Münster/Bad Berleburg. Oberverwaltungsgericht Münster hat der Klage von drei Bad Berleburgern im Eilverfahren stattgegeben. Die Vorrangzonen sind außer Kraft gesetzt.
Die Nachricht kommt für Bad Berleburg überraschend. Das Oberverwaltungsgericht in Münster hat die Windkraft-Vorrangzonenplanung der Stadt Bad Berleburg vorläufig außer Kraft gesetzt. Das bestätigte der Vorsitzende Richter am Oberverwaltungsgericht, Dirk Rauschenberg, als Pressesprecher des OVG im Gespräch mit dieser Zeitung.
Die Entscheidung in einem sogenannten Normenkontrollverfahren besagt: Der sachliche Teilflächennutzungsplan „Windkraft“ der Stadt Bad Berleburg wird bis zu einer endgültigen Entscheidung des Senats vorläufig außer Kraft gesetzt. Konkret bedeutet dies laut Rauschenberg, dass die ausschließende Wirkung für Bauvorhaben außerhalb der Vorrangzone nach § 35,3,3 NRW-Baugesetz vorläufig außer Kraft gesetzt wird. Das heißt, die Vorrangzonen können nicht mehr als Ausschlusskriterium für Bauvorhaben verwendet werden, die außerhalb dieser Zonen liegen.
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Die Entscheidung fiel am Montag, 17. Juni, in einem Eilverfahren (Az. 22B286/24NE), das der Bad Berleburg Jochen Maaß und zwei weitere Kläger angestrengt hatten. Ein Hauptsacheverfahren (Az. 22D48/24NE) in der gleichen Sache läuft noch. Die Entscheidung im Eilverfahren darf aber gewöhnlich als Fingerzeig für die endgültige Entscheidung gesehen werden.
Der zuständige Senat hat laut Rauschenberg drei kritische Punkte als Begründung für seine Entscheidung herausgestellt. Da ist zunächst das harte Ausschlusskriterium von schützenswerten Laubwaldbeständen unter vier Hektar Größe, die sich aber auch innerhalb von Vorrangzonen befinden. Und das zweite Kriterium ist der Abstand von 833,5 Metern zu Siedlungsbereichen, bei denen beispielsweise nicht genauer zwischen reinen Wohngebieten und Mischgebieten unterschieden werde. Auch die Verhinderung einer Umfassung von Ortschaften durch das Freihalten eines Bereichs südlich der Dörfer habe den Senat nicht überzeugt.
Laut Rauschenberg könne der genaue Text der Begründung dieser Entscheidung in Kürze auf der Internetseite www.nrwe.de eingesehen werden.
Das sagt die Stadt Bad Berleburg
Am Mittwochnachmittag reagierte die Stadt Bad Berleburg mit einer Pressemitteilung auf die Anfrage dieser Redaktion und betont noch einmal, dass die Stadtverordnetenversammlung die Vorrangzonenplanung im Oktober 2023 beschlossen hatte: „Aus gutem Grund: Es ging darum, die Energiewende nachhaltig voranzutreiben und dabei gleichzeitig das Maximum der kommunalen Planungshoheit zu wahren – und nicht zuletzt alle Ortschaften und Menschen in der Stadt der Dörfer gleichermaßen profitieren zu lassen. Anfang des Jahres trat das Planwerk in Kraft. Der bisherige Planungsprozess hat dazu geführt, dass außerhalb der ausgewiesenen Konzentrationszonen bislang keine Genehmigungen zu Windenergieanlagen erteilt wurden und zudem sich die Projektierer bei ihren Planungen fast ausschließlich auf die durch die Stadtverordnetenversammlung ausgewiesenen Flächen konzentriert haben, welche den politischen Willen in Bad Berleburg abbilden. Dabei war klar, dass der FNP der Stadt Bad Berleburg seine Ausschlusswirkung nur bis zum Inkrafttreten des in Aufstellung befindlichen Regionalplans entfaltet“, heißt es in der Stellungnahme.
Die Stadt Bad Berleburg sieht sich mit der gegen den Flächennutzungsplan gefällten Entscheidung aber nach eigenen Angaben „in guter Gesellschaft zu anderen Kommunen, da aufgrund der schwierigen Rechtslage und der hohen Priorisierung des Landes beim Ausbau der Windenergie bislang alle Kommunen vor Gericht mit ihren Plänen gescheitert sind. Das Land NRW selbst ist sogar zuletzt mit einer Regelung im Landesentwicklungsplan zum Ausschluss bzw. dem Zurückstellen von Windenergieanlagen unter bestimmten Voraussetzungen vor Gericht gescheitert.“
Gegen den Eilbeschluss des Oberverwaltungsgerichts kann die Stadt Bad Berleburg zunächst keine Revision einlegen. Eine Entscheidung darüber, ob der FNP generell gültig ist, ist damit allerdings noch nicht gefällt, sondern vielmehr Bestandteil der weiteren juristischen Prüfung.
Das sagt der Kreis Siegen-Wittgenstein
Auch der Kreis Siegen-Wittgenstein als Baugenehmigungsbehörde wurde von der Entscheidung des OVG Münster überrascht. Pressesprecher Torsten Manges verweist deshalb darauf, dass man nur eine vorläufige Einschätzung abgeben könne: „Der Beschluss würde dazu führen, dass Windenergieanlagen zunächst einmal wieder im gesamten städtebaulichen Außenbereich des Stadtgebietes planungsrechtlich denkbar wären“, heißt es aus dem Kreishaus. Wichtig sei aber auch, so betont Manges: „Dies lässt aus Sicht des Kreises aber keine Rückschlüsse auf einzelne immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren zu, weil hier in jedem Fall die Besonderheiten des Einzelfalls zu betrachten sind. Insbesondere im immissionsschutzrechtlichen Vollverfahren sind neben dem Planungsrecht ja noch viele andere Gesichtspunkte relevant.“
Die Kläger
Geklagt haben drei Bad Berleburger, ein Grundstücksbesitzer und zwei seiner Nachbarn. Die drei wollten gemeinsam ein Windrad errichten. Die Fläche liegt aber außerhalb der bis dato gültigen Vorrangzonen - zwischen Schüllar-Wemlighausen, dem Dödesberg und dem Hof Rüsselsbach. Die Fläche wäre laut dem Regionalplanentwurf der Bezirksregierung in Arnsberg eine mögliche Windkraftzone gewesen, fiel dann aber bei der Auswahl der späteren zwölf Zonen heraus. Daraufhin reichte das Trio eine inzwischen im Eilverfahren erfolgreiche Normenkontrollklage ein, bei der die harten und weichen Auswahlkriterien auf den Prüfstand gestellt worden sind.