Bad Berleburg. Bund der Steuerzahler hat sich Baustelle angesehen und kritisiert Steuerverschwendung. Tipp kam aus der Stadt selbst, berichtet der BdSt.

Nichts weniger als die Verschwendung wirft der Bund der Steuerzahler der Stadt Bad Berleburg vor. In der neuesten Ausgabe seiner Mitgliederzeitschrift „Die NRW-Nachrichten“ berichtet Andrea Defeld von einem Bauprojekt, das 600.000 Euro verschlingt. Und nach Einschätzung des Bundes der Steuerzahler NRW ist das „nicht notwendig“. Die Stadt Bad Berleburg sieht das naturgemäß ganz anders.

BdSt-Autorin Andrea Defeld folgt bei ihren Recherchen einem Tipp aus Bad Berleburg. „Wir bekommen täglich viele Anrufe und Hinweise von Bürgern oder Kommunalpolitikern, die uns um eine Einschätzung bitten. Oft sind die mit der Regierung oder einer Stadtverwaltung nicht einverstanden“, sagt Defeld im Gespräch mit der Westfalenpost. Aus einer Vielzahl von möglichen Verschwendungsgeschichten hat sich die Autorin Bad Berleburg herausgegriffen. „Ich habe mich dann ins Auto gesetzt und bin nach Bad Berleburg gefahren.“ Ihr Urteil fällt klar aus: So eine neue Fußgängerbrücke ist „nett“ oder „nice to have“ aber „nicht notwendig“.

„Vor Ort haben wir uns diese Umwege angesehen und fanden sie nicht so signifikant, wie die Stadt behauptet.“

Andrea Defeld
Bund der Steuerzahler NRW

„Wer ins Zentrum will, kann derzeit das Flüsschen Odeborn über die Brücke auf der Emil-Wolff-Straße (L718) und über die so genannte Bärenbrücke (Poststraße/B480) überqueren. Beide Brücken gehören zu gut ausgebauten Straßen mit breiten Fußgängerwegen. Seit den 1970er Jahren gab es zwischen diesen beiden Brücken über die Odeborn eine reine Fußgängerbrücke, die die Nutzer in Richtung des zentralen Marktplatzes in der Unterstadt führt. Doch diese Brücke wurde 2018 gesperrt.“

Die Stadt argumentiere, dass der Neubau dieser Fußgängerbrücke mehr Barrierefreiheit schaffe, eine optische Aufwertung des Stadtbildes sei und eine historische Bedeutung habe. Es gebe keine direkte, alternative Verbindung von der Oberstadt zum Marktplatz in diesem Bereich. Nur über die Bundesstraße und die Landesstraße könnte der Marktplatz über den straßenbegleitenden Gehweg und damit mit einem durchaus signifikanten Umweg erreicht werden.

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„Vor Ort haben wir uns diese Umwege angesehen und fanden sie nicht so signifikant, wie die Stadt behauptet. Es handelt sich um drei Minuten mehr, je nachdem, aus welcher Richtung man kommt. Die neue Brücke ist nice to have – notwendig ist sie nicht“, ist das klare Fazit von Defeld. Die außerdem die Argumentation entkräftet, dass es durch die Brücke eine direkte Verbindung in die Oberstadt gebe. „Egal, ob man aus Richtung Oberstadt zur neuen Brücke geht oder aus Richtung Markt über die neue Brücke zur Oberstadt will – direkt den Berg hoch oder hinuntergeht es nicht. Man läuft entweder links oder rechts entlang der Poststraße, die in diesem Abschnitt eng und stark befahrenen ist und kommt dann fast auf der Höhe der Brücke Emil-Wolff-Straße oder der Bärenbrücke aus.“

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Dass diese Brücke aber eine seit 2018 gesperrte Fußgängerbrücke aus den 1970er Jahren ersetzt und damit alte Wegverbindungen wiederherstellt, lässt sie im Telefongespräch so nicht stehen: „Die Menschen haben sich in den letzten sechs Jahren an die Umwege gewöhnt“, argumentiert Defeld. Und in Sachen der Finanzierung argumentiert Defeld auch, dass sowohl die Eigenmittel der Stadt Bad Berleburg als auch die Fördergelder aus Düsseldorf letztlich Steuergelder seien und dass dies die Haushaltslage der klammen Kommunen belaste. „Wann fangen wir endlich an zu sparen?“, fragt Defeld.

„Dass die Autorin des Bundes des Steuerzahlers die Umwege als generell zumutbar empfindet, ist ihre subjektive Betrachtungsweise.“

Timo Karl
Pressesprecher der Stadt Bad Berleburg
Die neue Fußgängerbrücke über die Odeborn in der Kernstadt hat den Bund der Steuerzahler auf den Plan gerufen. Der kritisiert den Neubau für 600.000 Euro als unnötig.
Die neue Fußgängerbrücke über die Odeborn in der Kernstadt hat den Bund der Steuerzahler auf den Plan gerufen. Der kritisiert den Neubau für 600.000 Euro als unnötig. © WP | Lars-Peter Dickel

Die Stadt Bad Berleburg argumentiert ganz anders: „Wir haben uns intensiv mit Bedarfen und der städtebaulichen Perspektive beschäftigt. Der Rat hat das Projekt Odebornquerung am Ende in Verbindung mit der Öffnung zur Odebornpromenade beschlossen. Die Querung ist dabei als Wegeverbindung nicht nur Bestandteil der historischen Stadtroute, sondern soll als ‚Brücke gegen das Vergessen‘ an die Opfer und Vertrieben aus der NS-Zeit erinnern. Dass die Autorin des Bundes des Steuerzahlers die Umwege als generell zumutbar empfindet, ist ihre subjektive Betrachtungsweise – Menschen mit Mobilitätseinschränkungen werden das anders sehen. Mit dem Neubau der Odebornquerung sorgen wir für mehr Barrierefreiheit und gleichzeitig eine optische Aufwertung unseres Stadtbildes“, schreibt der Pressesprecher Timo Karl auf Nachfrage der Redaktion.

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Und zur klammen Kassenlage der Kommunen heißt es aus dem Rathaus: „Wir haben – mit Blick auf die Kritik in finanzieller Hinsicht – für das Haushaltsjahr 2024 einen strukturell ausgeglichenen Haushalt vorlegen können, der eine Inanspruchnahme der in den vergangenen Jahren aufgebauten Ausgleichsrücklage planmäßig vorsieht. Sofern die planmäßige Verringerung tatsächlich im laufenden sowie um Folgejahr eintritt, würde dies auch eine Verringerung der Allgemeinen Rücklage ab dem Planjahr 2026 bedeuten. Daher wägen wir Investitionen in den Erhalt unserer Infrastruktur generell sorgfältig ab und setzen uns, wie im Fall der historischen Odebornquerung, aktiv und erfolgreich für den Erhalt von Fördermitteln ein. Der bei uns verbleibende Eigenanteil für die Baumaßnahme sowie die Abschreibung nach Fertigstellung sind in der Haushaltsplanung bereits enthalten. Ausgehend von einer Nutzungsdauer von 80 Jahren werden die Haushalte der Folgejahre aus der Einzelmaßnahme damit nur marginal belastet. Der Erfolg der Haushaltskonsolidierung ist im Wesentlichen von anderen Faktoren und Entwicklungen abhängig, die im Rahmen der jeweiligen Aufstellung der Haushaltspläne neu bewertet werden müssen.“