Siegen/Aue-Wingeshausen. „Es ist schlimm, dramatisch und macht fassungslos.“ Die Unterstützer der Familie Muradi setzen alle Hebel in Bewegung. Die Familie leidet.
Die Lage der Familie Muradi aus Aue-Wingeshause ist weiter angespannt. Der Dorfverein setzt sich nach wie vor dafür ein, die Abschiebung der gut integrierten Familien nach Aserbaidschan zu verhindern. Alle Familienmitglieder seien von den Vorkommnissen der letzten Zeit so stark traumatisiert, dass sie psychologische Hilfe benötigen, so der Vorsitzende des Dorfvereins Aue-Wingeshause, Helmut Kessler, der die Familie persönlich betreut.
Gegen die Abschiebung der Muradis kämpft der Dorfverein Aue-Wingeshausen als Teil des Siegen-Wittgensteiner Bündnisses „Recht zu bleiben“, an dem auch Wohlfahrtsverbände, Kirchen, Parteien und weitere Organisationen beteiligen. Aktuell kümmere man sich bei den Behörden darum, dass der Aufenthalt der Familie in Wittgenstein weiterhin geduldet wird.
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Allerdings habe das Ausländeramt des Kreises Mutter Sevine Muradi nach ihrer Verhaftung ihre Ausweispapiere noch nicht zurückgegeben. Diese seien für den Duldungsantrag aber notwendig. Die Mutter solle sich die Dokumente jetzt beim Ausländeramt in Siegen abholen – was der Betreuer für eine Zumutung hält.
Nachdem Sevine Muradi Anfang Februar einen Termin im Ausländeramt wahrnahm, wurde sie festgehalten und musste vier Tage in Abschiebehaft absitzen. Die Festnahme habe die Eltern, aber auch die Kinder zutiefst bestürzt und verängstigt. Eine psychologische Betreuung für die Familie sei in die Wege geleitet worden. „Die Muradis bringen es nicht mehr fertig, auch nur einen Fuß in die Räume zu setzen, wo sie so behandelt wurden“, erzählt Helmut Kessler. Dabei müssen sie dort regelmäßig ihre Duldungspapiere abholen.
Der Vorsitzende beschreibt die aktuelle Situation so: „Es ist schlimm – es ist dramatisch und macht einfach fassungslos.“
Die Verhandlung
Gegen die vom Amtsgericht Siegen verfügte Ingewahrsamnahme sei inzwischen Haftbeschwerde beim Landgericht Siegen eingelegt worden, berichtet Kessler. Dafür habe man extra einen Anwalt eingeschaltet. Große Hoffnung setzt der Vorsitzende in den Petitionsausschuss des NRW-Landtages in Düsseldorf, der am 8. März zum dritten Mal in Sachen Muradi tagt. „Das wird sehr interessant“, ist Kessler überzeugt – „sowohl was die humanitäre, aber auch die juristische Seite angeht.“ Mittlerweile beschäftigen sich mehrere Juristen mit der Abschiebung. Die erheblich hohen Anwaltskosten hierfür könne die Familie aber nicht alleine stemmen.
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„Wir sind mit den Kosten schon weit im vierstelligen Bereich – und ein Ende ist nicht abzusehen“, erzählt Helmut Kessler. „Deshalb haben wir ein Konto zur Unterstützung eingerichtet.“ Das Ergebnis der letzten beiden Prüfungen: Familie Muradi wurde dringend zur freiwilligen Ausreise nach Aserbaidschan aufgefordert. Die Chancen für eine dauerhafte Bleibeperspektive stehen aus Sicht des Landrats Andreas Müller auch beim dritten Mal nicht gut.
Helmut Kessler widerspricht: „Das die beiden vorherigen Petitionen negativ ausgefallen sind, stimmt definitiv nicht.“ Die Beschlüsse würden aussagen, dass das Ausländeramt die Ausbildung von Elvin Muradi zum Krankenpfleger dulden soll. Er und seine Frau seien beiden in der Ausgangslage, eine Ausbildung zu bekommen, daher sehe die Familie davon ab zu unterschrieben, dass sie „freiwillig“ ausreisen – das sei gelogen.
Der Verein
Der Dorfverein habe im letzten Jahr versucht, für die Passbeschaffung Brücken zu bauen. Elvin Muradi hat für Helmut Kessler seine Mitwirkungspflicht erfüllt. „Über diese Brücke hätte das Amt für das Bleiberecht gehen können“, beklagt Helmut Kessler. Unterstützung für die Familie sei in Wittgenstein sensationell.
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So wurde sich beispielsweise während der Haft von Sevine Muradi liebevoll um die Kinder gekümmert. Es werde auch immer wieder angefragt: „Wie kann ich helfen?“ Eine Abschiebung sei unter den aktuellen Gesichtspunkten einfach absurd, denn Elvin Muradi und seine Frau seien mehr als geeignet, Asyl in Deutschland zu bekommen. „Sie haben beide mehrere Praktika absolviert, eine berufe Perspektive, sprechen unsere Sprache, sind Integrierern und ehramtlich tätig“, erklärt Kessler. „Wenn sie zurück nach Aserbaidschan geführt werden, geht die Familie ins Gefängnis.“
Wer die Familie Muradi in Aue-Wingeshausen unterstützen möchte, kann sich finanziell durch eine Überweisung an den Anwaltskosten beteiligen.
Die Daten des eingerichteten Kontos: Sparkasse Wittgenstein, IBAN DE71 4605 3480 0034 0365 66, Stichwort „Recht zu bleiben“.