieren zudem die aus ihrer Sicht nicht ausreichend erstellten Notfallpläne über eine Evakuierung der Bevölkerung.

Wie verheerend genau die Auswirkungen eines Ausbruchs sein könnten, ist vollkommen unklar. Welche Wucht jedoch vom Supervulkan ausgehen könnte, zeigt eine Simulation des Nationalen Instituts für Geophysik und Vulkanologie (INGV) aus dem Jahr 2011. Sie wird derzeit häufig in den sozialen Netzwerken geteilt, auch italienische Medien berichten darüber.

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Auf YouTube ist diese Simulation ebenfalls zu finden:

Das Video simuliert einen Ausbruch der Campi Flegrei, der auf den geologischen und archäologischen Aufzeichnungen der Eruption des Agnano Monte Spina, einem Teil der Phlegräischen Felder, von vor 4100 Jahren basiert. Der Ausbruch soll Experten zufolge besonders heftig gewesen sein. Spuren davon geben eine ungefähre Vorstellung davon, wie ein Ausbruch des Supervulkans mit seiner riesigen Magmakammer heute aussehen könnte. Innerhalb von Minuten wurde das Stadtgebiet von Neapel von einer bis zu 350 Grad heißen Gaswolke überzogen.

Ob es wirklich zu einem Ausbruch der Phlegräischen Felder kommt, ist derzeit überhaupt nicht abzusehen. Vulkanologen streiten um die Oberhand in dieser Frage. Während einige Forscher die sofortige Evakuierung des Gebiets vorschlagen, glauben andere, dass die Gefahr nicht akut sei. Es sei unmöglich die weitere Entwicklung vorherzusagen, sagte der Präsident des INGV, Carlo Doglioni, jüngst während einer Anhörung vor dem Umweltausschuss der italienischen Abgeordnetenkammer.

Die größten Vulkanausbrüche seit dem 19. Jahrhundert

April 2010: Der isländische Vulkan am Eyjafjallajökull -Gletscher bricht aus. Die Aschewolke legte tagelang den Flugverkehr lahm, Schmelzwasser des Gletschers sorgt für Überschwemmungen. Erst im Dezember 2010 erklärten die isländischen Behörden den Vulkan wieder für ungefährlich.
April 2010: Der isländische Vulkan am Eyjafjallajökull -Gletscher bricht aus. Die Aschewolke legte tagelang den Flugverkehr lahm, Schmelzwasser des Gletschers sorgt für Überschwemmungen. Erst im Dezember 2010 erklärten die isländischen Behörden den Vulkan wieder für ungefährlich. © dpa
Heute Idylle, 1991 Ursprungsort einer verheerenden Katastrophe: Die Erruption des Pinatubo auf den Philippinen im Juni 1991 war der stärkste Vulkanausbruch im 20 Jahrhundert. Die Temperaturen sanken in der Folge weltweit um circa 0,5 Grad Celsius. 1000 Menschen kamen ums Leben.
Heute Idylle, 1991 Ursprungsort einer verheerenden Katastrophe: Die Erruption des Pinatubo auf den Philippinen im Juni 1991 war der stärkste Vulkanausbruch im 20 Jahrhundert. Die Temperaturen sanken in der Folge weltweit um circa 0,5 Grad Celsius. 1000 Menschen kamen ums Leben. © Imago Images
Der Ausbruch vom St.-Helens-Vulkan im US-Bundesstaat Washington gilt als Meilenstein in der Vulkanologie, weil er zum ersten Mal frühzeitig vorausgesagt werden konnte. In Folge der Eruption am 18. Mai 1980 starben dennoch 62 Menschen. Die Explosion war so immens, dass die Spitze des Vulkans abbrach und einen 700 Meter tiefen Krater hinterließ.
Der Ausbruch vom St.-Helens-Vulkan im US-Bundesstaat Washington gilt als Meilenstein in der Vulkanologie, weil er zum ersten Mal frühzeitig vorausgesagt werden konnte. In Folge der Eruption am 18. Mai 1980 starben dennoch 62 Menschen. Die Explosion war so immens, dass die Spitze des Vulkans abbrach und einen 700 Meter tiefen Krater hinterließ. © Imago Images
Der Novarupt im US-Bundesstaat Alaska brach am 6. Juni 1912 aus. Der Vulkan stieß innerhalb von 60 Stunden rund 14 Kubikkilometer Magma aus - mehr als bei jedem anderen Vulkanausbruch in diesem Jahrhundert. Da das Gebiet so gut wie unbewohnt war, kamen nur wenige Menschen zu schaden.
Der Novarupt im US-Bundesstaat Alaska brach am 6. Juni 1912 aus. Der Vulkan stieß innerhalb von 60 Stunden rund 14 Kubikkilometer Magma aus - mehr als bei jedem anderen Vulkanausbruch in diesem Jahrhundert. Da das Gebiet so gut wie unbewohnt war, kamen nur wenige Menschen zu schaden. © Imago Images
Nach dem Ausbruch des Stratovulkan Montagne Pelée auf der französischen Insel Martinique in der Karibik brannte die naheliegende Hafenstadt St. Pierre im Jahr 1902 bis auf ihre Grundmauer nieder. Bis zu 40.000 Menschen sollen ums Leben gekommen sein, ganz genau konnte die Anzahl nie beziffert werden. Der Vulkan hatte explosionsartig tausende Grad heiße Gase, Magmen, Aschen und Gesteinsbrocken in einer Glutwolke ausgestoßen, die eine Geschwindigkeit von mehr als 650 Kilometern pro Stunde erreicht haben soll. Die Menschen kamen innerhalb von Sekunden ums Leben, selbst das Meer begann unter der Glutwolke zu kochen.
Nach dem Ausbruch des Stratovulkan Montagne Pelée auf der französischen Insel Martinique in der Karibik brannte die naheliegende Hafenstadt St. Pierre im Jahr 1902 bis auf ihre Grundmauer nieder. Bis zu 40.000 Menschen sollen ums Leben gekommen sein, ganz genau konnte die Anzahl nie beziffert werden. Der Vulkan hatte explosionsartig tausende Grad heiße Gase, Magmen, Aschen und Gesteinsbrocken in einer Glutwolke ausgestoßen, die eine Geschwindigkeit von mehr als 650 Kilometern pro Stunde erreicht haben soll. Die Menschen kamen innerhalb von Sekunden ums Leben, selbst das Meer begann unter der Glutwolke zu kochen. © iStock
Der Knall, den die Explosion des indonesischen Krakatau-Vulkans im Jahr 1883 verursachte, gilt als das lauteste Geräusch, dass die Menschheit je gehört hat. Die Druckwelle war so stark, dass sie auch nach sieben Erdumläufen noch messbar war. Die Gesteinsdecke des Vulkansystems brach zusammen. Dies führte zu 40 Meter hohen Tsunami-Wellen. Auf den indonesischen Inseln wurden 165 Städte und Dörfer zerstört, mindestens 36.417 Menschen verloren ihr Leben. Das Foto zeigt einen späteren schwächeren Ausbruch im Jahr 2012.
Der Knall, den die Explosion des indonesischen Krakatau-Vulkans im Jahr 1883 verursachte, gilt als das lauteste Geräusch, dass die Menschheit je gehört hat. Die Druckwelle war so stark, dass sie auch nach sieben Erdumläufen noch messbar war. Die Gesteinsdecke des Vulkansystems brach zusammen. Dies führte zu 40 Meter hohen Tsunami-Wellen. Auf den indonesischen Inseln wurden 165 Städte und Dörfer zerstört, mindestens 36.417 Menschen verloren ihr Leben. Das Foto zeigt einen späteren schwächeren Ausbruch im Jahr 2012. © iStock
Der Ausbruch des Tambora in Indonesien im Jahr 1815 gilt als die größte beobachtete Eruption der Geschichte. Sie soll etwa viermal stärker gewesen sein als die des Krakatau. Der Himmel verdunkelte sich in einem Radius von 600 Kilometern vollständig für zwei Tage. Mehr als 50.000 Menschen starben durch die Katastrophe, Hunderttausende durch ihre Folgen. Weltweit gab es Ernteausfälle, der kommender Sommer war der kälteste der je dokumentiert wurde. Der Tambora war vor seinem Ausbruch rund 4300 Meter hoch, heute sind es 2850 Meter.
Der Ausbruch des Tambora in Indonesien im Jahr 1815 gilt als die größte beobachtete Eruption der Geschichte. Sie soll etwa viermal stärker gewesen sein als die des Krakatau. Der Himmel verdunkelte sich in einem Radius von 600 Kilometern vollständig für zwei Tage. Mehr als 50.000 Menschen starben durch die Katastrophe, Hunderttausende durch ihre Folgen. Weltweit gab es Ernteausfälle, der kommender Sommer war der kälteste der je dokumentiert wurde. Der Tambora war vor seinem Ausbruch rund 4300 Meter hoch, heute sind es 2850 Meter. © iStock
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Ausbruch der Phlegräischen Felder: Diese zwei Szenarien sind möglich

Der Vesuv und die Phlegräischen Felder werden rund um die Uhr bewacht.
Der Vesuv und die Phlegräischen Felder werden rund um die Uhr bewacht. © dpa | Lena Klimkeit

Dem Experten zufolge gibt es derzeit zwei Szenarien: "Das beste ist, dass die aktuelle Bradysismus-Krise endet, wie es 1984 der Fall war; das schlimmste ist ein Ausbruch ähnlich dem von 1538." Der letzte dokumentierte heftige Ausbruch der Campi Flegrei ereignete sich im Jahr 1538, der zur Bildung eines neuen Vulkans, dem Monte Nuovo, führte.

Unklarheit gibt es den Experten zufolge auch über die Rolle des in nächster Nähe gelegenen Vesuvs. Die Phlegräischen Felder und der Vesuv seien zwei separate vulkanische Systeme, die jedoch sehr komplex seien, wie es heißt. Einige Forscher befürchten, dass ein Erdbeben oder der Ausbruch der Campi Flegrei auch den Ausbruch des Vesuvs begünstigen könnte. Wissenschaftliche Beweise für diese Theorie gibt es nicht. "Die Campi Flegrei sind ein System, das aus etwa dreißig Vulkanen besteht", wird der Geologe Mario Tozzi auf der italienischen Nachrichtenseite "Open" zitiert.

Allein der Ausbruch von "nur" einem Vulkan hätte bereits katastrophale Folgen: für Neapel, aber vermutlich auch für Europa. Abhängig von der Stärke der Eruption könnten so große Mengen an Gasen und Asche in die Atmosphäre freigesetzt werden, dass ein globaler Winter drohen könnte. "Theoretisch könnte ein Ausbruch eine ganze Gemeinschaft auslöschen", so Tozzi.