Ein Rhodos-Urlaub wird zum Albtraum: Familie Schwandt muss aus dem Hotel fliehen, als die Flammen näher kommen. Eine Odyssee beginnt.

Was als unbeschwerter Sommerurlaub begonnen hat, entwickelt sich für Nadine Schwandt, wie auch für Tausende andere Touristinnen und Touristen zu einem Albtraum. Am 15. Juli hebt ihr Flieger nach Rhodos ab, knapp zwei Wochen wollten Schwandt, ihre Frau, der Sohn und dessen Freundin auf der Urlaubsinsel verbringen. Dass sie nach wenigen Tagen den Urlaub abbrechen und vor den Flammen weglaufen müssen, damit haben die deutschen Urlauber nicht gerechnet.

Seit nunmehr acht Tagen brennt es auf der beliebten Urlaubsinsel. Vor allem der Süden und Südosten von Rhodos ist betroffen von den Waldbränden. In vielen Orten des Landes werden Temperaturen jenseits der 40 Grad gemessen. Auch zuvor war es bereits heiß und trocken. Starke Winde fachen die Flammen weiter an und erschweren die Löscharbeiten.

Urlaub beginnt im Südosten der Insel Rhodos

Begonnen hat die Flucht vor den Flammen für die Schwandts in einem Hotel etwas oberhalb von Kiotari, eine Stadt im Südosten der Insel. Am Dienstag (18. Juli) haben die vier deutschen Touristen von den Waldbränden auf der Insel erfahren. Die Feuer waren zu diesem Zeitpunkt aber noch in weiter Ferne. Dann ging es plötzlich ganz schnell: Freitag zog Aschegeruch zu ihrem Hotel.

Samstagmorgen seien die vier aber noch ganz normal zum Frühstück gegangen. "Hinter dem Hotel waren Berge, hinter denen wir die Rauchsäule sehen konnten. Wir haben uns nicht mehr wohlgefühlt", berichtet sie der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung". Aber die Hotelangestellten hätten beschwichtigt: Alles sei "gut".

Als das Feuer immer kommt sieht Nadine Schwandt aus ihrem Hotelzimmer heraus nur noch Rauch.
Als das Feuer immer kommt sieht Nadine Schwandt aus ihrem Hotelzimmer heraus nur noch Rauch. "Da haben wir beschlossen zu gehen." © Nadine Schwandt

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Für den Notfall packt Familie Schwandt ihre Koffer

Die Familie fasst zu diesem Zeitpunkt den Entschluss, vorsichtshalber ihre Koffer zu packen. "Falls wir gehen müssen, hätten wir schon alles zusammen." Der Notfall trat wenige Stunden später ein: Das Feuer näherte sich dem Hotel. Familie Schwandt musste den Ort verlassen. Erst zu Fuß. Dann mit dem Bus bis Gennadi Beach. Mit dem Auto sind es von Kiotari bis dorthin knapp fünf Kilometer.

Ein kurzer Moment der Erleichterung: Hier schienen sie zunächst sicher zu sein. In Gennadi Beach mussten die Urlauber ausharren. "Sechs oder sieben Stunden haben wir dort gewartet", erzählt Schwandt. Mit Tausenden anderen Urlaubern habe sie am Strand gesessen, ohne zu wissen, wie es weitergeht. "Die Menschen waren alle sehr freundlich, aber niemand hatte gesicherte Informationen."

Deutsche Urlauber haben sich zunächst in Sicherheit gewiegt

Aber das Feuer holt die deutschen Touristen mehrfach auf ihrer Flucht ein. Als es abends eigentlich hätte dunkel werden sollen, verfärbt sich der Himmel orange. "Es kommt wieder näher, war mein erster Gedanke", berichtet die 40-Jährige Schwandt. Auf eigene Faust sei sie mit ihren Mitreisenden und dem gesamten Gepäck die Straße hinter dem Strand entlanggelaufen, bis sie von einem Busfahrer eines englischen Reiseveranstalters mitgenommen wurden, der sie in ein Hotel im Süden der Insel gebracht hat: "Der Mann ist ein Engel."

Nach einer Verschnaufpause auf der Wiese vor dem Hotel, haben Schwandt und ihre Mitreisenden mitten in der Nacht einen Bus erwischt, der sie mit zum Flughafen im Norden der Insel und somit in Sicherheit gebracht hat.

Deutsche Urlauberin ist von griechischen Gastgebern gerührt

Besonders gerührt war Schwandt von den Einheimischen der Urlaubsinsel. "Die Griechen sind großartig", so die Urlauberin. Mit ihren Privatautos seien sie in Richtung des Feuers gefahren und hätten Menschen aus den betroffenen Gebieten gerettet. Auch Wasser hätten sie an die Touristen verteilt. "Und dass, obwohl sie selbst so betroffen sind", berichtet Schwandt mit zittriger Stimme.

Ihre Gedanken schwenken auch immer wieder zu den Einheimischen, die sie während ihrer Zeit in Kiotari kennengelernt habe. In einem kleinen Laden habe sie von einem Mann aus Athen, der auf die Insel gezogen sei, Olivenöl gekauft. Auch jetzt denke sie noch an ihn: "Ich glaube nicht, dass es die kleinen Ladenbesitzer geschafft haben."

Rhodos Stadt: Das normale Leben geht im Norden der Insel weiter

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© Nadine Schwandt

Nach der Tour, bei der sie 14 Kilometer zu Fuß und den Rest mit dem Bus zurückgelegt haben, sind die deutschen Urlauber in Rhodos Stadt, ganz im Norden der Insel, angekommen. Dort ist die Familie in einer Ferienwohnung für ihre restlichen drei Urlaubstage untergekommen. Den Flug umzubuchen, das habe nicht funktioniert, erzählt die 40-Jährige.

In Rhodos Stadt sei allerdings wenig von den Bränden spürbar. Nadine Schwandt sagt, es fühle sich dennoch seltsam an, den restlichen Urlaub auf der Insel zu verbringen, während die Brände weiter toben und die Einwohner gegen die Flammen kämpfen.

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