Berlin. Die Türkei ist bei deutschen Urlaubern sehr beliebt. Touristen sollten jedoch einige Dinge beachten. Andernfalls drohen harte Strafen.
Seinen Urlaub in der Türkei hatte sich der Zahnarzt Kristian B. aus Wuppertal sicher anders vorgestellt. Schon kurz nach seiner Ankunft am Flughafen von Antalya geriet B. am Gepäckband mit einer türkischen Frau aneinander. Wenig später sah sich der 63-Jährige mit der Flughafenpolizei konfrontiert. Der Vorwurf: B. habe Präsident Recep Tayyip Erdogan und das Türkentum beleidigt. Statt in seinem Feriendomizil landete der Zahnarzt in einer türkischen Gefängniszelle. Nach einem Monat Untersuchungshaft kam der Deutsche vor Gericht und wurde verurteilt – zu elf Monaten und 20 Tagen Haft wegen Präsidentenbeleidigung und zu weiteren fünf Monaten Gefängnis wegen Volksverhetzung. Dank seines türkischen Anwalts kam B. mit einer Bewährungsstrafe davon, durfte nach Deutschland zurückkehren.
Der Vorwurf der Präsidentenbeleidigung wiegt in der Türkei schwer. Artikel 299 des Strafgesetzbuches sieht für solche Vergehen Gefängnisstrafen von bis zu vier Jahren vor. Wie der Fall von B. zeigt, kann es ganz schnell gehen. Auch das Auswärtige Amt warnt vor "willkürlichen Festnahmen" aufgrund dieses Vorwurfes. "Festnahmen, Strafverfolgungen oder Ausreisesperren sind auch im Zusammenhang mit regierungskritischen Stellungnahmen in den sozialen Medien zu beobachten, vermehrt auch aufgrund des Vorwurfs der Präsidentenbeleidigung", schreibt das AA in seinen Reise- und Sicherheitshinweisen zur Türkei. Ein unbedachter Tweet bei X (vormals Twitter) kann schon genügen, um festgenommen zu werden. Deutschtürken mit doppelter Staatsbürgerschaft geraten in der Regel noch schneller ins Visier der türkischen Ermittler.
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Urlauber sollten sich nicht auf politische Diskussionen einlassen
Urlauber sollten sich deshalb vor politischen Meinungsäußerungen und/oder politischen Diskussionen mit Türken hüten. Wer in den Verdacht gerät, ein Anhänger der Gülen-Bewegung zu sein oder zu viel Verständnis für die Kurdenfrage zeigt, gilt schnell als Terrorismusunterstützer. Dieser Begriff wird von den türkischen Behörden weit gefasst.
Das Auswärtige Amt rät deshalb unmissverständlich: "Seien Sie sich bewusst, dass in Deutschland getätigte Meinungsäußerungen und Handlungen, wie z.B. die Unterzeichnung von Petitionen mit kurdischen Anliegen, in der Türkei als regierungskritisch wahrgenommen werden könnten und dort deshalb zu strafrechtlichen Konsequenzen führen können. Gleiches gilt für regierungskritische Äußerungen in den sozialen Medien sowie das bloße Teilen oder Liken eines fremden Beitrags. Auch nichtöffentliche Kommentare können durch anonyme Denunziation an türkische Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet werden."
Nie einen türkischen Geldschein zerreißen
Generell sind viele Türkinnen und Türken sensibel, wenn es um ihr Land und dessen Symbole geht. Türkische Fahnen sind allgegenwärtig. Wer sich despektierlich über die Flagge äußert, muss mit empfindlichen Strafen rechnen. Gleiches gilt für türkische Geldscheine. Wer sie beschädigt oder gar zerreißt, dem droht eine Haftstrafe zwischen sechs Monaten und drei Jahren. Als Beschädigung kann auch schon das Gekritzel auf einer Banknote gewertet werden.
Sensibel bis heikel ist auch der Umgang mit Kulturgütern. Auch hier sollten Urlauber besonders vorsichtig sein. Güter wie etwa archäologische Funde gelten als nationales Eigentum und dürfen keinesfalls ins Ausland gebracht werden. Immer wieder landen Touristen wegen solcher Vergehen in Haft und müssen hohe Kautionszahlungen leisten. Auch alte Münzen, Antiquitäten oder Fossilien können als "Kulturgüter" gelten. Polizei und Zollbehörden haben meist eine weite Definition, was darunter fällt.
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Ausfuhr von Kulturgütern ist strengstens verboten
Auf der Seite des Auswärtigen Amtes heißt es: "Jeder bearbeitete Stein kann darunterfallen. Da es für Reisende praktisch unmöglich ist, selbst zu erkennen, ob ein solcher Gegenstand als Antiquität geschützt ist, sollten Reisende, die über keine entsprechende Genehmigung der zuständigen türkischen Behörden verfügen, generell Steine, Münzen, Fossilien und alt aussehende Gegenstände nicht in ihrem Reisegepäck auszuführen versuchen. Grundsätzlich besteht jedoch die Möglichkeit, bei den dem türkischen Kulturministerium unterstehenden Museen und an einigen Zollstellen eine Ausfuhrgenehmigung einzuholen."
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Vorsichtig sollte man in der Türkei als queerer Mensch sein. Zwar ist Homosexualität nicht verboten, doch schlagen Homosexuellen in der Öffentlichkeit immer wieder Ablehnung oder gar Hass entgegen. Präsident Recep Tayyip Erdogan machte im Wahlkampf Stimmung gegen die LGBTQ-Szene, nannte queere Menschen "pervers". In der Rangliste der LGBTQ-Rechte in Europa der Initiative ILGA* liegt die Türkei auf dem vorletzten Platz. Die Initiative Trans Respect* zählt zwischen 2008 und 2022 insgesamt 62 ermordete trans Personen in der Türkei. "Es sollte mit zum Teil starken Vorurteilen gegenüber LGBTIQ in der türkischen Gesellschaft gerechnet werden", warnt das Auswärtige Amt. In konservativen Gegenden kann es daher problematisch sein, wenn zwei Frauen oder Männer in der Öffentlichkeit Händchen halten oder sich küssen. (tok)