Bad Berleburg. Matthias Gasche, ärztlicher Direktor der Klinik Wittgenstein, erklärt, warum Emotionen wie Angst, Wut und Liebe essenziell fürs Leben sind.
Gefühle, egal ob Wut, Angst, Freude oder auch Trauer – sie alle sind ein grundlegender Bestandteil des Menschen und „sie sind unfassbar wichtig“, sagt Matthias Gasche, ärztlicher Direktor der Klinik Wittgenstein (Evangelisches Johanneswerk). Er weiß: „Wir brauchen Gefühle, um uns in der sozialen Welt zu orientieren. Unseren Platz zu finden.“ Immerhin werden viele Entscheidungen aus dem Bauch heraus getroffen – oftmals unbewusst. Ein Bewertungssystem, das je nach Menschen mehr oder weniger gut ausgestattet sein kann.
So schütze beispielsweise Angst davor, unvorsichtig zu sein. Wut könne dazu führen, seine eigenen Grenzen zu spüren. „Heutzutage gibt es immer wieder Grenzüberschreitungen. Oft reagieren wir mit Wut darauf. Es hilft uns, künftig, unsere eigenen Grenzen zu setzen.“ Liebe hingegen ist wichtig, um eine Bindung und auch Vertrauen aufzubauen. Und auch Trauer ist ein wichtiges Gefühl, „um gewisse Erfahrungen zu verarbeiten oder auch neue Räume betreten zu können. Natürlich nur im gesunden Maß, denn wenn sich Gefühle verselbstständigen, können auch Ängste oder beispielsweise Depressionen entstehen“, erklärt Matthias Gasche.
„Heutzutage gibt es immer wieder Grenzüberschreitungen. Oft reagieren wir mit Wut darauf. Es hilft uns, künftig, unsere eigenen Grenzen zu setzen.“
Insbesondere in einer Zeit, wo soziale Gemeinschaften wie Paare, Freundschaften oder Familien immer öfter auseinandergehen, sind Gefühle ein wichtiger Bestandteil unserer Alltagsbewältigung. „Oft wird von einer Zeit der Erschöpfung gesprochen, in der man versucht, seine emotionalen Wünsche durch Materielles zu befriedigen. Doch das funktioniert nicht“, so Gasche. „Wir arbeiten in der Psychotherapie sehr viel mit Gefühlen, um eine Empathie für sich und andere zu entwickeln. Es gibt Menschen, die ihre Gefühle nicht mehr wahrnehmen und deuten können. Dann spricht man von einer Alexithymie.“ Das Problem: Oftmals treffen die Menschen dann Entscheidungen, die ihnen nicht guttun – z. B. für einen Partner oder einen Beruf.
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Daher sei es wichtig, die verschiedenen Gefühle wahrzunehmen – und auch über sie zu sprechen. „Das macht uns zu Menschen“, so Gasche. Und der ärztliche Direktor hat auch Tipps, wie man sich wieder emotional öffnen kann. „Indem man abends nicht vor dem Smartphone oder dem TV sitzt, stattdessen lieber etwas unternimmt – sei es ein Spaziergang, ein Kaffee mit einem Freund, gemeinsames Kuchenbacken oder auch ein Spieleabend – soziale Interaktionen sind wichtig.“ Aber auch Bewegung und der Verzicht auf Drogen, Alkohol oder Nikotin. „Denn diese Mittel stören die Wahrnehmung der eigenen Gefühlswelt.“