Wittgenstein. Plötzlich erstrahlt alles purpur: überall wächst Fingerhut. Woran das liegt und welche Auswirkungen die Farbenpracht hat.
Die braunen, abgeholzten Flächen waren in Wittgenstein wie auch in anderen Regionen ein trauriger Anblick. Doch zurzeit erstrahlen viele Teile der Landschaft pink. Der Grund: überall wächst Fingerhut, der sich sehr schnell ausbreitet. Aber warum wächst er plötzlich und ist so viel Fingerhut vielleicht schädlich für die Umwelt? Unsere Redaktion hat bei Experten nachgefragt.
Darum blüht so viel Fingerhut
Der Fingerhut ist aktuell weit verbreitet und kommt auf den meisten Kahlschlagflächen im Kreisgebiet Siegen-Wittgenstein vor, von denen es eben aufgrund des großflächigen Absterbens der Fichte kreisweit sehr große Flächen gibt. „Der Fingerhut ist eine Pionierpflanze und kommt natürlicherweise auf Schlagfluren vor. Die jetzt so massive Verbreitung liegt nur indirekt am Fingerhut, vielmehr sind die großen Kahlschlagflächen, die ehemals mit Fichte bestockt waren, verantwortlich für die aktuell massive Ausbreitung“, erklärt Jasmin Mantilla von der Biologischen Station Siegen-Wittgenstein.
Für den Fingerhut als Lichtkeimer seien die Bedingungen auf den Kahlschlagsflächen optimal, er habe dort optimale Lichtverhältnisse und gleichzeitig wenig Konkurrenz, da viele andere Pflanzen auf den teils warmen, trockenen Flächen mit sauren Bodenbedingungen nicht klarkommen.
„Der Fingerhut ist zwar giftig, dies ist der heimischen Fauna aber bekannt, so wird die Pflanze gemieden und stellt daher auch keine Gefahr dar.“
Keine Gefahr für Flora und Fauna
Die Biodiversität ist bei der Masse an Fingerhut nicht bedroht. „Die Pflanze wächst insbesondere auf sonst vegetationsarmen Flächen und verdrängt daher keine anderen Arten, zumindest nicht aus Sicht des Naturschutzes“, antwortet Mantilla. Für die Wiederaufforstung der Flächen könne der Fingerhut als Konkurrenz zu Baumkeimlingen jedoch einen negativen Einfluss haben.
Obwohl Fingerhut auch für die meisten Tiere giftig ist, gefährlich ist sie für Wildtiere in Wittgenstein nicht. „Der Fingerhut ist zwar giftig, dies ist der heimischen Fauna aber bekannt, so wird die Pflanze gemieden und stellt daher auch keine Gefahr dar“, so die Mantilla. Insekten profitieren sogar von dem reichhaltigen Angebot auf den Kahlschlagflächen durch die Nektarpflanze.
„Das ist nur eine Phase. Die Entwicklung lässt stark nach und wird in den kommenden Jahren von anderen Pflanzen abgelöst.“
„Das ist nur eine Phase“
Der Fingerhut kommt aber nicht so plötzlich aus dem Nichts, wie es scheint. „Der Fingerhut war schon immer da. Es sind überlagerte Samen, die jetzt austreten“, erklärt Klaus Daum, Förster beim Regionalforstamt Siegen-Wittgenstein. Über den Wind wurden auch in den letzten Jahren Samen verbreitet und überdauerten im Boden, wartend auf optimale Bedingungen. Durch die großflächige Entfernung der Fichte komme es dann zu einem starken Lichteinfall auf sonst vegetationsarmen Flächen und so würden viele Fingerhüte auf einmal keimen, um diese optimalen Bedingungen auszunutzen, führt die Biologische Station aus.
Es wird nun aber nicht jedes Jahr so pink werden. „Das ist nur eine Phase. Die Entwicklung lässt stark nach und wird in den kommenden Jahren von anderen Pflanzen abgelöst“, so der Bad Berleburger. Der Fingerhut als Teil der „Schlagfolgeflora“ wird in der nächsten Saison von einer anderen Pflanzenart abgelöst wie Weidenröschen, Brombeeren oder Walderdbeeren, erklärt der Förster. Auf den Fingerhut folge der Ginster, was bedeutet, dass aus dem Pink im nächsten Jahr wahrscheinlich Gelb werden wird.