Berghausen. Trotz Automotiv-Krise positive Entwicklung: Automobilzulieferer aus Bad Berleburg ist jetzt seit einem halben Jahr in indischer Hand.
Vor einem halben Jahr meldete der indische Konzern Suprajit die Übernahme des insolventen Wittgensteiner Automobilzulieferer SCS Stahlschmidt. Inzwischen ist ein halbes Jahr vergangen und es ist Zeit, mit dem Geschäftsführer von Suprajit Germany GmbH, Friedemann Faerber, über die Entwicklung seit der Übernahme zu sprechen.
Für Faerber, der SCS bereits vor der Übernahme geleitet hat, ist eine positive Entwicklung erkennbar, wenn auch noch nicht alle Prozesse am Heimatstandort Berghausen oder der Produktionsstätte im marokkanischen Tanger abgeschlossen sind.
„Weitere Schritte müssen folgen, wir sind jedoch zuversichtlich, dass sich die positive Entwicklung fortsetzt.“
Sehr viel habe sich getan, sagt Faerber. „Suprajit hat zusammen mit den SCS-Teams an allen Standorten den Post Merger Prozess gestartet. Im Wesentlichen geht es dabei darum, Prozesse beider Firmen miteinander abzugleichen und zu verschmelzen“, erläutert Faerber diesen Punkt im Prozess. Der Fokus lieg neben operativen Optimierungen in der Produktion auch auf der Umstellung aller Kunden- und Lieferantenbeziehungen von SCS auf Suprajit. „Hier müssen alle Verträge neu gestaltet werden. Es gelingt uns immer mehr, nach der Insolvenz das Vertrauen aller Stakeholder in den neuen Eigentümer aufzubauen. Weitere Schritte müssen folgen, wir sind jedoch zuversichtlich, dass sich die positive Entwicklung fortsetzt.“ Mit Stakeholdern sind in diesem Fall sowohl Lieferanten als auch Kunden gemeint, die genau wissen wollen, wie es unter Führung des indischen Investors weitergeht.
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Die Übernahme kam für SCS zu einem wichtigen Zeitpunkt, denn der Hauptkunde für die in Berghausen entwickelten speziellen Bowdenzugsysteme ist die Automobilindustrie. Und die steckt in einer Krise, die sich auch massiv auf das Traditionsunternehmen ausgewirkt hat. Friedemann Faerber macht aus der schwierigen Situation keinen Hehl: „Die Branche steckt weltweit in der Krise, Deutschland scheint besonders stark betroffen zu sein. Suprajit hat sich jedoch bewusst für eine Investition in Bad Berleburg entschieden. Es ist für das gesamte Managementteam klar, dass die deutschen Automotive-Kunden einen wesentlichen Markt auch in Zukunft darstellen.“ Aber der Suprajit-Konzern sehe diese Investition „nicht nur kurzfristig“, so Faerber. Eingekauft wurde auch das Knowhow: „Die Sales- und Engineering-Kompetenz am Standort in Bad Berleburg wird sehr geschätzt“, macht der Geschäftsführer klar.
Wer steckt hinter Suprajit?
Suprajit wurde 1985 in Indien gegründet und hat sich als Pionier in der Entwicklung und Herstellung mechanischer Steuerkabel einen Namen gemacht. Das Unternehmen gilt als einer der führenden Automobilkabelhersteller und ist weltweit der größte Kabelproduzent auf dem Markt für Zweiradkabel. In 2015 erwarb Suprajit das Unternehmen Wescon Controls Inc. in den USA und erweiterte durch die Übernahme von Phoenix Lamps Limited im Jahr 2014 sein Leistungsangebot im Bereich Automobilbeleuchtung. Die Suprajit-Gruppe mit Sitz in Bangalore/Indien ist inzwischen ein weltweit führendes Unternehmen in der Automobilkabel- und Halogenlampenindustrie. Mit Produktionsstandorten in Indien, Großbritannien, den USA, Mexiko und China sowie einer weltweiten technischen und logistischen Unterstützung bietet die Gruppe ihren nationalen und internationalen Kunden optimale Produktentwicklungs- und Produktionslösungen. Die Gruppe besteht aus Suprajit Engineering Limited (zu der auch Phoenix Lamps gehört), Suprajit Automotive Limited, Suprajit Europe Limited, Wescon Controls LLC, Suprajit Mexico, Suprajit Hungary und Suprajit Inc USA. Weitere Informationen unter: https://suprajit.com.
Lange hing das Überleben von SCS am seidenen Faden und vom Verhandlungsgeschick des Insolvenzverwalters Jens Lieser ab. Viele Kunden hatten das Unternehmen in der Krise durch ihr Entgegenkommen positiv begleitet. „Der Großteil unserer Kunden sieht die Investition durch Suprajit sehr positiv und ist weiterhin an einer langfristigen Zusammenarbeit interessiert. Auch sehen wir die Entwicklung des neuen Werkes in Marokko sehr positiv“, sagt Faerber, der aktuell viel zwischen Berghausen und Marokko pendelt.
Für den indischen Investor Konzern stellte SCS die Möglichkeit dar, auf dem europäischen und amerikanischen Markt Fuß zu fassen, erläuterte Insolvenzverwalter Jens Lieser bei der Übernahme im Gespräch mit dieser Zeitung. Deswegen passe SCS mit seinen Verbindungen in Kanada und Deutschland perfekt ins System, zumal beide Unternehmen ähnliche Fahrzeugkomponenten, beispielsweise mit Bowdenzügen, herstellen. Vorausgegangen war dieser Übernahme eine lange Phase von Verhandlungen mit möglichen Interessenten. SCS hatte im Dezember 2023, kurz vor Weihnachten, ein Insolvenzverfahren gestartet und die gesamte Unternehmensgruppe zum Verkauf angeboten.