Wittgenstein. Der lebensgefährliche Ausraster eines SUV-Fahrers gegen zwei Radler. Täter ist nicht zum ersten Mal auffällig. Führerschein wurde sichergestellt.
Das Video von der Jagd auf zwei Radfahrer geht viral. In sozialen Netzwerken wie WhatsApp und Facebook hatte sich die Attacke eines Wittgensteiner Autofahrers gegen zwei Radsportler rasend schnell verbreitet und ist das Gesprächsthema Nummer 1 – nicht nur bei Radlern und Autofahrern (Wir berichteten bereits im Lokalsport). Auch Polizei und Juristen beschäftigen sich eingehend mit dem Ausraster des Mercedes-Fahrers, der kein unbeschriebenes Blatt sein soll.
Führerschein bereits sichergestellt
Am Freitag suchten Polizeibeamte den Tatverdächtigen an seiner Wohnanschrift in Bad Berleburg auf und stellten den Führerschein sicher, das bestätigte der Sprecher der Kreispolizeibehörde auf Nachfrage. Inzwischen liegen zwei Strafanzeigen vor. Eine stammt von einem Unbeteiligten, der das Video im Netz gesehen hat. Die zweite kommt von Markus Mockenhaupt, dem Radsportler, der das Video mit seiner Kamera am Lenker aufgezeichnet hat.
Verdächtiger aus Bad Berleburg
Nach Angaben der Polizei handelt es sich bei dem Halter des weinroten SUVs um einen Bad Berleburger. Am Freitag musste aber noch ermittelt werden, ob der Halter des Fahrzeuges bei der wilden Verfolgungsjagd mit dem Rennradfahrer-Duo selbst hinterm Steuer saß. Als dies feststand, konnte die Fahrerlaubnis bis zu einem späteren Verfahren eingezogen werden. Sein Ausraster könnte juristisch schwere Folgen haben.
Inzwischen liegen zwei Strafanzeigen vor. Eine stammt von einem Unbeteiligten, der das Video im Netz gesehen hat. Die zweite kommt von Markus Mockenhaupt, dem Radsportler, der das Video mit seiner Kamera am Lenker aufgezeichnet hat.
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Verdächtiger aus Bad Berleburg
Nach Angaben der Polizei handelt es sich bei dem Halter des weinroten SUVs um einen Bad Berleburger. Tatsächlich muss aber noch ermittelt werden, ob der Halter des Fahrzeuges bei der wilden Verfolgungsjagd mit dem Rennradfahrer-Duo auch hinterm Steuer saß. Bislang deutet aber alles darauf hin, dass der im Video gut zu erkennende Bad Berleburger selbst gefahren sein muss. Sein Ausraster könnte juristisch schwere Folgen haben. Vor allem deshalb, weil es nicht das erste Mal ist, dass der Mann anderen Verkehrsteilnehmer bedrängt und nötigt. Im Juni dieses Jahres sei er nach Polizeiangaben schon einmal wegen Nötigung, Bedrohung und Beleidigung angezeigt worden, das Verfahren habe die Staatsanwaltschaft aber einstellen müssen.
Erster Vorfall im Juni 2021
Die Anzeige stellte eine Fußgängerin, die in Bad Laasphe einem Lkw-Fahrer beim Rangieren im Ludwig-Koch-Center habe helfen wollen und angab, in diesem Zusammenhang durch den Autofahrer bedrängt worden zu sein, weil dieser nicht habe warten wollen. Im aktuellen Fall reagierte der Autofahrer noch unberechenbarer. Offenbar hatte er sich von den Sportlern behindert gefühlt und versuchte, die beiden Rennradfahrer zu stellen. Als ihm das nicht gelang, veranstaltete er eine regelrechte Jagd, die für einen der Biker lebensgefährlich wurde und anschließend in einem verbalen Streit und Handgreiflichkeiten endete. Markus Mockenhaupt, Triathlet und Bruder der bekannten Langstreckenläuferin Sabrina Mockenhaupt, hat das alles mit seiner Lenkerkamera aufgezeichnet und das Video später ins Netz gestellt.
Zeugenaussagen wichtig
Juristisch gesehen reicht das Video allein aber nicht aus. „Es ersetzt nicht die maßgeblichen Zeugenaussagen, sondern kann sie lediglich unterstützen“, macht der Pressesprecher der ermittelnden Staatsanwaltschaft Siegen, Patrick Baron von Grotthuss deutlich. Noch liegen dem Oberstaatsanwalt nicht alle Fakten vor. Aber auch von Grotthuss betont: „Das ist sicher kein alltäglicher Fall.“
Das sagt der Bad Berleburger Rechtsanwalt Frank Henk
Der Bad Berleburger Rechtsanwalt Frank Henk kennt den aktuellen Fall auch aus dem Netz und den Medien. Wir haben ihn um eine rechtliche Einschätzung gebeten: „Rad- und Autofahrer müssen sich meistens die Straße teilen. Das geht nur unter Beachtung des gesetzlichen Gebots zur ‘gegenseitigen Rücksicht’ (§ 1 Abs. 1 StVO). Autofahrer sollten das noch aus der Fahrschule wissen. Bei Radfahrern steht mangels einer Knautschzone das Gebot ‘ständiger Vorsicht’ im Vordergrund. Wer außerorts einen Radfahrer überholen will, muss einen Seitenabstand von mindestens zwei Metern einhalten, fordert § 5 Abs. 4 StVO. Die Regelung ist zwar sicher richtig, entspricht aber leider aus unterschiedlichen Gründen nicht der Verkehrspraxis.
Offenbar hatten die Ereignisse hier ihren Ursprung in einem zu dichten Überholen des Autofahrers. Das erklärt allerdings nicht, warum die Situation in eine Jagdszene wie aus einem Actionfilm abgleiten konnte. Warum ist der Autofahrer hier völlig ausgerastet? Erst die Ermittlungen der Polizei werden hierzu ein vollständiges Bild ergeben. Dass am Ende ein strafbares Fehlverhalten des Autofahrers vorlag, steht für mich aber außer Frage.“
Es geht um den Führerschein
Er wird sich wegen Straßenverkehrsgefährdung und wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr zu verantworten haben. Die Rechtsprechung verwendet den Begriff des ‘verkehrsfremden Inneneingriffs’ für Fälle, bei denen der Führer eines Kraftfahrzeugs in ‘verkehrsfeindlicher Einstellung’ bewusst zweckwidrig als Waffe oder Schadenswerkzeug benutzt. Das scheint mir die richtige juristische Schublade zu sein. Für den Autofahrer wird es jedenfalls am Ende nicht nur um die Strafe, sondern auch um den Führerschein gehen.“
>> HINWEIS: Was der Pkw-Fahrer zu dem Vorfall im Siegerland sagt, ist unklar. Die WESTFALENPOST sucht den Kontakt zu ihm, um ihn Gelegenheit zu geben, seine Sicht der Dinge zu schildern. Das ist bislang aber noch nicht gelungen. (Diesen Hinweis haben wir ergänzt)