Bad Laasphe.. Behnam (35) flieht aus dem Iran, weil ihm dort die Todesstrafe droht. In Bad Laasphe engagiert sich der Feuerwehrmann jetzt bei der Feuerwehr.
Behnams Bizeps tritt deutlich aus den Ärmeln seines T-Shirts hervor. Sein kurzer Haarschnitt erinnert an die Frisur eines Soldaten. Zur Begrüßung nimmt er die Sonnenbrille ab und lächelt. Sein Händedruck ist stark, aber nicht unangenehm.
Der 35-Jährige ist vor gut einem Jahr aus dem Iran geflohen und lebt seit ein paar Monaten in Bad Laasphe. Im Iran hat ihn der dortige Geheimdienst beschuldigt, sich gegen die Regierung aufgelehnt und andere ebenfalls dazu angestiftet zu haben. Behnam stellte unangenehme Fragen nach dem Brand des 17-stöckigen Plasco-Gebäudes in Teheran am 19. Januar 2017. Ein tragisches Unglück, sagt die Regierung. Videos, die im Internet kursieren, deuten an, dass es Explosionen wie bei kontrollierten Sprengungen gab. Die Anzahl der Opfer liegt laut Medienberichten mal bei 20, mal bei 30 Personen. „Ich denke, es waren mindestens 100“, sagt Behnam. Auch der Leiter seiner Feuerwehreinheit kam dabei ums Leben.
M
wie „Mofsed-e-filarz“.
Behnam beschließt zu fliehen. Seine Heimat ist für ihn nicht mehr sicher. Wenn er nach Teheran zurückkehren würde, würde ihn der Geheimdienst aufspüren und verhaften. „Ich habe gesehen, was mit solchen Leuten passiert“, erzählt Behnam. „Sie werden unter Drogen gesetzt, bekommen ein Geständnis vorgelegt und müssen das dann live im Fernsehen vorlesen.“ Vor dem iranischen Gesetz ist damit der Tatbestand „Mofsed-e-filarz“ erfüllt, zu deutsch: „Verbreitung von Unheil“. In dem islamisch geprägten Staat geht das mit der Todesstrafe überein. Und obwohl Behnam Christ ist, muss er sich an das islamische Gesetz halten. Sonst stelle er „eine Gefahr für die Welt dar“.
U
wie U-Haft.
Behnam flieht zunächst in die Türkei, von dort aus weiter nach Bulgarien, Serbien, Bosnien und Kroatien. Dort wird er wegen seiner illegalen Einreise ins Land schließlich festgenommen und muss eine Woche im Gefängnis verbringen. „In einer komplett weißen Zelle, wie man sie aus Filmen kennt. Das hat mich verrückt gemacht.“ Auf seinem Handy hat er Fotos gespeichert, die seine Verletzungen zeigen, als die Beamten auf ihn einschlugen. Blau-schwarze Flecken, die seinen halben Oberkörper bedecken, lange, rote Striemen auf dem Rücken. Als er schließlich laufen gelassen wird, flieht er weiter nach Italien, Frankreich und schließlich nach Deutschland. Er wird zunächst in Bochum registriert, weiter nach Neuss geschickt und schließlich in der Asylunterkunft in Bad Laasphe aufgenommen. Eine eigene kleine Wohnung zu haben – das ist sein nächstes Ziel.
T
wie Tests.
Behnam versucht der Langeweile zu entgehen. Er hört, dass es eine Freiwillige Feuerwehr in Bad Laasphe gibt. Behnam sieht seine Chance. Er selbst war zehn Jahre lang hauptberuflicher Feuerwehrmann im Iran und ist sowohl in der Brandbekämpfung, als auch im Tauchen und der Höhenrettung erfahren. Dabei verfolgt die iranische Ausbildung zum Feuerwehrmann einen fast militärischen Ansatz: Behnam muss sowohl einen allgemeinen Wissenstest, als auch einen Sport- und Medizintest bestehen. 17.000 Menschen bewerben sich auf 540 Stellen. Behnam ist einer von ihnen, der es schafft. 70 Crunches innerhalb von einer Minute, 25 Klimmzüge, sich ein zehn Meter langes Seil hochziehen, 1500 Meter innerhalb von acht Minuten laufen. Alles hintereinander weg. „Diesen Test mussten wir alle sechs Monate wiederholen“, erzählt Behnam. „Wer insgesamt drei Mal durchgefallen ist, wurde in die Verwaltung geschickt.“ Er hatte immer bestanden. „Mein Herz schlägt für die Feuerwehr.“
I
wie immer wieder.
Deswegen möchte sich Behnam auch bei der Bad Laaspher Feuerwehr einbringen. Vier Mal geht er zur Feuerwehrwache in der Wehrstraße – und hat Pech. Weil die Wache nicht rund um die Uhr besetzt ist, steht Behnam vor verschlossenen Feuerwehrtoren. Bei Facebook wird er schließlich auf die Seite des Löschzuges aufmerksam und schreibt eine Nachricht: „Hallo, ich bin Behnam, komme aus dem Iran und bin professioneller Feuerwehrmann. Können Sie mir helfen?“ Andreas Hinkelmann, Pressesprecher des Löschzuges, schreibt ihm zurück: „Ja, können wir!“ – und lädt ihn zu einem der nächsten Übungsabende ein. Schnell merken die Kameraden, dass Behnam ein Profi ist. Bei Einsätzen war er bislang jedoch noch nicht dabei. „Er hat noch keinen Piepser. Außerdem muss sein Deutsch noch besser werden, damit es zu keinen Missverständnissen kommt“, erklärt Hinkelmann. Der Großteil der Gespräche findet derzeit noch auf Englisch statt.
G
wie gemeinsam.
Auch wenn sich die Zusammenarbeit der deutschen Feuerwehrleute deutlich von der der iranischen unterscheidet, geht Behnam in seinem Engagement auf. „In Deutschland ist das Teamwork viel stärker ausgeprägt als im Iran. Im Iran ist jeder Einzelkämpfer, jeder ist Ronaldo, jeder möchte der Beste sein“, erzählt Behnam und lacht. Ein Lachen, das auch seine Unsicherheit überspielen soll. Denn dieser Einzelkämpfer-Modus hat durchaus einen ernsten Hintergrund: Es sei Teil des iranischen Regierungssystems. „Jeder ist alleine stark, aber zusammen schwach. Der Staat ist nur so stark, weil die Menschen schwach sind.“
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