Bad Laasphe. Tim Hackler begleitet des Öfteren den Winterdienst bei der Arbeit: Bei Facebook macht er seinem Ärger über diverse Kommentare Luft.
Minus vier Grad. Strahlender Sonnenschein. Der Schnee auf den Gehwegen glitzert. Die Straßen der Lahnstadt sind bereits geräumt. Um halb vier stehen die Mitarbeiter des Winterdienstes je nach Wetterlage dafür auf. Und auch in den kommenden Tagen wird es nachts wieder frostig kalt. Heißt: Der Winterdienst hat wieder einiges zu tun.
Denn: Zahlreiche Straßen wollen gestreut werden – nicht immer zur Zufriedenheit aller Bürger. Immer wieder werden Mitarbeiter des Winterdienstes mit Beschwerden konfrontiert. „Die schlafen alle noch. Warum dauert das schon wieder so lange? Die Einfahrten sind schon wieder zugeschoben.“ Aussagen, die viele von ihnen kennen – auch Tim Hackler kennt die Kommentare.
Der 20-Jährige aus Bad Laasphe begleitet seit vier Jahren immer wieder Kollegen des Winterdienstes auf ihren Fahrten. Als er 16 Jahre alt war, hatte ihn ein Kumpel, der damals für die Gemeinde Erndtebrück fuhr, gefragt ob er ihn nicht begleiten möchte. „Früher habe ich mich selbst immer wieder über den Winterdienst geärgert, bis ich hinter die Kulissen schauen durfte.“
Blick hinter die Kulissen
Dort erfuhr er dann, was alles dahinter steckt und was es heißt, Winterdienst zu machen. Kommentare wie „die schlafen doch eh alle nur“, ärgern den 20-Jährigen. Auf Facebook veröffentlichte er daher nun einen Beitrag. „Da in letzter Zeit oft in sozialen Medien gegen uns geschossen wird: Winterdienst heißt, auf Abruf sein.
Das heißt, wenn angerufen wird, müssen alle ihre Familien und Freunde verlassen. Da aber immer weniger Leute Berufe ausüben, wie z.B den Straßenwärter/-in, kann es auch schonmal sein, dass es länger dauert“, heißt es dort. „Auf geht es auf die Straßen zum Räumen – ebenfalls unter Berücksichtigung mancher waghalsigeren Überholmanöver mancher Autofahrer. Die Jungs und Mädels machen ihren Job zuverlässig, auch wenn es schonmal durch genannte Gründe länger dauern kann. Wir sollten auch ihnen dankbar sein, dass sie Tag und Nacht in Bereitschaft sind, um für uns die Straßen zu räumen“, schreibt Hackler, der sich mehr Akzeptanz wünscht.
Zudem sei es nicht möglich, mit einer gewissen Fahrzeuganzahl an mehreren Orten gleichzeitig zu sein und: „Je stärker der Schneefall, desto schneller sind die Straßen auch wieder zu. Da bemerkt man es kaum, dass zwischenzeitlich bereits geschoben wurde“. Zudem müssen bei der Planung der Winterdienstrouten Prioritäten und zeitliche Vorgaben berücksichtig werden, teilt Straßen.NRW auf ihrer Homepage mit.
„Stark frequentierte Straßen und besondere Gefahrenpunkte, wie gefährliche Steigungs- oder Gefällestrecken oder durch Verwehungen gefährdete Abschnitte haben Vorrang im Winterdienst“, heißt es dort. Des weiteren hat jeder Fahrer eine feste Route nach Priorität, sollte der Fahrer ein technisches Problem haben oder selbst im Verkehr stecken bleiben, kann es zu erheblichen Verzögerungen kommen. Hackler selbst kann sich sehr gut vorstellen, nach seiner Ausbildung selbst auch den Winterdienst zu fahren. „Ich bin eh eine Nachteule und ich finde es spannend, wenn ich die Kollegen auf ihrer Fahrt begleite“, sagt er.
Die Reaktionen
Über 580 Mal wurde der Beitrag von Tim Hackler auf Facebook geliked, mehr als 180 Kommentare befinden sich mittlerweile darunter – einige davon von Mitarbeitern des Winterdienstes. „Genau so, und wenn wir dann unterwegs sind, wird gesagt: Warum streuen und räumen die jede halbe Stunde? Jeder, der da denkt, dass wir nur schlafen, sollte mal selbst mitmachen“, schreibt ein Facebooknutzer. Ein weiterer schreibt: „Erst mal Danke für dein Schreiben. Ich denke, du hast etwas geschrieben, was wir Winterdienstler immer mehr erfahren. Ich selbst erfahre das auch immer wieder, aber was soll’s – Job so weiter machen.“
Dass der Post so viele Kommentare auslösen würde, hatte Tim Hackler zu Beginn nicht gedacht. Kommentare von Kollegen, aber auch von anderen Facebooknutzern – Lob und auch Kritik. „Ich bin Ortsvorsteherin und muss auch den Winterdienst bestellen.
Meist rufe ich schon um halb 4 Uhr an. Derjenige, der fährt, muss aufstehen und losfahren. Fünf Ortschaften können nicht gleichzeitig gefahren werden. Also eine nach der anderen. Das sind auch nur Menschen und wir sollten alle froh und dankbar sein, dass es sie gibt“, heißt es in den Kommentaren. Ein weiterer Nutzer schreibt: „Sicher: Im Großen und Ganzen kann man mit dem Winterdienst zufrieden sein und ich bin dankbar, dass es Menschen gibt, die diesen wichtigen Job auch zu unchristlichsten Zeiten ausführen.
Trotzdem läuft auch hier nicht alles so, wie es sollte. Besonders ärgerlich ist es, wenn Schnee und Salzbrocken von öffentlichen Flächen auf das private Grundstück geschoben und dabei Grundstücke und Hecken beschädigt werden und Einfahrten zu Häusern so zugeschoben werden, dass man mit dem Auto nicht mehr rauskommt und gezwungen ist, riesige Schneeberge abzutragen.“
Und Tim Hackler? Er wird voraussichtlich am Wochenende wieder mit den Kollegen vom Winterdienst mitfahren, wenn es wieder heißt: Straßen streuen oder sogar wieder räumen und streuen. „Ich würde mir wünschen, dass wenn sich jemand über den Winterdienst ärgert, er die Kollegen einfach anspricht und vielleicht selbst mal mitfährt, um einen Einblick in deren Arbeit zu erhalten.“
Winterdienst in Bad Laasphe
„In Bad Laasphe kümmert sich der Bauhof gemeinsam mit mehreren Subunternehmern um den Winterdienst auf den öffentlichen Verkehrsflächen. Einige Ortsvorsteher rufen den Winterdienst bei Bedarf für ihre Ortschaft raus. Der Bereitschaftsplan für den Winterdienst geht von November bis März, die Kollegen müssen sich in der Zeit von 4 bis 20 Uhr bereithalten“, teilt die Stadt auf Nachfrage mit.
„Im Durchschnitt liegen die Gesamtaufwendungen für den Winterdienst bei etwas mehr als 500.000 Euro pro Jahr.“