Wittgenstein. Tiny Houses erfreuen sich immer größerer Beliebtheit und eignen sich vor allem für Singles und Paare. Kann man auch in Wittgenstein so leben?

Es geht darum, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Das klingt simpel, ist es aber nicht. Tiny Houses – in Deutsch Kleinsthäuser – liegen im Trend. Es geht darum, wenig Raum zu nutzen, wenig Ressourcen zu verbrauchen und letztlich auch Geld zu sparen, ohne auf die eigenen vier Wände verzichten zu müssen. Unterstützt wird dieser aus den USA nach Europa schwappende Trend auch von Veränderungen im sozialen Umfeld – vor der Familiengründung oder nach dem Auszug der Kinder. Singles und Paare entdecken die Reduzierung als Chance.

Auf dem Land, zum Beispiel in Wittgenstein, gibt es nach wie vor sehr viele große Häuser und große Grundstücke. Im Vergleich zu Ballungsräumen sind hier Immobilienpreise niedriger. Trotzdem ist die Idee des Tiny House auch hier angekommen. Das zeigen die Pläne für das so genannte KoDorf in Erndtebrück. Eines haben alle Häuser in Deutschland aber gemein, ganz egal ob 30 oder 300 Quadratmeter Wohnfläche. Sie brauchen eine Baugenehmigung. Und da fangen die Unterschiede an. Und hier fangen auch in Wittgenstein die Schwierigkeiten an.

Das sagt der Kreis

Einfach das Haus, wie im Bild in Dortmund, mit dem Kran anliefern lassen – mit einem Tiny House ist das möglich.
Einfach das Haus, wie im Bild in Dortmund, mit dem Kran anliefern lassen – mit einem Tiny House ist das möglich. © RN | Unsplash

Wir haben mit dem Kreis Siegen-Wittgenstein gesprochen. Der Kreis ist die Bauaufsichtsbehörde für die Wittgensteiner Kommunen. Und da ist es gleich vorweg wichtig, eines zu klären. Wir sprechen von ortsfesten Kleinsthäusern, nicht etwa mobilen Häusern – auch die gibt es. Die dienen aber laut dem zuständigen Dezernenten Arno Wied rechtlich nicht dem Dauerwohnen. „Damit kommt man aber in einen größeren Graubereich, der sich gleichermaßen für Campingplätze oder Ferienhausgebiete als immer stärkeres Problem entwickelt.“

Denn so berichtet der zuständige Dezernent Arno Wied: Das ortsbewegliche Minihaus wirkt zwar robust, entspricht aber eher einem Camping- oder Wohnwagen entspricht und deswegen von der Grundanlage her nach rechtlicher Einordnung dem Dauerwohnen nicht dienen soll.“ Es gibt eben unterschiedliche Vorschriften.

„Schwarzer Peter“ liegt bei den Kommunen

Wenn es aber um ortsfeste Kleinsthäuser geht, dann gibt Wied Entwarnung: „Auch Kleinsthäuser zählen zu den Wohngebäuden und sind grundsätzlich rechtlich Einfamilienhäusern gleichgestellt, allerdings entfällt für sie die Prüfung der Barrierefreiheit. Insofern gibt es für Tiny Houses kein besonderes Genehmigungsverfahren. Generell gilt also, dass ein Kleinsthaus überall dort errichtet werden kann, wo auch „normale Wohnhäuser“ zulässig sind.“ Das Problem stellt hier eher der Begriff „normale Wohnhäuser“ dar. Wied: „Es ist zu hinterfragen, ob sich das Kleinsthaus immer in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt.“

Und damit liegt der „schwarze Peter“ im Grunde bei den Kommunen. Die machen die Bebauungspläne und können dort eben auch die Anzahl der Geschosse, die Dachneigung oder sogar die Dachziegelfarbe festlegen. Außerdem benötigen Kleinsthäuser eigentlich nur kleine Grundstücke. „Unter diesem Gesichtspunkt könnte es sinnvoll sein, hierfür mit speziell darauf ausgerichteten Bebauungsplänen ein Angebot zu unterbreiten“, schlägt Wied vor. Allerdings weiß der Verwaltungsfachmann auch, dass der hohe Verwaltungs- und Finanzaufwand für einen Bebauungsplan dazu führt, dass sich Kommunen eine Kosten-Nutzen-Fragen stellen werden. Und dann entscheidet der Bedarf bzw. die Nachfrage nach Bauplätzen für Kleinsthäuser.

Das sagt Bad Laasphe

In Bad Laasphe ist die Ausweisung eines eigenen Baugebietes für Tiny Houses nicht vorgesehen, berichtet die Sprecherin der Stadt Ann Kathrin Müsse auf unsere Anfrage zu diesem Thema. „Viele Personen, die sich mit dem Gedanken eines solchen Tiny Houses tragen, rechnen vielleicht nicht unbedingt damit, dass solch ein kleines Haus – genau wie ein großes Haus – baugenehmigungspflichtig ist bzw. die Auflagen nicht wesentlich geringer sind als bei einem normalen Wohnhaus“, so Müsse.

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Sie müssten dem jeweiligen Städtebaurecht für das Baugrundstück und im Weiteren auch allen bauordnungsrechtlichen Vorgaben sowie auch allen vorgegebenen energetischen Anforderungen entsprechen. Außerdem muss eine ausreichende Erschließung zum Baugrundstück vorhanden sein.

Das sagt Erndtebrück

Auch aus dem Rathaus in Erndtebrück heißt es: „Ein Baugebiet explizit für Tiny Houses ist derzeit nicht geplant. Die ortsüblichen Bebauungspläne geben keine Mindestgröße o.ä. für Wohnhäuser vor, sodass vielerorts im Gemeindegebiet eine Bebauung durch Tiny Houses denkbar wäre. Angepasste Grundstücksgrößen wurden bisher nicht geplant, da es hiernach bisher keine konkrete Nachfrage gab. Mit dem KoDorf Projekt soll ein Quartier entstehen, welches viele Aspekte des Tiny House-Trend aufgreift (wir berichteten: Auf dem Gelände des ehemaligen Sägewerks Belz ist eine moderne und nachhaltige Wohnsiedlung mit 21 kleinen Häusern rund um das Sägewerk geplant).

Die Erndtebrücker Verwaltung betont auch, dass die Baugrundstücke, die in Regel min. 400 bis 500 Quadratmeter groß sind, vielleicht zu groß seien. Es sei sicherlich denkbar, dass ein potenzieller Tiny House-Bauherr ein kleineres Grundstück sucht. Was die Genehmigung und das Einfügen in Bauvorgaben anbelange, entscheide die Baugenehmigungsbehörde. Sicherlich seien aber auch Einzelfallentscheidung möglich.