Sydney. Angeln, kochen, Tee trinken mit den Dorfältesten: In der Kohutapu Lodge erleben Neuseeland-Urlauber die Kultur der Ureinwohner hautnah.
Wer eine Neuseelandreise plant, dem schweben zunächst die gigantischen Berg- und Küstenlandschaften vor, die spätestens seit der „Herr der Ringe“-Trilogie weltberühmt sind. Der fotogene Roy’s Peak, die lauschige Bucht Cathedral Cove auf der Nordinsel und natürlich der Milford Sound, ein gigantischer Fjord auf der Südinsel. Der Tourismus ist eine der wichtigsten Einkommensquellen Neuseelands. Die geschlossenen Grenzen während der Pandemie waren für viele im Land deswegen ein harter Schlag.
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Doch die Zäsur gab auch Anlass zum Nachdenken: Bereits Ende 2020 wurde auf einem Tourismusgipfel besprochen, dass das Land künftig mehr auf qualitativ hochwertige und damit teurere Angebote setzen solle. Hinzu kam das Konzept des „nachhaltigeren Tourismus“. Diese Ideen werden nun von einem dritten Bereich überholt, dem „regenerativen Tourismus“, der Land und Menschen nicht nur schonen soll, sondern die Situation am Urlaubsort verbessern.
Kohutapu Lodge: Māori-Familie wollte zu Wurzeln zurückkehren
Ein solches Konzept verfolgt die Kohutapu Lodge in Murupara auf der neuseeländischen Nordinsel. Einst war der Ort dank der Holzwirtschaft recht wohlhabend. Doch als die neuseeländische Regierung Mitte der 1980er Jahre begann, die Wälder an Privatunternehmen zu verkaufen und die Arbeit immer mehr von Maschinen erledigt wurde, begann der Ort dahinzusiechen. Die Arbeitslosenquote explodierte unter der überwiegend indigenen Bevölkerung und mit ihr die sozialen Probleme: Mehr Menschen endeten in Gangs, mehr gerieten in die Drogenabhängigkeit.
All dies war den Toe Toes bewusst, als sie vor zehn Jahren die Kohutapu Lodge aufbauten. „Mein Mann hatte jedoch ein starkes Verlangen, nach Hause in sein Stammesland zurückzukehren“, berichtete Nadine Toe Toe, die wie ihr Mann Māori ist. Der Stamm ihres Mannes – der Ngāti Manawa – ist seit fast tausend Jahren in der Region ansässig. „Jagen, Sammeln und Angeln, die Nähe zum Wald, zu Flüssen und Wasserwegen sind meinem Mann sehr wichtig“, so die Neuseeländerin. Als die Entscheidung fiel, nach Murupara zurückzukehren, war Nadine Toe Toe selbst bereits 20 Jahre in der Tourismusbranche tätig – allerdings im Bereich der traditionellen kulturellen Angebote, bei denen Urlaubern Shows und indigenes Essen präsentiert werden.
„Regenerativer Tourismus“ bietet Einblick in indigene Kultur
In Murupara wollte sie mit ihrer Familie ein völlig neuartiges Konzept starten, bei dem nicht nur die Touristen, sondern auch die einheimischen Menschen profitieren sollten. „Wir wollten eine wahrhaft authentische Begegnung mit den Menschen“, erklärte Toe Toe. In der Kohutapu Lodge erhalten Urlauber Einblick in den Alltag und das Leben der indigenen Familie. Besucher können die Toe Toes für einen halben Tag oder auch für mehrere Tage besuchen.
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Das Programm, das sie mit ihren Gastgebern absolvieren, ist recht individuell. Manche Gruppen gehen Aale fischen, andere helfen dabei, ein Hāngī zu kochen. Diese Mahlzeit wird mit erhitzten Steinen in einer Grube zubereitet. Nach dem Essen werden die Reste – „Wir kochen immer zu viel!“ – an bedürftige Gemeindemitglieder verteilt. Wieder andere treffen die Dorfältesten, die Kaumātua, zum Tee.
Die Urlauber tauchen so in das „echte“ Leben der neuseeländischen Ureinwohner ein. Es geht darum, ihnen Māori-Konzepte zu vermitteln. Wie Manaakitanga – Großzügigkeit, Freundlichkeit und Respekt gegenüber anderen – oder Kaitiakitanga, das Konzept, das Land für zukünftige Generationen zu bewahren. Sie wolle ihren Gästen zeigen, „wer wir heute sind“, betont Nadine Toe Toe. Dazu gehörten auch „einige der unangenehmen Dinge“. Am wichtigsten sei es ihr aber, „die Renaissance unserer Kultur und unserer Sprache“ wie auch die Überlebensgeschichte ihres Volkes zu vermitteln.
„Wir wollen unserem Volk etwas zurückgeben“
Regenerativer Tourismus bedeutet aber auch, die Menschen vor Ort davon profitieren zu lassen. Als der Tourismus während der Pandemie brachlag, engagierte sich die Familie für indigene Kinder, die aus der Bahn geraten waren und Hilfe benötigten. Auch ansonsten fließt das Geld, das die Toe Toes mit den internationalen Touristen verdienen, weitestgehend wieder in die Gemeinschaft zurück. Neben den Mahlzeiten, die die Urlauber nach ihrem Hāngī abliefern, stellt die Familie auch Stipendien für bedürftige indigene Jugendliche zur Verfügung. Sie organisieren internationale Austauschprogramme und unterstützen junge Menschen bei der Berufsausbildung.
„Wir wollen den Tourismus schamlos nutzen, um unserem Volk und insbesondere unseren jungen Menschen etwas zurückzugeben“, sagt Toe Toe. „Denn unsere Kinder sind unsere Zukunft.” Ihre Vision sei viel größer als nur finanzieller Gewinn. Vielmehr gehe es ihnen darum, der Jugend ein Erbe zu hinterlassen – nicht unbedingt ein finanzielles, sondern eher ein spirituelles und soziales Erbe. Eines, das Familie und Umwelt berücksichtigt.
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